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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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normalerweise quer, um sich etwas mehr Länge zu verschaffen. Manchmal faltete er seine schmutzigen Kleider zusammen und platzierte sie am Fußende der Matratze auf dem Boden, sodass er seine Füße darauf legen konnte. Aber im Moment war er zu müde, um aufzustehen, und es war ihm scheißegal, ob seine Füße drüberhingen oder nicht.
    Er hatte gedacht, dass er sofort einschlafen würde, aber das tat er nicht. Müde, wie er war, fühlte er sich immer noch aufgeputscht von dem Adrenalin, das durch seinen Körper pumpte. Das Martyrium war noch nicht vorüber. Für den Moment waren sie sicher und relativ wohlauf, aber diese Sache war bei Weitem noch nicht vorbei. Da draußen lief immer noch ein Killer herum – und ein Bär, der zur Strecke gebracht werden musste. Das Gewitter war vorüber, aber schwerer Regen verkomplizierte immer noch alles. Er würde nirgendwohin gehen, bis das Wetter nicht aufklarte, egal wie lange das dauern mochte.
    »Dare.« Sein Name schwebte in die Dunkelheit, nur ein Flüstern, als wollte sie ihn nicht wecken, falls er schon schlief.
    »Was?«, antwortete er. Gott, wenn sie pinkeln musste, würde er heulen. Die Campingtoilette stand hinter der Hütte, und es goss nicht nur immer noch in Strömen, er würde sie auch die Leiter hinunterschaffen, auf die Toilette setzen und die Leiter wieder herauftragen müssen … ihm schwirrte der Kopf. Verdammt, er würde sie in einen Becher pinkeln lassen, falls das das Problem war.
    Sie brauchte jedoch nichts in der Art. Stattdessen sagte sie: »Ich kann nicht warm werden. Mir ist so kalt.«
    »Möchtest du noch mehr Zuckerwasser trinken?« Alles in ihm protestierte gegen die Vorstellung aufzustehen, aber er würde sich die Mühe machen.
    »Nein. Ich …« Sie brach ab, schwieg für ein paar Sekunden, dann holte sie bebend Luft. »Würdest du … würdest du zu mir unter die Decke kommen? Du bist so warm, und mir ist so kalt, dass es wehtut.« Sie seufzte, machte einen Laut, der tief aus ihrer Kehle kam und eine Mischung aus einem Stöhnen und einem Keuchen war, und dann sagte sie noch ein weiteres Wort:
    »Bitte.«

16
    Vor lediglich zehn Stunden hätte Angie, wenn jemand auch nur angedeutet hätte, dass sie jemals, unter allen Umständen, Dare Callahan bitten würde, zu ihr in einen Schlafsack zu steigen, ernsthaft erwogen, für eine Zwangseinweisung dieser Person zu sorgen. Denn besagte Person war offensichtlich vollkommen verrückt. Doch vor acht Stunden hatte sie noch friedlich in ihrem eigenen Camp geschlafen, die höllischen Ereignisse der Nacht hatten nicht begonnen.
    Seitdem war viel Wasser den Bach hinuntergeflossen, buchstäblich wie im übertragenen Sinne. Es hatte Momente gegeben, in denen sie nicht sicher gewesen war, ob sie die nächste Minute überleben würde, aber ihre einzige Option war es gewesen weiterzumachen, es weiter zu versuchen. Selbst nachdem Dare sie gefunden hatte, schienen der Schmerz und die elende Kälte kein Ende zu nehmen; der einzige Unterschied war der gewesen, dass sie nicht mehr allein war. Er war da gewesen, stark und niemals zögernd, obwohl sie in dem Teil ihres Geistes, der nicht mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt gewesen war, gewusst hatte, dass die Kälte, der Regen und die gnadenlose Anstrengung auch an seinen Kräften zehrten.
    Sie hatte eine solche Angst gehabt, dass sie das Gefühl hatte, ein Teil ihrer Seele habe sich dauerhaft auf eine Weise verändert, die sie noch nicht ganz begreifen konnte. Sie war zu einem winzigen Teil ihrer selbst zerschlagen worden, all ihre Reserven waren nach innen gekehrt und dem Überleben gewidmet gewesen, und erst jetzt konnte sie spüren, dass sie sich wieder zu entfalten begann, konnte spüren, dass ihr Körper und ihr Geist versuchten, zur Normalität zurückzufinden.
    Noch wohnte der ganzen Situation ein verwirrendes Gefühl von Unwirklichkeit inne, das es ihr erlaubte, Dare zu bitten, zu ihr in den Schlafsack zu kommen, um sich an ihm zu wärmen – und nicht überrascht zu sein, als er nicht einmal zögerte.
    »Bleib einfach liegen«, sagte er, kniete sich hin und zog den Reißverschluss ganz auf. »Du brauchst nichts zu tun. Ich werde den Schlafsack unter dir wegziehen.«
    Sie nickte und verharrte stumm, während er sie bewegte und dabei den Schlafsack hervorzog. Jede Bewegung erschütterte ihren Knöchel, selbst mit der eng anliegenden Bandage, die ihn stützte. Dare hatte nichts gesagt, während er sie verbunden hatte, und sie hatte nicht gefragt, aber

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