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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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deutlich aus und buchstabierte ihn dann, während ihr Blick an der Badezimmertür klebte und ihr Ohr sich auf das Geräusch der Dusche konzentrierte.
    »Haben Sie eine Adresse?«
    »Nein. Tut mir leid.«
    »Ich habe unter diesem Namen keinen Eintrag.«
    »Aber Sie müssen einen haben.«
    »Ich kann unter den Neuanschlüssen nachsehen, wenn Sie wollen.«
    »Nein, warten Sie - warten Sie...«
    »Ja?«
    »Schauen Sie unter Gimblet nach«, schlug Jane vor.
    »Haben Sie einen Vornamen?«
    »Nein.« O verdammt, dachte Jane und hörte wieder Michaels Stimme. >Verdammtes Stück<, hatte er gesagt. >Du verdammtes
Stück, was hast du getan!< Was meinte er damit? Wenn ihre Tochter noch am Leben war, was hatte sie denn dann getan?
    »Ich habe die Nummer, die Sie suchen«, sagte die Telefonistin, und schon schaltete sich die Automatenstimme ein.
    »Ihre Nummer ist fünf-fünf-fünf - sechs-eins-eins-sieben«, teilte ihr der Automat gleichgültig mit und wiederholte die Information, während sie sich die Nummer einprägte.
    Sie konzentrierte ihre ganze Energie darauf, die richtige Nummer zu wählen, achtete nicht auf die klebrige Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen, nicht auf den Schmerz über ihrer Schläfe, wo Michael sie bei den Haaren gepackt hatte. Wieso hatte er sich ausgerechnet diesen Moment ausgesucht, um mit ihr zu schlafen? Er hatte sie seit Wochen nicht angerührt. Warum gerade jetzt? Hatte sein Schmerz über besseres Wissen gesiegt? Hatte er einfach das Bedürfnis gehabt, mit ihr zusammenzusein?
    War das sein Lebewohl gewesen?
    Sie hörte das Läuten des Telefons und drückte den Hörer fest ans Ohr, überzeugt, daß Michael das Signal trotz des Wasserrauschens hören konnte.
    »Bitte geh ran«, flüsterte sie in die Sprechmuschel. »Bitte melde dich. Schnell!«
    Das Telefon läutete weiter. Drei-, vier-, fünfmal.
    »Lieber Gott, gib, daß sie zu Hause ist.«
    Aber wenn Anne Halloren-Gimblet zu Hause war, so ging sie nicht ans Telefon. Es läutete zum achten und zum neunten Mal. Beim zehnten Mal gab Jane sich geschlagen und legte auf. Sie würde es später noch einmal versuchen müssen.
    Aber dann sprang sie hoch und packte den Hörer noch einmal mit solcher Hast, daß sie beinahe den ganzen Apparat vom Tisch gerissen hätte. Wieder wählte sie 411.
    »Welchen Ort wünschen Sie?«
    »Newton. Der Name ist Gimblet.»Sie buchstabierte. »Können Sie mir sagen, ob die richtige Adresse Forest Street 15 ist?«

    »Ich habe niemanden mit diesem Namen in der Forest Street«, antwortete die Telefonistin, wie Jane bereits vorher gewußt hatte. In der Forest Street 15 wohnten Michael und Jane Whittaker. »Ich habe nur einen Gimblet in der Roundwood Street 112.«
    »Richtig, das ist es. Danke. Jane hätte den Hörer am liebsten geküßt, ehe sie ihn wieder auflegte. Ihre Hand lag noch am Telefon, als sie merkte, daß im Bad das Wasser nicht mehr lief. Wie lange schon nicht mehr? Hatte Michael sie vielleicht am Telefon gehört? Hatte er mitgehört, was sie gesagt hatte?
    Sie riß die Hand vom Apparat, als wäre er kochend heiß. Hastig kroch sie unter die Decke, schloß die Augen, und im selben Moment öffnete sich die Badezimmertür, und Michael trat ins Schlafzimmer.
    Sie hörte, wie er zum Bett kam. Er beugte sich über sie und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. »Schlaf schön, Liebes«, sagte er.

25
    Jane lag die ganze Nacht wach und zählte die Stunden bis zum Morgen. Als Michael um halb sieben aufstand, stellte sie sich schlafend und überlegte, ob sie noch einmal versuchen sollte, Anne Halloren-Gimblet anzurufen, während er duschte. Doch sie verwarf den Gedanken. Das wäre ein unnötiges Risiko gewesen. Sie hatte ja jetzt die Adresse. Wenn Michael aus dem Haus war, würde sie Paulas wachsamen Augen irgendwie entwischen und sehen, daß sie in die Roundwood Street hinüberkam. Wie genau sie das anstellen wollte, darüber würde sie sich den Kopf zerbrechen, wenn es soweit war.
    »Jane«, sagte Michael, und sie wurde sich mit einer Mischung aus Erschrecken und Bestürzung bewußt, daß sie eingenickt sein
mußte. »Ich fahre jetzt in die Klinik. Paula ist unten. Sie bringt dir gleich das Frühstück und deine Tabletten.«
    Sie nickte stumm und öffnete die Augen nur einen winzigen Spalt.
    »Ich operiere heute den ganzen Tag«, sagte er zu ihr, »aber ich hab für uns einen Termin bei einem Dr. Louis Gurney beim Edward Gurney Institut vereinbart. Wir müssen um halb sechs dort sein. Jane, hörst du mich?«
    Sie

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