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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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murmelte etwas Unverständliches. Ihr Herz raste. Das Edward Gurney Institut war eine private psychiatrische Klinik, das wußte sie. Irgendwo weit draußen.
    »Ich habe Paula gebeten, dir zu helfen, ein paar Sachen zu pakken, falls Dr. Gurney dich ein paar Tage dabehalten möchte. Jane, hörst du mich?«
    »Ich soll packen«, nuschelte sie, ohne den Kopf vom Kissen zu heben.
    »Nein, Paula packt für dich. Du brauchst ihr nur zu sagen, was du mitnehmen möchtest.« Er beugte sich über sie und küßte sie auf die Wange. »Ich werde pünktlich zu Hause sein, damit ich selbst mit dir hinausfahren kann.«
    »Arbeite nicht zuviel«, sagte Jane und sah ihm nach, als er zur Tür ging. Mein lieber Freund, dachte sie, dieses Spiel können auch zwei spielen. »Ich liebe dich!« rief sie ihm mit schwacher Stimme nach und sah, daß er abrupt stehenblieb.
    Und wie ist dir jetzt zumute? fragte sie stumm. Was ist das für ein Gefühl, wenn die Frau, die du mit deinen Drogen und deinen Lügen zu Gemüse reduziert hast, die Frau, die du in eine private psychiatrische Klinik irgendwo im Niemandsland einsperren willst, dir sagt, daß sie dich liebt? Macht es dich traurig, oder macht es dich vielleicht zufrieden? Ruft es überhaupt irgendwelche Gefühle bei dir hervor?
    Michael drehte sich um, kam zum Bett zurück und drückte sein Gesicht in ihr Haar. »Ich liebe dich auch«, sagte er, und Jane
fühlte seine Tränen an ihrer Wange. »Ich habe dich immer geliebt.«
    Dann war er fort, und Paula trat zu ihr ans Bett.
    »Möchten Sie jetzt ihr Frühstück haben?«
    Jane setzte sich im Bett auf. Was für eine Rolle spielte diese strenge junge Frau in der ganzen Geschichte? War sie ahnungslose Einfalt oder willige Komplizin? Jane entschied sich für die ahnungslose Einfalt. Sie spürte, daß Paula blind glaubte, was immer Michael ihr weismachte, und alles tat, was er von ihr verlangte. O ja, wenn Michael das Wort ergriff, hörten alle zu. Und alle glaubten ihm. Er war schließlich der Mann; sie nur das kleine Frauchen. Er war der angesehene Chirurg; sie war seine unbeherrschte Frau, die ständig für irgend etwas auf die Barrikaden ging und seit einem tragischen Unfall, der sich vor mehr als einem Jahr ereignet hatte, einen Dachschaden hatte, von dem sie sich immer noch nicht erholt hatte. Arme Jane. Armer Michael. Es war für alle Betroffenen besser, wenn man sie ins Gurney Institut brachte, wo sie zweifellos die Betreuung und Pflege erhalten würde, die sie verdiente.
    War es so? Würde sie bekommen, was sie verdiente? Oder würde vielleicht Michael bekommen, was er verdiente?
    »Ich bin nicht besonders hungrig«, sagte Jane zu Paula. »Ich möchte nur Kaffee.«
    »Michael hat gesagt, heute keinen Kaffee.«
    »Warum nicht?«
    »Er sagte, Orangensaft sei besser für Sie.«
    »Also gut, dann Orangensaft«, sagte Jane, in Gedanken bereits bei anderen Dingen. »Ach, Paula, könnten Sie mir wohl aus dem anderen Zimmer einen Stuhl mit einer geraden Lehne holen? Mein Rücken bringt mich noch um.«
    »Aber sicher.«
    Paula machte auf dem Absatz kehrt und ging hinaus. Ihr beigefarbener Rock wirbelte ihr beim Gehen um die stämmigen
Beine, und der lange Zopf wippte. Jane schwang die Beine aus dem Bett, stellte fest, daß sie ein altes Hemd von Michael anhatte, erinnerte sich verschwommen, daß Michael es ihr irgendwann in der Nacht übergezogen hatte. Es machte ihr angst, daß die Wirkung der Tabletten, obwohl sie seit vierundzwanzig Stunden keine mehr genommen hatte, offenkundig immer noch anhielt. Sie mußte ständig gegen die Lethargie kämpfen, die sie zu überwältigen drohte, um nicht im nächsten Moment einzuschlafen. Bitte, laß mich wach bleiben. Bitte gib, daß ich halbwegs bei Sinn und Verstand hier rauskomme und es zu Anne Halloren-Gimblet schaffe.
    Paula kam mit einem hochlehnigen Stuhl aus dem Gästezimmer zurück. »Wo soll ich ihn hinstellen?«
    »Gleich hier«, sagte Jane, und Paula stellte den Stuhl vor den Spiegelschränken ab, ehe sie nach unten lief, um Jane den Orangensaft zu holen.
    Als sie zurückkehrte, saß Jane kerzengerade auf dem hochlehnigen Stuhl.
    »Sie sind heute ja richtig unternehmungslustig.«
    »Michael meinte, ich sollte aufstehen.«
    »Ja, er hat mir gesagt, daß ich heute ein bißchen mit Ihnen hinausgehen soll. Sie brauchen Bewegung.«
    »Damit ich richtig müde werde.«
    »Bitte?«
    »Wenn ich nur nicht zu müde werde«, korrigierte sich Jane.
    »Hier.« Paula reichte Jane den Orangensaft und drei kleine

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