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Laubmann 2 - Bärenzwinger

Laubmann 2 - Bärenzwinger

Titel: Laubmann 2 - Bärenzwinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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verbessert oder geändert worden. Philipp hatte das Gefühl, in ein verwehtes Leben einzudringen und mit dem Text gleichwohl der gegenwärtigen Wahrheit einen gehörigen Schritt näherzukommen.
    ***
    Eines der Bärenweibchen nagte, eher spielerisch, an einem Aststück; das andere war in der einbrechenden Dunkelheit nicht zu sehen. Die Laternen spendeten nicht genügend Licht, um alle Winkel des Burghofs auszuleuchten. Doch das war Helmuth Grunde, dem Philosophieprofessor aus Hamburg, ganz recht.
    Er schritt beim Bärenzwinger auf und ab und wollte für sich sein. Sein Magen tat ihm weh. Es war ihm ein Bedürfnis, Atem zu schöpfen nach einer anstrengenden nachmittäglichen Sitzung mit einer der Arbeitsgruppen. Manchmal fand er die Finsternis gar nicht so schlecht, weil sie auch etwas Bergendes hatte. Er beabsichtigte, im Sommersemester ein Seminar über das Dunkle anzubieten. Nicht über das Böse, das die Theologen bevorzugt behandelten, das für ihn aber nur einen Teilaspekt bildete; nein, generell über die dunkle Seite der Welt und die dunkle Seite Gottes.
    Der Frankfurter Neurophysiologe Franz Röttinger hatte seinen Kollegen am Bärenzwinger ausgemacht und kam eilends auf ihn zu. Grunde war nicht begeistert, als er ihn bemerkte.
    «Herr Professor Grunde», rief Röttinger schon von weitem, «bevor ich’s vergesse, ich möchte Sie fragen, ob Sie der Kriminalpolizei von meinem Ärger mit Professor Forster wegen der ausgebliebenen Forschungsgelder erzählt haben!» Er stellte sich dicht vor Grunde und war nicht ohne Feindseligkeit. «Dieser Herr Lürmann hat mich gestern noch darauf angesprochen.»
    Grundes Magen zog sich zusammen. «Sie sollten mit Ihrem Vorwurf sehr an sich halten, Herr Dr. Röttinger. Wer wohl hat der Polizei gesteckt, daß ich Forster als Kandidaten für die Präsidentschaft rundheraus abgelehnt habe. Sie glauben doch nicht etwa, daß ich im Collegium Theologicum et Philosophicum der einzige bin, der so gedacht hat.»
    «Sie waren es also, der mich angeschwärzt hat! Wie ich vermutet habe. Was versprechen Sie sich davon?»
    «Die Frage könnte ich genauso an Sie richten. Sie wollten mit dem Hinweis auf mich nur von sich ablenken; das ist für mich eindeutig.» Er ließ Röttinger stehen und setzte seinen Spaziergang fort, indem er sich die Hand auf den Magen legte.
    Der Professor für Neurophysiologie folgte ihm nach wenigen Sekunden. Er war mißgestimmt, daß er Grunde nachlaufen mußte. «Wollen Sie mir ein Mordmotiv unterstellen?»
    Helmuth Grunde verlangsamte sein Tempo, ja drehte den Kopf halbwegs zu Röttinger. «Mal unter uns: Wir hätten beide ein Motiv gehabt, Forster zu beseitigen, zumindest aus dem Blickwinkel der Kommissare. Mir ist es ziemlich gleichgültig, ob Sie ihn umgebracht haben. Ich wäre Ihnen in begrenztem Maße sogar dankbar. Meinen Hals für Sie riskieren würde ich allerdings nicht.»
    «Nun hören Sie aber auf! – Ich war kein Freund Forsters, und trotzdem ist es mir nicht egal, wer ihn getötet hat. Ich war es jedenfalls nicht!»
    Inzwischen gingen sie nebeneinander her.
    «Ein Vorschlag zur Güte, Verehrtester.» Grunde schlug einen konzilianteren Ton an. «Da wir alle in diesem Schlamassel drinstecken und wir beide nicht gut auf Forster zu sprechen waren, sollten wir wenigstens gegenüber den Kommissaren und ihrem Spitzel, diesem Dr. Laubmann, auf gegenseitige Anschuldigungen verzichten. Sind Sie damit einverstanden?»
    «Klingt vernünftig. Also meinetwegen.»
    ‹Na hoffentlich vergißt du’s nicht›, formulierte Grunde still. Die Hand drauf mochte er Röttinger nämlich nicht geben.
    Die Bärin hatte genug von dem Ast. Sie schüttelte sich, um sich dann zu trollen.

    ***
    War da jemand im Ohrensessel eingenickt? Es war im Dämmerschein des Raumes kaum zu erkennen. Seitlich, an der Wand neben dem offenen Feuer, war wenig Licht. Die Deckenlampe des Kaminzimmers mit ihren vergilbten Schalen brachte nicht mehr sehr viel Helligkeit zustande. Bei den Sitzgruppen mit den Ledersofas spendeten ein paar Stehlampen das nötige Leselicht für ihr unmittelbares Umfeld. Das Klavier benutzte niemand.
    ‹Dieses impertinente, unverschämte Schnarchen, und das außerhalb der Kirche!› Christa Schanz-Haberberger ärgerte sich über den schlafenden Kollegen Peter Meister, weil er ihr damit zwangsläufig seine Aufmerksamkeit entzog. Er saß erstaunlich aufrecht in dem Ohrenbackensessel, wobei seine Mittelglatze sowie die grau-gelben Haarsträhnen die Rückenlehne überragten.

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