Laugenweckle zum Frühstück
überlassen.
Herr Tellerle stand da wie zur Salzsäule erstarrt und guckte ins Leere. Ich wackelte ein bisschen mit dem Usambara-Veilchen. Herr Tellerle machte ein Geräusch, das wie das Grunzen eines Ferkels klang. Dann riss er mir das Usambara-Veilchen aus der Hand, drehte sich um und schlug die Tür zu.
Ich marschierte zufrieden in den fünften Stock und strich Punkt 10 durch.
Den Nachmittag verbrachte ich in der Stadtbücherei mit der Lebenslauf-Literatur. Auf dem Heimweg kaufte ich Salami. Zuhause gab ich das Arbeitszeugnis in den PC ein und mailte es an Rolf, versehen mit einem roten Ausrufezeichen. Dann nahm ich meine Papierliste, strich Punkt 1 und 4 durch, legte die neue CD von Manu Chao auf, stellte sie ganz laut, hüpfte wie eine Bekloppte durch die Wohnung, grölte mit und klopfte mir abwechselnd links und rechts auf die Schulter.
Die Loserphase war vorbei. Ich, Pipeline Praetorius, hatte die Wende geschafft. Ich war ein einzigartiges Erfolgsmodell. Leb’ wohl, Hartz IV! Mich kriegst du nicht! Und morgen würde es gerade so weitergehen. Ich würde den ganzen Tag in der Stadtbücherei verbringen, meinen Lebenslauf fertigstellen, Punkt 2, 3, 5, 6, 7 und 8 abarbeiten …
Das Telefon klingelte.
»Hallo Line. Lila hier. Ich wollte morgen Nachmittag zu Ikea. Ein paar Sachen besorgen. Anschließend könnten wir bei mir was kochen oder ins Kino. Kommst du mit?«
»Klar!«
13. Kapitel |
Samstag
Mach das Radio an und dreh richtig laut auf,
wir fahren durch den Sommerregen der Sonne entgegen
Am nächsten Morgen räumte ich ein bisschen auf, kaufte ein paar Pizzen, Salami-Fertigbaguettes und Fischstäbchen beim Supi in der Schwabstraße, und dann war es auch schon Zeit, sich mit Lila zu treffen. Nun, ich hatte den ganzen Sonntag nichts vor und würde dann weiter konzentriert an meiner Liste arbeiten können. Nur mit dem Einkaufen würde es etwas schwierig werden.
Leon hatte ich seit unserem Streit nicht mehr gesehen. Es machte mir überhaupt nichts aus. Dieses ständige nervtötende Geklingele an meiner Tür. Jetzt hatte ich wieder meine Ruhe. Ich war völlig cool.
Ich hatte mir angewöhnt, die Wohnungstür vorsichtig zu öffnen. Ich hatte keine Lust, Leon im Flur zu begegnen. Eric hatte sich nicht gemeldet. Vielleicht sollte ich ihn anrufen und mich noch einmal entschuldigen. Aber das unumstößliche Dating-Gesetz sagte:
Der Mann ruft nach der ersten Verabredung an. Falls er nicht anruft: Forget him!
Leider schwieg sich das Dating-Gesetz darüber aus, ob das auch galt, wenn man dem Mann ins Gesicht gekotzt hatte.
Ich freute mich auf den Ikea-Trip. Der Tapetenwechsel würde mich entspannen und von meinen Männer-Problemen ablenken. Kaufen wollte ich eigentlich nichts, aber in der Boutique gab es immer so nette Sachen, die man überhaupt nicht brauchte, sich aber auch als Arbeitslose leisten konnte, Kerzen und Servietten und kleine Topfpflanzen und ähnlichen schnuckligen Kram.
Lila holte mich mit ihrer giftgrünen Ente Modell »I fly bleifrei« ab. Sie war museumsreif und sorgte an roten Ampeln regelmäßig für einen Verkehrskollaps. Vollkommen unbekannte Menschen kurbelten hektisch ihre Scheiben herunter und bedeuteten Lila wild gestikulierend, ihre Scheibe umzuklappen. Dann fragten sie Lila nach dem Baujahr und ob sie Probleme mit Lackschäden am Rolldachbügel hatte, und schwärmten von der quietschgelben Ente mit dem »Atomkraft-Nein-Danke«-Aufkleber, mit der sie 1978 zum Folk-Festival nach Llangollen gefahren waren. Zwischenzeitlich hatte die Ampel mehrmals auf rot und grün geschaltet und auf den hinteren Rängen, wo man nichts sehen konnte, hatte ein penetrantes Hupkonzert eingesetzt. Meist umstellten dann noch einige Passanten das Gefährt. Nach einer halben bis dreiviertel Stunde traf die Polizei ein, die sich, anstatt den Verkehr zu regeln, sofort eifrig an der Diskussion über den
Döschwo
beteiligte.
Lila pflegte ihre Ente freundlich zu tätscheln und das Porzellanväschen im Entencockpit regelmäßig mit frischen Blumen zu versorgen. »Sie bringt die Menschen zusammen, und sie ist treuer als ein Mann«, sagte sie. »Sie hat mich noch nie im Stich gelassen.«
Wir rumpelten die Reinsburgstraße hinauf und Lila drehte
Bridge over troubled water
leiser. Ohne Umschweife brachte sie Eric M. Hollister und seinen Kambodscha-Betrug aufs Tapet. Damit hatte ich gerechnet und wich ihr aus.
»Meinst du, es ist voll bei Ikea?«, fragte ich.
Lila schüttelte den Kopf. »Ich denke,
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