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Last Lecture - die Lehren meines Lebens

Last Lecture - die Lehren meines Lebens

Titel: Last Lecture - die Lehren meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Pausch
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das Herz ausschütten können. Und dann redet sie wieder davon, wie nervig meine im ganzen Zimmer verstreuten Klamotten sind. Doch alles in allem lässt sie mich gewähren. Mir ist völlig klar: Bevor sie abends in ihr Tagebuch schreibt, sollte ich meinen Verhau lieber weggeräumt haben. Ich werde mir mehr Mühe geben, das schulde ich ihr. Das ist einer meiner guten Vorsätze vom letzten Silvester.

22
    Die Wahrheit kann befreiend sein
    Kürzlich wurde ich unweit meines neuen Hauses in Virginia angehalten, weil ich zu schnell gefahren war. Ich hatte nicht aufgepasst und war ein paar Kilometer über die Geschwindigkeitsbegrenzung hinausgerutscht.
    »Kann ich Ihren Führerschein und die Wagenpapiere sehen?«, fragte der Polizist. Ich gab ihm beides, und er sah meine Pittsburgher Adresse auf meiner Fahrerlaubnis aus Pennsylvania.
    »Was machen Sie hier?«, fragte er mich. Ich erklärte, dass ich gerade nach Virginia gezogen sei und noch keine Zeit gehabt hätte, die Registrierung ändern zu lassen.
    »Und was bringt Sie hierher?«
    Er hatte eine direkte Frage gestellt, also antwortete ich ohne nachzudenken ebenso direkt: »Na ja, Officer, wenn Sie schon fragen: Ich habe Krebs im Endstadium. Ich habe nur noch ein paar Monate zu leben. Wir sind hierhergezogen, damit wir näher bei der Familie meiner Frau sein können.«
    Der Polizist legte den Kopf schief und sah mich an. »Sie haben also Krebs«, sagte er schlicht. Er versuchte sich über mich klar zu werden. »Stirbt dieser Mann wirklich? Lügt er?« Er sah mich eine Ewigkeit an und meinte dann: »Wissen Sie, für einen Typen, der nur noch ein paar Monate zu leben hat, sehen Sie ziemlich gut aus.«

    Offenbar war er zu dem Schluss gekommen: »Entweder tischt mir dieser Typ gerade eine fette Lüge auf, oder er sagt die Wahrheit, und ich habe keine Möglichkeit, das herauszufinden.« Für ihn war diese Begegnung keine einfache Sache, weil er das nahezu Unmögliche versuchte, nämlich meine Integrität infrage zu stellen, ohne mich direkt der Lüge zu bezichtigen. Also hatte er beschlossen, einen Beweis meiner Ehrlichkeit zu erzwingen. Wie würde ich jetzt reagieren?
    »Nun, Officer, ich weiß, dass ich ziemlich gesund aussehe. Das ist wirklich ironisch: Von außen sehe ich prima aus, aber die Tumore sind ja auch innen drin.« Und dann, keine Ahnung, was mich da ritt, tat ich es einfach: Ich zog mein Hemd hoch und zeigte ihm die Operationsnarben.
    Der Cop betrachtete sich meine Narben. Dann schaute er mir in die Augen. Ich sah es in seinem Gesicht: Jetzt wusste er, dass er mit einem Sterbenden sprach. Und falls er doch gerade auf den dreistesten Rosstäuscher hereingefallen sein sollte, dem er jemals begegnet war, na schön, dann war es eben so. Er gab mir meine Papiere zurück: »Tun Sie mir einen Gefallen, fahren Sie ab jetzt langsamer.«
    Die schreckliche Wahrheit hatte mich aus seinen Fängen befreit. Als er zu seinem Polizeiwagen zurückging, kam mir in den Sinn, dass ich niemals miterlebt hatte, wie es für eine dieser tollen Blondinen ist, wenn sie mit den Wimpern klimpert, und schon gibt es keinen Strafzettel. Aber jetzt fuhr ich nach Hause, noch unter der Geschwindigkeitsbegrenzung, und strahlte selbst wie eine Schönheitskönigin.

IV
    DIE TRÄUME ANDERER ZULASSEN

23
    Ich bin auf Hochzeitsreise, aber wenn Sie mich brauchen …
    Neulich schickte mich Jai zum Einkaufen. Nachdem ich die Liste abgehakt hatte, beschloss ich, die Selbstscannerkasse zu nehmen, um schneller aus dem Laden zu kommen. Ich schob meine Kreditkarte in die Maschine, folgte den Anweisungen und scannte meine Einkäufe. Die Maschine zwitscherte und piepste und sagte, ich schulde ihr 16,55 Dollar, spuckte aber keine Rechnung aus. Also schob ich meine Kreditkarte nochmals rein und begann von vorne.
    Dann spuckte sie zwei Rechnungen aus. Die Maschine hatte mein Konto doppelt belastet.
    An diesem Punkt hatte ich eine Entscheidung zu treffen. Ich hätte nach dem Manager suchen können, der sich meine Geschichte angehört hätte, ein Formular ausgefüllt und meine Kreditkarte zu seiner Registrierkasse gebracht hätte, um eine der beiden 16,55-Dollar-Abbuchungen zu stornieren. Dieses ganze langweilige Verfahren hätte sich über zehn oder sogar fünfzehn Minuten erstreckt, und für mich wäre null Spaß dabei herausgekommen.
    Ich hatte nur einen kurzen Weg nach Hause. Wollte ich diese kostbaren zusätzlichen Minuten daheim wirklich für eine Rückerstattung vergeuden? Nein, wollte ich nicht.
Konnte ich

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