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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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Lachen. Und ich mußte sofort an dich denken. >Das hätte meine Freundin Jane sagen können<, sagte ich zu Tracy. Gott, weißt du noch, wie du damals diesen Kerl in dem roten TransAm so auf die Palme gebracht hast, daß er uns beinahe umgefahren hätte?«
    »Diane«, unterbrach Michael, diesmal mit einer Spur Ungeduld in der Stimme, »ich glaube, das ist wirklich nicht der Moment, so etwas zu erwähnen.«
    Diane war zerknirscht. »Ich dachte nur, ich könnte vielleicht ihrem Gedächtnis einen Anstoß geben...«
    »Glaubst du nicht, daß wir es seit Wochen praktisch Tag und Nacht versuchen? Ich weiß nicht. Vielleicht haben wir sie zu stark unter Druck gesetzt. Ich glaube, wir tun ihr jetzt den größten Gefallen, wenn wir sie in Ruhe lassen, damit sie sich in ihrem eigenen Tempo durch alles durcharbeiten kann.«
    »Aber schau sie doch an, Michael. Glaubst du wirklich, sie kann ganz allein damit fertig werden?«

    Michael blickte zu Boden. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich bin nicht einmal sicher, ob es gut für sie ist, sie hier zu Hause zu behandeln.«
    »Was soll das heißen?«
    »Komm«, sagte Michael, ohne auf die Frage einzugehen, und half Diane auf die Beine. »Paula hat Kaffee gemacht, und sie ist bestimmt beleidigt, wenn du nicht wenigstens ein Stück von ihrem Heidelbeerkuchen probierst.«
    »Michael, was wolltest du mit deiner Bemerkung eben sagen?«
    »Ich habe mich erkundigt...«
    »Wonach?«
    »Nach der Möglichkeit, Jane in ein psychiatrisches Krankenhaus zu bringen.«
    »Um Gottes willen, Michael. Du willst Jane in eine Anstalt bringen?«
    »Herrgott noch mal, es ist doch nicht so schlimm, Diane. Willst du mir unbedingt Schuldgefühle einreden? Glaubst du vielleicht, ich hätte nicht alles versucht? Ich würde eine solche Möglichkeit nicht einmal in Betracht ziehen, wenn ich nicht mit meiner Weisheit am Ende wäre. Sieh sie dir doch an. Sie vegetiert ja nur noch dahin. Und es wird von Tag zu Tag schlimmer.«
    »Vielleicht liegt es an den Medikamenten, die sie bekommt...«
    »Ohne die Medikamente neigt sie zu Gewalttätigkeit und Wahnvorstellungen. So tut sie wenigstens weder sich selbst noch anderen etwas an. Sie kommt innerlich zur Ruhe und kann sich, so Gott will, langsam erholen. Schau mal, psychiatrische Kliniken sind nicht so, wie sie in Filmen immer dargestellt werden. Es gibt viele sehr gute Kliniken, in denen Jane die Betreuung und Hilfe bekommen würde, die sie braucht.«
    »Ich verstehe ja, was du sagst, Michael. Aber ich kann es einfach nicht fassen.«

    Diane sah zu Jane hinunter, als wolle sie sie durch ihre Willenskraft zum Aufstehen zwingen. Jane las den Ausdruck auf ihrem Gesicht. Steh auf, sagte er. Steh auf und wehr dich. Zeig diesem Mann, daß dir nichts fehlt, daß du nicht in eine Anstalt eingeliefert zu werden brauchst. Steh auf, verdammt noch mal, schrie Dianes Blick.
    Jane spürte ein Kribbeln in den Beinen, prickelnde Nadelstiche an den Fußsohlen. Sie wollte gehorchen, sie wollte aufspringen und diese Frau umarmen, die ihre Freundin war, und ihr sagen, daß sie bald wieder gesund, daß alles wieder gut werden würde.
    Aber wie konnte denn alles wieder gut werden? Sie hatte den Tod ihrer Mutter und ihres Kindes verschuldet, sie hatte ihren Mann betrogen, ihn beinahe getötet, sie hatte ihre Nachbarin hintergangen und sogar einige ihrer Freunde. Sie bekam, was sie verdiente.
    »Ich komme wieder, Jane«, sagte Diane. Sie neigte sich zu ihr hinunter, wischte ihr den Speichel von den Lippen und küßte sie auf die Wange. »Du wolltest mich doch mit diesem netten Mann verkuppeln, den du auf einem eurer Umweltschutztreffen kennengelernt hast, weißt du noch? Ich zähl auf dich, Jane. Und ganz besonders zählt meine Mutter auf dich.« Sie hielt einen Moment inne. Ihre Tränen tropften auf Janes Decke. »Ich hab dich lieb.«
    Jane ließ sich von Diane umarmen. Sie rührte sich nicht, weder um die Umarmung zu erwidern, noch um sich ihr zu entziehen. Ich verdiene eure Liebe nicht, dachte sie, während sie Michael und Diane nachsah, die in die Küche hinausgingen. Sie stellte sich vor, wie Paula ihnen jetzt Kaffee einschenkte und sie sich gemütlich an den Küchentisch setzten und Paulas frischen Heidelbeerkuchen lobten.
    Das Leben würde ganz gut ohne sie weitergehen. Vielleicht würde Michael eines Tages Diane heiraten und Dianes Mutter damit glücklich machen. Oder vielleicht würde er Paula heiraten, sie und ihre kleine behinderte Tochter zu sich ins

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