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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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wirkte ein bisschen hedonistisch. Alles andere war sehr aufgeräumt und geschmackvoll arrangiert, und es gab keinen Zweifel: Eric M. Hollister war nicht nur ein Abenteurer und Weltenbummler, er hatte auch Geschmack. Im Hintergrund lief etwas Jazziges. Eigentlich konnte ich mit Jazz nichts anfangen, aber hierher passte es.
    »Setz dich doch. Ich mache uns Tee.« Eric machte eine Handbewegung hin zu einem Berg aus riesigen orientalischen Kissen, die auf dem Boden lagen. Very Wüstenscheich. Wie Erics Aufzug bereits hatte vermuten lassen, war es in seiner Wohnung sehr warm. Ich zog meine Winterstiefel und meine Vliesjacke aus. Mir war immer noch warm, aber mehr konnte ich zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausziehen. Entweder kam ich völlig überraschend in die Wechseljahre oder es lag an der Kombination aus Heizung, Kissen und Eric M. Hollister.
    Wenige Minuten später kreuzte Eric auf, sein umwerfendes Lächeln im Gesicht und eine golden schimmernde und mit orientalischen Mustern verzierte Messingplatte in den Händen. Er stellte das Teetablett auf ein niedriges Holzgestell.
    »Voilà. Tee aus Darjeeling, süße Kuchen aus Peking, Marzipan aus Toledo. Ach ja, und das Teetisch ist aus Marokko. Alles mitgebracht.« Er strahlte vor Stolz. Ich strahlte zurück. Dieser Mann war auf den sieben Weltmeeren zu Hause und konnte seinen Tee selber zubereiten! Dieser Mann war ein Mann für mich!
    Wir machten es uns auf den Kissen bequem und Eric goss Tee in hauchdünne Porzellanschälchen. »Shanghai«, sagte er triumphierend. Ich nickte begeistert und stellte das Schälchen mit Schwung ab, nachdem ich einen Schluck genommen hatte. Der Tee schwappte auf die Messingplatte und setzte die chinesischen Kuchen unter Wasser.
    »Oh, das tut mir aber leid! Ich hole schnell einen Lappen.«
    »Aber nein, das ist doch nicht nötig, ich gehe schon!«
    Ich war aber längst aufgesprungen und lief in die Küche. Hier sah es natürlich auch aus wie bei
Schöner Wohnen
. Ich sah mich suchend um und entdeckte über dem Wasserkocher einen Halter mit Küchentüchern. Da lag aber noch etwas. Komisch. Kaufte man den original Darjeeling in Indien in Beuteln, und auf der Packung stand »Teekanne«?
    Ich lief zurück ins Wohnzimmer, trocknete die Kuchen ab und plauderte angeregt mit Eric. Wir hatten einen ziemlich ähnlichen Humor. Mir fiel auf, dass ich schon lange nicht mehr so viel gelacht hatte. Na ja, vielleicht an dem Abend mit Lila und Leon. Aber das war ja nun vorbei.
    »Nice talking to you, aber eigentlich bist du ja wegen die Foutous gekommen. Am besten schauen wir sie hier an, das ist am gemutlichsten.« Eric holte das Notebook, setzte sich wieder und balancierte das Gerät auf seinen Knien. »Du musst dich dicht neben mir setzen, sonst siehst du nichts.« Ich fand, das sei ein wunderbarer Vorwand, um auf natürliche Weise möglichst große körperliche Nähe herzustellen. Ich lehnte mich an ihn und atmete den Moschusduft ein. Mir wurde noch wärmer. Rein zufällig glitt Erics Arm um meine Schulter. Er lächelte mich an. Mir brach der Schweiß aus. Eric räusperte sich. Dann drückte er eine Taste.
    »Also hier ist das beruhmten Foutou.«
    »Oh mein Gott!«
    In meinem Geschichtsbuch in der fünften Klasse hatte es ein Bild gegeben, das mich mit einer Mischung aus Faszination und Ekel erfüllt hatte. Es war die Abbildung eines Gemäldes gewesen, auf dem irgendein Typ seine eigenen Söhne vesperte. Seine Augen waren weit aufgerissen und aus seinen Mundwinkeln hingen Arme, Beine und Köpfe der halbverspeisten Sprösslinge.
    Faszination und Ekel erfüllten mich auch, als ich mein Foto betrachtete. Das weiße Hähnchenfleisch hing mir aus den Mundwinkeln, meine Augen waren geschlossen und auf meinem Gesicht lag ein vollkommen seliger und absolut idiotischer Gesichtsausdruck. Endorphine, dachte ich. Man musste nicht joggen, um sie zu produzieren.
    »It’s wonderful, isn’t it?«, fragte Eric euphorisch.
    »Es ist, ist es nicht«, murmelte ich. Dann dachte ich, dass wohl etwas mehr positives Feedback angebracht war, wenn ich Erics Fotografenehre nicht verletzen wollte.
    »It’s great. Nein wirklich. Ganz wonderful. Und so very natural.«
    »Yes, indeed! Like you have eine sehr naturliche Ausstrahlung. Vielleicht machen wir bei Gelegenheit mal einen kleine Foutousession.« Pause. »Ein paar Foutous, auf denen man mehr von deinem Body sieht.«
    Ich wurde ein bisschen steif, als Eric das sagte. Was, bitteschön, wollte er denn damit andeuten?

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