Last Lecture - die Lehren meines Lebens
aufgestellt worden war. Die Astronauten brauchten eine Ewigkeit, bis sie alles so weit organisiert hatten, dass sie auf der Mondoberfläche umherspazieren konnten. Ich verstand das. Sie hatten sich erst um eine Menge Gerätschaften und eine Menge Details zu kümmern. Ich wartete geduldig.
Doch die Leiter des Ferienlagers sahen ständig auf die Uhr. Es war bereits nach elf Uhr abends. Und während gerade eine kluge Entscheidung auf dem Mond getroffen wurde, traf man auf Erden eine dämliche: Es sei zu spät geworden! Samt und sonders mussten wir in unsere Zelte zurückkehren und uns schlafen legen.
Ich war total sauer auf die Campleiter und dachte: »Meine Spezies hat unseren Planeten verlassen und ist zum ersten Mal in einer neuen Welt gelandet, und ihr Typen denkt nur an die Bettruhe!«
Als ich ein paar Wochen später nach Hause zurückkehrte, erfuhr ich, dass mein Vater in der Sekunde, als Neil Armstrong den Fuß auf den Mond setzte, unser Fernsehbild geknipst hatte. Er hatte diesen Moment für mich festgehalten, weil er wusste, dass er große Träume in mir auslösen würde. Wir haben dieses Foto in einem Album aufbewahrt.
Die Mondlandung in unserem Fernseher
Ich verstehe, dass man die Milliarden Dollar kritisierte, die ausgegeben werden mussten, um den Menschen auf den Mond zu schicken, und dass man fand, man hätte sie lieber zur Bekämpfung von Armut und Hunger auf Erden verwenden sollen. Aber seht mal, ich bin Wissenschaftler und betrachte Inspirationen als das Nonplusultra unter allen Möglichkeiten, die dazu anregen können, Gutes zu bewirken.
Wenn man Geld ausgibt, um Armut zu bekämpfen, dann kann das von großem Nutzen sein. Es ist eben nur so, dass man dabei viel zu oft bloß an der Oberfläche kratzt. Wenn man Menschen zum Mond schickt, dann inspiriert
das jeden dazu, das Maximum aus dem Menschenmöglichen herauszuholen. Und genau das brauchen wir, um unsere größten Probleme endlich zu lösen.
Gestatte es dir zu träumen. Gib auch den Träumen deiner Kinder Nahrung. Und hin und wieder kann das bedeuten, dass du sie länger aufbleiben lassen musst, als sie es üblicherweise dürfen.
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Ernsthaft sein ist besser als hip sein
Ich ziehe einen ernsthaften Menschen jederzeit einem coolen Typen vor, denn Hipness ist eine sehr vergängliche Sache.
Ernsthaftigkeit wird ungemein unterschätzt. Dabei entwickelt sie sich im Kern des Wesens, wohingegen dich die Person, die hip sein will, immer nur mit ihrer Oberfläche zu beeindrucken versucht.
»Hippe« Leute lieben Parodien. Aber so etwas wie eine Parodie, die alle Zeiten überdauert, gibt es nicht, oder? Ich empfinde mehr Respekt für den ernsthaften Menschen, der etwas tut, das Generationen überdauern kann, als für hippe Leute, die sich nur gedrängt fühlen, das Ernsthafte zu parodieren.
Wenn ich mir eine ernsthafte Person vorstelle, dann denke ich an einen Boy Scout, der sich mächtig anstrengt, um ein Eagle Scout zu werden, also in den höchsten Rang aufzusteigen, den ein amerikanischer Pfadfinder erreichen kann. Wenn ich Bewerbungsgespräche mit Leuten führte, die für mich arbeiten wollten, und dabei auf einen Kandidaten
stieß, der einmal ein Eagle Scout war, habe ich ihn fast immer genommen. Denn dann wusste ich, dass eine gewisse Ernsthaftigkeit in ihm stecken musste, die mehr wog als sein oberflächlicher Drang, hip zu sein.
Man braucht sich nur einmal bewusst zu machen, dass der Aufstieg zum Eagle Scout praktisch das Einzige ist, was man bei einer Bewerbung im Alter von, sagen wir mal, fünfzig Jahren als Besonderheit aus der Zeit angeben kann, in der man vierzehn gewesen ist - und dass das immer noch Eindruck machen wird. (Ungeachtet all meiner Bemühungen um Ernsthaftigkeit habe ich es selbst nie bis zum Eagle Scout geschafft.)
Mode ist letztlich nichts als Kommerz, der sich als hip geriert. Ich bin überhaupt nicht an Mode interessiert, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass ich mir höchst selten etwas Neues zum Anziehen kaufe. Die Tatsache, dass Mode aus der Mode und dann irgendwann wieder in Mode gerät, nur weil ein paar Leute irgendwo glauben, damit einen Reibach machen zu können, empfinde ich, na ja, als totalen Irrsinn.
Meine Garderobe hat sich nicht geändert
Meine Eltern lehrten mich, neue Kleidung zu kaufen, wenn die alte abgetragen ist. Wer mich bei meiner Last Lecture sah, der weiß, dass ich mich an diesen Rat halte.
Meine Garderobe ist alles andere als hip. Sie ist sozusagen ernsthaft. Jedenfalls reicht sie
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