Lauf, so schnell du kannst
draußen mit einer Taschenlampe und suchte nach ihr, verriet ihr seine eigene Position.
Dieses dumme Arschloch. Sie wollte verdammt sein, wenn sie zuließ, dass jemand wie er sie kriegen konnte.
Doch er hatte ein Pferd. Sie brauchte dieses Pferd, aber sie hatte nur eine geringe oder gar keine Chance, es irgendwie zu bekommen, falls sich nicht der geeignete Augenblick ergab. Sie hatte ihre Pistole, aber die war für nahe Ziele bestimmt, was bedeutete, dass Chad ihr genauso nah sein musste. Sie konnte ihn sonst nicht erwischen, und sie würde ganz sicher nicht versuchen, ihn hinter sich herzulocken, nicht mit ihrer eingeschränkten Beweglichkeit, aber wenn er über sie stolperte, dann würde sie nicht zögern, die Pistole zu benutzen.
Obwohl sie wusste, dass sie ziemlich gut getarnt war, fühlte sie sich nicht so sicher, wie sie sich fühlen musste; mühsam kroch sie zu einem Baum und zog sich in eine sitzende Position, hatte den Stamm zwischen sich und dem Lichtpunkt, und zerrte die schlammigen Satteltaschen zu sich heran. Zumindest ließ die Taschenlampe sie wissen, dass es nicht der Bär war, der hinter ihr her war. Gegen Krugman würde die Pistole ausreichen; das Gewehr wäre ihr zwar lieber gewesen, aber die kleinere Waffe genügte für einen Mann, während sie einen Bären nur verärgern würde, vor allem einen so großen wie den, der das Lager angegriffen und Davis gefressen hatte.
Erinnerungen zuckten in ihr auf, ähnlich wie die Blitze, nur viel schrecklicher, und sie schauderte. Für eine Weile hatte sie sich auf das Überleben konzentrieren und diese Bilder aus ihrem Kopf verdrängen können, aber jetzt waren sie wieder da, verursachten ihr Übelkeit und brachten den schwarzen Abgrund der Furcht näher und näher, bis er ihre Selbstbeherrschung zu zerstören drohte.
Sie holte tief Atem und schob alles wieder beiseite. Sie durfte doch
nicht
zulassen, dass Panik sie beherrschte, oder sie würde dies hier niemals lebend überstehen.
Sie lehnte den Kopf an den Baumstamm und beobachtete, wie der fast schon zerbrechliche Lichtstrahl näher kam. Sie zog die Pistole nicht aus ihrer Satteltasche, noch nicht, weil es keinen Sinn hatte, sie nass werden zu lassen, wenn sie sie vielleicht gar nicht benutzen musste, aber sie schob die Hand in die Satteltasche und legte ihre eisigen Finger um den Griff, sodass sie die Waffe in einem Sekundenbruchteil ziehen konnte, falls sie sie brauchte.
Jetzt, da sie aufgehört hatte, sich zu bewegen, schlug eine Welle der Erschöpfung über ihr zusammen, und sie zitterte am ganzen Leib. Bis sie angehalten hatte, um hinter dem Baumstamm Schutz zu suchen, war Angie nicht bewusst gewesen, wie müde sie wirklich war – oder es war ihr zwar bewusst gewesen, aber sie hatte sich nicht gestattet, diese Müdigkeit zu spüren, denn wenn sie sie zu nah an sich heranließ, wäre sie vielleicht nicht in der Lage gewesen, trotz Schmerz und Anstrengung weiterzumachen – und sie hätte aufgehört, es zu versuchen. Dies ging über eine bloße Müdigkeit hinaus. Sie steckte ihr bleischwer in den Knochen. Plötzlich fühlte sie sich, als ginge selbst das Atmen über das hinaus, was sie von sich selbst verlangen durfte. Das Schwanken des Strahls der Taschenlampe mochte auch daran liegen, dass sie so erschöpft war, dass sie buchstäblich nicht einmal mehr geradeaus sehen konnte.
Und kalt. Gott, ihr war so kalt. Jeder Fetzen, den sie am Leibe trug, war tropfnass, und obwohl es für einen November recht mild war, bedeutete das keine sommerlichen Temperaturen, es hieß nur, dass auf dem Boden nicht knietief Schnee lag. Immerhin war es warm genug für ein Gewitter. Aber der Regen und die nasse Kleidung stahlen ihr die Körperwärme, machten ihre Fähigkeit zunichte, Wärme zu produzieren. Jetzt, da sie sich nicht mehr bewegte, wusste sie, dass sie sich in einer Situation auf Leben und Tod befand, dass sie bereits an Unterkühlung litt und vielleicht nicht mehr in der Lage war, allein zurechtzukommen. Eine Zuflucht war für sie notwendiger als das Herabkriechen von dem Berg. Sie brauchte Wärme, sie musste trocken werden, und sie sah keine Möglichkeit, eins dieser Ziele zu erreichen … es sei denn, sie schaffte es, Chad Krugman zu töten und sein Pferd zu bekommen …
ihr
Pferd.
Sie nahm alle Kraft zusammen und spähte um den Baumstamm herum. Der Lichtstrahl kam näher, direkt auf sie zu, hüpfte auf und ab. Sie konnte an der Bewegung nicht erkennen, ob Krugman zu Fuß ging oder auf dem Pferd
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