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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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wussten, was sie taten, genoss er die Ausflüge. Wenn es allerdings Einsteiger waren, dann aß er lieber gemahlenes Glas. Sie quatschten, sie spritzten, sie verhedderten sich in der Schnur, oder sie rammten sich den Haken in den Finger. Einem Anfänger das Fliegenfischen beizubringen war ungeheuer nervig. Er hatte schon damit angefangen, Anrufer an einen Angelführer im nächsten Bezirk zu verweisen, weil das Geschäft so gut lief, dass er sich nicht damit abzuplagen brauchte, wenn er nicht wollte.
    Dare überlegte, eine Wathose einzupacken, aber angesichts des kälter werdenden Wetters und der sinkenden Wassertemperaturen entschied er sich dann doch dagegen. Er würde vom Ufer aus fischen.
    Während er die Fliegen sortierte, fragte er sich, ob Angie wohl angeln konnte, und stellte sich vor, dass er ihr vielleicht die Anfänger schicken könnte. Es war ein Gedanke, der ihn auf perverse Weise befriedigte.
    Einige Male in seiner Karriere als Wildnisführer waren Kunden mit ihren Ehefrauen gekommen. Bei einem albtraumhaften Job waren zwei Töchter im Teenageralter dabei gewesen. Er würde sich lieber erschießen lassen, als das noch einmal zu tun. Aber eine Frau … wie viele Ehefrauen würden sich mit einem weiteren weiblichen Wesen in der Nähe wohler fühlen? Angie wäre von dem ständigen Geschnatter einer jungen Frau wahrscheinlich nicht so genervt wie er. Er hatte dieses eine Mädchen angeblafft, als sie sofort gekreischt hatte, als sie einen Hirsch gesehen hatte, und dann hatte sie geweint. Von da an war es mit dem Trip bergab gegangen. Zwar war es nicht so, als wäre die Anwesenheit von Frauen die Norm, aber trotzdem … einen Gedanken war es wert. Warum hatte Angie nicht versucht, sich auf Ehepaare und Familien zu spezialisieren? Warum hatte sie ihr Geschlecht nicht zu ihrem Vorteil genutzt? Stattdessen hatte sie in die Fußstapfen ihres Vaters treten und das Unternehmen auf seine Weise weiterführen wollen, als hätte sich nichts geändert, obwohl sich in Wirklichkeit doch alles geändert hatte.
    Zum Fliegenfischen war es nicht die beste Zeit des Jahres. Die Wetter- und Wasserbedingungen änderten sich, aber die Forellen waren noch nicht in ihren Winterquartieren. In einer langsamen Strömung könnte er Glück haben, würde möglicherweise ein paar Braune im Laichkleid erwischen. Eine große Pfanne Forellen würde um Längen besser schmecken als ein Kraftriegel und Trockenfleisch.
    Und falls er gleichzeitig ganz zufällig ein Auge auf Angie hatte, nun, dann würde es einen Teil von ihm sehr glücklich machen, sie zu beschützen. Sein Gehirn wusste es besser, aber sein Schwanz hatte die Hoffnung nicht aufgegeben. Jedenfalls jetzt noch nicht. Dieser Ausflug würde vielleicht genau das sein, was er brauchte, um seinen kleinen Freund davon zu überzeugen, dass er noch mal glücklich davongekommen war.

6
    Chad Krugman wartete im Terminal des Flughafens von Butte, während der SkyWest-Flug mit Mitchell Davis bald eintreffen würde. Es gab täglich nur wenige Linienflüge in Butte, der überwiegende Verkehr bestand aus Allgemeiner Luftfahrt, aber die Flugzeiten waren trotzdem ganz anständig. Davis war ein erfahrener Jäger, daher erwartete er nicht, Erster Klasse in einer 747 direkt bis zum Jagdgebiet zu fliegen. Abgelegene Gebiete waren für gute Jagden so ziemlich die Norm.
    »Abgelegen«, das war für seine Pläne perfekt. Je entlegener das Gebiet war, in das ihre Führerin, Angie Powell, sie brachte, desto besser. Er hatte sie bewusst danach gefragt, wo sie ungefähr hingehen würden, wobei er den Ton seiner E-Mails beiläufig gehalten hatte, aber an seinem Interesse war nichts Beiläufiges. Sobald er gewusst hatte, wo sie jagen würden, zumindest in einem Umkreis von zehn Quadratmeilen, hatte er Karten studiert und Bilder von Google Maps heruntergeladen und aneinandergeklebt, um eine bessere Vorstellung von den topografischen Gegebenheiten und möglichen Landmarken zu gewinnen. Die Bilder waren keine Nahaufnahmen und nicht so detailliert, wie er es gern gehabt hätte, aber sie gaben ihm doch eine sehr gute Vorstellung von dem Gelände und dem, was er würde tun müssen, um seinen Plan auszuführen.
    Er hatte gewusst, dass dieser Tag kommen würde, hatte es von dem Moment an gewusst, in dem er begonnen hatte, Geld von der Geldwäscherei abzuzweigen, die er für Mitchell Davis betrieb. Nein, er hatte es sogar schon vorher gewusst, denn das, was er getan hatte, war sorgfältig durchdacht und alle Möglichkeiten

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