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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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waren erwogen gewesen, noch ehe er den ersten Schritt getan hatte. Er hatte dies berücksichtigt, als er die Konten und Computerdateien mit einem stillen Alarm versehen hatte, einer automatischen Notiz, wenn jemand versuchte, auf bestimmte Dateien und Informationen zuzugreifen. Das war sein Stolperdraht, und er war so gut in dem, was er tat, dass er sogar vorausgesehen hatte, wie lange Davis brauchen würde, um Verdacht zu schöpfen. Und so hatte er diese Reise entsprechend zeitlich geplant.
    Chad konnte nicht umhin, ein wenig selbstgefällig zu sein. Als die Zeit für den Jagdausflug heranrückte, hatte er sich allmählich gefragt, ob er Davis überschätzt hatte, diesen gemeinen Bastard, aber dann –
peng!
 – hatte sein stiller Stolperdraht erst gestern Alarm geschlagen. Die Präzision des Timings machte ihn beinahe schwindelig vor Triumph. War er genau, oder etwa nicht?
    Während des letzten Jahres hatte er für diesen Fall trainiert, hatte Vorbereitungen getroffen, studiert und gelernt und das Timing genau hinbekommen. Vielleicht achtete er ja zu sorgfältig darauf, Davis keinen Hinweis darauf zu geben, der ihn hätte warnen können. Er hatte jedoch gewisse Spielzeuge und Hilfsmittel lieber vermieden, die Davis misstrauisch gemacht hätten, wenn er so einfallsreich gewesen wäre, seine Sachen zu durchsuchen. Chad hätte so was nämlich normalerweise nicht besessen, zumindest nicht, soweit es Davis und allen anderen bekannt war. Das hieß, kein hochentwickeltes GPS , keine Satellitenkarten, kein Pass. Sein Pass lag sicher in einem Postschließfach hier in Butte, leicht zu holen, wenn er ihn brauchte. Er hätte im Voraus ein Flugticket gekauft, aber er war sich nicht sicher, an welchem Tag genau er es benötigen würde, daher würde er das auf die letzte Minute tun müssen. Kein Problem.
    Chad genoss die Diskrepanz zwischen der Art, wie die Leute ihn wahrnahmen, und dem, was ihn wirklich ausmachte. Niemand, buchstäblich niemand, hatte eine Ahnung, wozu er fähig war, aber andererseits hatte er fast sein ganzes Leben damit verbracht, sorgfältig seine Fassade aufzubauen, seine Maske zu gestalten, als hätte er von Kindheit an gewusst, dass eines Tages sein Leben davon abhinge. Er war mit durchschnittlichen Gesichtszügen gesegnet – oder verflucht, je nachdem, wie man es betrachtete –, und er hatte hart daran gearbeitet, sich noch durchschnittlicher zu machen. Er hielt sich in ziemlich guter Form, was ihm aber niemand ansehen würde, weil er ganz bewusst Kleidung trug, die ihm nicht ganz passte und ihn kleiner und dicker und so verschroben wie möglich aussehen ließ. Wer würde schon Verdacht gegen einen etwas plumpen Woody Allen schöpfen? Niemand. Und so war er fast unsichtbar durchs Leben gegangen und hatte die ganze Zeit über direkt vor ihren Nasen ein Vermögen angehäuft.
    Inzwischen war es ihm zur zweiten Natur geworden; er brauchte gar nicht mehr darüber nachzudenken, über das Stottern oder den leicht schwankenden Gang, den er sich beigebracht hatte, oder die Ungeschicklichkeit, mit der er alles von einem Wasserglas bis hin zu einem Handy hielt. Gott, die CIA konnte in Sachen Undercover-Tarnung noch Unterricht bei ihm nehmen.
    Mitchell Davis näherte sich der Gepäckausgabe, zog einen Rollkoffer hinter sich her und trug in der anderen Hand eine Computertasche. Chad stolperte auf die Füße, ließ sein Handy fallen, sodass es über den Boden schlitterte. Unbeholfen hechtete er hinterher, und als er sich aufrichtete, war sein Gesicht vom Bücken gerötet. Er gestattete sich keinen Blick auf die Computertasche, obwohl es eine Bestätigung war – falls er noch eine gebraucht hätte –, dass Davis ihm auf der elektronischen Spur war. Er verspürte einen kleinen Kitzel, weil Mitchell Davis ihn, ohne eine Sekunde zu zögern, töten ließe, wenn er fände, wonach er suchte. Gleichzeitig verachtete Chad Davis, nicht nur, weil er den Laptop mitgebracht hatte, sondern auch, weil ihm offensichtlich gar nicht richtig klar war, wohin sie gingen; ihm schien nicht bewusst zu sein, dass es nicht überall WLAN gab – und dass es noch nicht einmal Handyempfang geben würde.
    »Guter Flug?«, fragte er und achtete automatisch auf das Maß an Nervosität, das er in seine Stimme einfließen ließ. Nach seiner Einschätzung war es genau das richtige.
    Davis grunzte. Er war ein gutes Stück größer als Chad, sein Haar wurde langsam grau, und seine Augen wirkten kalt und hart. »Ich hoffe, Sie haben den

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