Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz
Prestl zuckte unwillkürlich zusammen, obwohl das Geräusch Lürmann ja viel stärker erwischt hatte.
Glaser fühlte sich so frei, den für ihn vorgesehenen und abseits gerückten Stuhl zu ergreifen und ihn unmittelbar vor Prestl zu plazieren, und zwar mit der Lehne in dessen Richtung, so daß er rittlings Platz nehmen konnte. Der Kommissar machte keine Anstalten, höfliche Einleitungsworte zu finden, sondern hielt sich nach der rechtlichen Belehrung sofort an seinen Fragekatalog, während sich Lürmann zu Laubmann auf die nach vorne und hinten kippende Bank setzte: Datum und Uhrzeit der Tonbandaufzeichnung, Anwesende, wer führt die Befragung durch, Einverständnis damit, Name, Geburtstag, Geburtsort, Beruf des Befragten. Dr. Prestl antwortete zuverlässig. «Sie waren mit der Toten, Franziska Ruhland, verlobt?» fragte der Kommissar. «Wieso wissen Sie das bereits? – Ja.» «Wie lange?» «Einige Monate.» «Bis wann waren Sie mit ihr verlobt?»
«Bis sich ein anderer in unser Verhältnis gedrängt hat.»
«Professor Erich Konrad?»
«Sie wissen es ja.»
«Das Ziel einer Befragung ist», Glaser bemühte sich, seine Contenance nicht zu verlieren, «daß der zu Vernehmende Antworten gibt, und nicht, daß der Fragende seine Fragen gleich selbst beantwortet. Das widerspräche den Gepflogenheiten.» Weniger ironisch: «War es Professor Erich Konrad, dem sich Franziska Ruhland nach der Beendigung des Verlöbnisses mit Ihnen zugewandt hat?»
«Ja, es war Professor Konrad, und er hatte sich ihr schon vorher zugewandt! Denn das war der Grund für die Auflösung der Verlobung.» Prestl war aufgebracht.
«Bedeutet Ihr gereizter Tonfall, daß Sie Professor Konrad nicht mögen?»
«Tut mir leid. Mein gereizter Tonfall beruht allein auf der Art Ihrer Fragestellung.» Dr. Prestl atmete durch. «Meine Freundschaft mit Konrad war selbstverständlich in dem Moment zu Ende, als seine intime Freundschaft mit Franziska begonnen hat. Obwohl ich von dieser Beziehung zuerst nichts gewußt habe.»
«Das läßt mich vermuten, daß Sie eifersüchtig waren. Sind Sie es noch?»
«Nein, die Eifersucht ist völlig verschwunden. Am Anfang war ich sehr eifersüchtig, das geb ich zu. Und gekränkt.» «Ist es möglich, daß eine starke Eifersucht so mir nichts, dir nichts vergeht?»
«Sehen Sie, ich brauche Klarheit. Ich habe deswegen Herrn Dr. Laubmann um die Vermittlung eines Kontaktes zu Ihnen ersucht.»
Laubmann nickte, was bereits genügte, um die Bank wieder in Unruhe zu versetzen.
Prestl fuhr mit ruhiger Stimme fort: «Es geht mir nicht nur darum, in einer personell schwierigen Situation die vakante Stelle des Bibliotheksdirektors zu übernehmen. Ich habe – aber bitte, das ist streng vertraulich und muß unter uns bleiben –, ich habe auch eine neue Beziehung – was Ihre Eifersuchts-These wohl entkräften dürfte. Beides zusammengenommen und dann die Gerüchte um Franziska Ruhlands Tod, sind, meine ich, Anlaß genug, um vorbeugend mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, sogar wenn Sie es als Verhör gestalten.»
«Um Sie zu vernehmen, haben wir genügend eigene Anhaltspunkte», gab ihm der Kommissar zur Antwort. «Welche ‹Anhaltspunkte› bitte?»
«Verdachtsmomente, wenn Ihnen dieser Ausdruck mehr liegt.»
Prestl reagierte nervös: «Aber, ich hab Ihnen doch im Moment erklärt, daß für eine Eifersucht von meiner Seite …»
«… kein Grund mehr besteht, ich weiß. Wie heißt denn Ihre neue ‹Beziehung›?»
Prestl zögerte. «Ich sage das wirklich ungern.» «Ich bestehe darauf.»
«Also ich verrate Ihnen das nur unter äußerster Zurückhaltung meinerseits; und um die bitte ich Sie auch, Sie alle… »
«Also dann… », drängte Glaser mit aufforderndem Tonfall. «Sie heißt Sibylle Schmidt», kam es kleinlaut von Prestl. «Schmidt, Sibylle? Schmidt mit d t, Dora Theodor?» Der Bibliotheksleiter nickte. «Dr. Prestl nickt zustimmend», vermerkte der Kommissar fürs Tonbandprotokoll. Laubmann redete dazwischen: «Unsere hübsche Bibliothekssekretärin, vorn an der Ausleihe? Aha! – Das ist mir nie aufgefallen.»
Prestl fixierte ihn streng, was Laubmann jedoch nicht irritierte. «Ist sie nicht etwas zu jung für Sie?»
«Herr Dr. Laubmann, bitte!» fuhr ihn Glaser an. Dabei hatte sich Philipp fest vorgenommen, sich diesmal möglichst nicht einzumischen, weil er sich's mit Prestl nicht verderben wollte, schließlich beschaffte der ihm von anderen Bibliotheken tolle Raritäten.
Der Kommissar suchte nach einem
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