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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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In Wirklichkeit blickte sie zum Boden hinunter, zu dem schwarzen Lackschuh, in dem die Tabletten versteckt waren.
     
    »Mensch, komm schon, verdammte Kiste. Gib jetzt bloß nicht den Geist auf.«
    Jane hüllte sich in diplomatisches Schweigen und wartete darauf, daß Paula sich beruhigen würde. Es war schon der zweite solche Ausbruch im Lauf ihrer Ausfahrt, zu der sie erst vor zehn Minuten aufgebrochen waren.
    »Ach, verdammt!« Wütend schlug Paula mit der Hand auf das Steuerrad und traf versehentlich die Hupe. Der Fahrer hinter ihnen hupte zurück. Paula winkte zum Zeichen der Entschuldigung und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem akuten Problem zu. »Verdammt noch mal, sauf mir jetzt nicht ab.«
    »Vielleicht hilft es, wenn Sie mal ganz kurz den Motor ausschalten«, meinte Jane.
    »Nein, das bringt gar nichts. Das geht jetzt schon einen Monat so. Dauernd bleibt er weg. Ich kenn das. Er springt erst an, wenn er Lust dazu hat.«
    »Sie sollten ihn in die Werkstatt bringen.«
    »Ich sollte mir einen neuen Wagen kaufen.«
    Jane sagte nichts. Was gab es da auch hinzuzufügen? Paulas Auto war wirklich uralt, war vermutlich schon alt gewesen, als
sie es gekauft hatte. Es pfiff eindeutig aus dem letzten Loch. Jane fand das beinahe tröstlich; sie fühlte sich weniger allein. Da bin ich wenigstens nicht die einzige, die hier aus dem letzten Loch pfeift, dachte sie, sagte Paula jedoch nichts von ihren Gedanken.
    Paula versuchte von neuem, den Wagen zu starten, aber der alte Buick hüstelte nur einmal kurz, ehe er röchelnd wieder versoff. Paula warf Jane einen mißtrauischen Blick zu, und einen Moment lang hatte Jane den Eindruck, sie mache sie für das Dilemma verantwortlich.
    »Hat Ihr Mann Ihnen den Rat gegeben, den Motor auszuschalten?«
    »Ich weiß nicht mehr.« Jane fand die Frage seltsam. »Wahrscheinlich, ja.«
    Das war Paula gut genug. Sie schaltete sofort den Motor aus.
    Der Fahrer hinter ihnen hupte entrüstet.
    »Ja, was sollen wir denn tun?« schrie Jane zum Fenster hinaus. »Sollen wir den Wagen vielleicht wegtragen?« Sie machte dem Mann ein wütendes Fingerzeichen.
    »Jane, um Himmels willen, was tun Sie da?«
    Schuldbewußt legte Jane die Hände in den Schoß. »Tut mir leid. Die Macht der Gewohnheit wahrscheinlich.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Was soll das heißen?«
    Paula ignorierte die Frage und konzentrierte sich ganz auf ihr Auto. Mit neuer Entschlossenheit drehte sie den Zündschlüssel. Der Wagen spuckte, hustete und sprang an.
    »Gott sei Dank«, flüsterte Paula, winkte dem Fahrer hinter ihnen zu und fuhr weiter in nordwestlicher Richtung die Woodward Street hinunter.
    »Was meinten Sie, als Sie sagten, >Ja, ich weiß    »Ihr Mann hat mir erzählt, wie leicht Sie in Rage geraten.« Paula starrte angespannt auf die Straße hinaus, so daß Jane ihrem Gesicht nichts entnehmen konnte.

    »Was genau hat er Ihnen erzählt?« Jane hörte die Gereiztheit in ihrer Stimme, die sie als Vorbotin eines Wutausbruchs kannte, und fragte sich, warum sie so schrecklich zornig war. Hatte sie nicht erwartet, daß Michael mit der Frau, die er dafür bezahlte, daß sie sich um sie kümmerte, über sie sprechen würde?
    »Nur daß Sie zum Jähzorn neigen.«
    Das war gewiß nicht alles, aber Paulas starre Haltung verriet Jane, daß sie nicht mehr erfahren würde.
    »Er hat mir erzählt, daß ich ihm oft einfach ins Steuer gegriffen und gehupt habe«, bemerkte sie in der Hoffnung, Paula würde sich durch diese Vertraulichkeit verleiten lassen, ihr mehr zu sagen.
    »Trauen Sie sich das ja nicht! Das könnte Sie Ihren Arm kosten.«
    Unwillkürlich drückte Jane beide Arme fest an sich. Sie machte keinen Versuch mehr, ein Gespräch in Gang zu bringen, sondern richtete ihre Aufmerksamkeit auf die schönen alten Häuser, die die Straße zu beiden Seiten säumten. Sie fühlte sich etwas frischer als unmittelbar nach dem Erwachen. Konnte es daher kommen, daß sie am Morgen ihre Tabletten nicht genommen hatte, oder war es lediglich eine Frage der Willenskraft? War nicht ihr ganzes Leben derzeit eine Frage der Willenskraft? Der Wille ist stark, aber das Fleisch ist schwach. Schwachheit, dein Name ist Weib.
    Sie lachte leise vor sich hin.
    »Was ist so komisch?« Zum ersten Mal, seit sie sich in den verdreckten grauen Buick gesetzt hatte, sah Paula ihr direkt in die Augen.
    Aber Jane wich ihrem Blick aus. »Ich habe nur gerade daran gedacht, wie lächerlich das alles ist.«
    »Für Ihren Mann ist es sehr schwer.«
    Ach, zum

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