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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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angelegt hatte, bevor er wegfuhr. Mit der Futterdose in der Hand stattete ich den Jungs im Aquarium einen Besuch ab. Offensichtlich waren sie nicht an regelmäßige Mahlzeiten gewöhnt, denn noch immer schwamm Fischfutter vom Vortag im Wasser. Oder sie waren ein verwöhntes Pack und aßen nur frisches Futter. Ich kippte noch ein bisschen nach und fischte das alte Futter mit einem Löffel aus dem Wasser. Heute war Donnerstag und am Sonntag würde Herr Tellerle zurückkommen. Er würde sicher staunen, denn bis dahin würden seine vormals unterernährten Fische nicht mehr in die Null-Nummer-Jeans von Victoria Beckham passen.
    Das frühe Aufstehen, Frau Stinkeschuh und die aufregende Begegnung mit Eric, dem Wüstenscheich, hatten mich erschöpft, und so gönnte ich mir einen ausgiebigen Mittagsschlaf. Anschließend sah ich mir auf Nostalgie-TV
Skippy, das Buschkänguruh
an und wählte dann die Handynummer meines ehemaligen Chefs von der Werbeagentur. Er war sichtlich erfreut, dass ich trotz des Debakels überhaupt noch mit ihm redete.
    »Line, wie schön von dir zu hören, wie geht’s dir?«
    »Na ja, es geht so, es ist nicht so einfach, was Neues zu finden. Rolf, ich brauche dringend ein Zeugnis von dir, damit ich mich bewerben kann.«
    »Stimmt, das haben wir ja ganz vergessen, das geht natürlich nicht! Wie wär’s – wir treffen uns nächste Woche mal abends in der
Rosenau
, ich lade dich zum Essen ein, wir besprechen das Zeugnis und reden über die guten alten Zeiten.«
    Hmm. War das nicht ein ungewöhnlich hoher Aufwand für ein Zeugnis? Andererseits war ich im Augenblick nicht in der wirtschaftlichen Lage, eine Essenseinladung auszuschlagen, egal, aus welchem Anlass. Und das Zeugnis brauchte ich wirklich dringend. Wir verabredeten uns für Dienstagabend. Rolf war der Chef, mit dem ich mal nachts bei einer After-Work-Party im Abstellraum geknutscht hatte, aber mehr war nicht daraus geworden. Das lag auch daran, dass er mit allen Praktikantinnen, die neu kamen, die gleiche Routine durchzog: An ihrem dritten Arbeitstag erklärte er ihnen morgens beiläufig, dass er gerne um die Mittagszeit ein Gespräch mit ihnen führen wollte. Bis zum Mittag waren die meisten ein Nervenbündel, weil sie dachten, er würde sie rausschmeißen, weil sie zu schlechte Arbeit machten. Stattdessen stimmte er Lobeshymnen an und behauptete, dass er noch nie eine so talentierte Praktikantin gehabt hätte. Am Anfang der zweiten Woche verabredete er sich mit ihnen in einer Kneipe im Westen (das konnte jede Kneipe sein, nur nicht die
Rosenau
, weil er dort über uns anderen stolperte), um mit ihnen über ihre beruflichen Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten zu sprechen. Beim Essen bot er ihnen das Du an und versprach ihnen das Blaue vom Himmel herunter: Unbefristete Festanstellung, rechte Hand des Chefs, Assistentin auf Lebenszeit. Jede zweite fiel darauf herein und ließ sich noch in derselben Nacht von ihm abschleppen, weil sie dachte, dass es der Karriere förderlich sei. Einige waren so schlau, dass sie ihm glattweg ins Gesicht lachten und sich anschließend gemeinsam mit ihm betranken. Das waren aber die wenigsten. Manche waren uns sympathisch und wir warnten sie vor. Dann erfanden sie tausend Ausreden, warum sie nicht mit ihm essen gehen konnten, Lebensmittelallergien oder einen eifersüchtigen türkischen Freund.
    Irgendwann stellte sich dann heraus, dass Rolf verheiratet war und nur unter der Woche in Stuttgart in einer Einzimmerwohnung lebte, am Wochenende aber bei Frau und zwei Kindern in Undingen auf der Schwäbischen Alb den braven Ehemann mimte.
    Möglicherweise hatte ihn seine Frau sitzen gelassen und nun fühlte er sich einsam, so ohne Agentur und weibliche Angestellte? Was war denn plötzlich in all die Männer gefahren? Ich hatte ein Date am Samstag, eine Essenseinladung am Dienstag und konnte jederzeit beim Scheich aufkreuzen. Ich, Line Praetorius, von Beruf busenloses Mauerblümchen, hatte auf einmal tausend Kerls an der Hand!
    Abends rief ich Lila an und gab ihr eine Zusammenfassung der Ereignisse der letzten Tage. Das dauerte ganz schön lange, weil ja ziemlich viel passiert war. Lila gehört zu den Menschen, die unglaublich gut zuhören können und einen nie unterbrechen. Sie macht auch nie Geräusche wie »aha«, »mmm«, »tatsächlich« oder »echt«. Das ist großartig, weil sie sich richtig auf einen konzentriert. Nachdem ich ihr zwanzig Minuten ohne Pause und ohne kommunikative Geräusche ihrerseits von

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