Laugenweckle zum Frühstück
kenned mir doch nix drfir! Wenn mir so schaffa dädad! Mir solled emmr an ellem Schuld sai, ond mir an dr Hotlain ällamol! I sag Ihne mol ebbes, i han mir des ned ausgsuchd! I ben vorher beim Abfallamt gwä, do war’s viel scheener! Do han i die Sperrmilltermine gmacht, des isch ebbes Handfeschds gwä! On no schickad die mie drei Johr vor dr Rende do her, zu denne ganze faule Säck, die nix schaffa wellad ond am Schdaad uff dr Dasch liegad!«
Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass es das Arbeitsamt bisher versäumt hatte, den Mitarbeiter auf die Fortbildung »Die lächelnde Telefonstimme« zu schicken.
»Und was soll ich jetzt tun?«
»Des woiß I doch net! Do muss I erschd nochfroga. I ben erschd seit zwoi Wocha dohanna.«
Nach weiteren fünf Minuten mit dem lieben Augustin stellte sich heraus, dass ich meiner Arbeitsberaterin das Problem schildern sollte, Frau Mösenfechtel aber krank, Frau Ohneschuh in Urlaub und die Vertretung von beiden auf einer Fortbildung war, so dass ich erst in zwei Wochen einen Termin bekommen konnte. Ob man mir bis dahin die Bezüge kürzen würde, konnte mir der Servicemann nicht sagen, versprach aber gnädig, meiner Arbeitsberaterin einen Vermerk zu schicken, dass ich angerufen hatte, vorausgesetzt, er fand den richtigen Formularvordruck dafür, weil er nicht wusste, wie man eine Mail schrieb.
Nach dem Telefonat war ich erschöpft. Jetzt auch noch ein Kleid zu kaufen überstieg eigentlich meine Kräfte. Ich legte mir einen großen Zettel auf den Tisch: »
Dringend
Terminkalender besorgen!« Dann marschierte ich in den nächstgelegenen Second-Hand-Laden in der Rotebühlstraße, ehe mich der Mut verließ. Hinter dem Tresen stand eine junge Frau mit üppigen Formen im enganliegenden Anzug mit Zebramuster und tiefem Ausschnitt und legte Pullis zusammen. Ich grüßte sie flüchtig und steuerte dann zielstrebig auf den nächsten Kleiderständer zu, um die Sachen durchzusehen. Ich hoffte sehr, dass die Verkäuferin oder Ladenbesitzerin oder was immer sie war mich in Ruhe lassen würde. Ich hasste es, wenn Verkäuferinnen wie Hyänen vor der Umkleidekabine lauerten, den Vorhang zurückrissen, während man noch in der viereckigen Schiesser-Unterhose vor dem Spiegel stand und dann vor Entzücken beinahe einen Herzinfarkt bekamen, wenn man die Klamotte endlich anhatte, obwohl man unschwer im Spiegel erkennen konnte, dass man aussah wie eine Vogelscheuche nach einer Krähenattacke.
»Kann ich dir helfen?« Nein, ich wollte keine Hilfe! Und überhaupt, sah ich aus wie dreizehn, dass mich das Zebra duzte?
»Äh ja. Ich suche ein Kleid.« Das Zebra musterte mich nachdenklich.
»Wann hast du das letzte Mal eins gekauft?«
»Versucht zu kaufen. Wann hast du das letzte Mal versucht ein Kleid zu kaufen. Das war 1988 bei Breuninger
Junge Dame
. Für die Konfirmation. Wir haben damals aber einen Hosenanzug genommen, vermutlich habe ich mit sechs das letzte Mal ein Kleid angehabt.« Ich behielt die Details für mich. Mit vierzehn war ich ein
Alien
gewesen, das einen fremden Körper bewohnte. Meine Füße waren gewachsen, aber der Rest war nicht nachgefolgt. Ich sah ein bisschen aus wie Charlie Chaplin, und ich hatte auch so wenig Busen wie Charlie Chaplin. Zudem war ich so fleischlos, dass sich Katharina an meinen knochigen Hüften blaue Flecken holte, wenn wir uns prügelten.
»Für welchen Anlass soll es denn sein?«
»Ich brauche was zum Ausgehen. Für die Oper. Nicht zu teuer. Am besten was Zeitloses. So wie das hier zum Beispiel.« Ich zog ein weit geschnittenes schwarzes Kleid mit einem hochgeschlossenen Paillettenoberteil vom Ständer und hielt es vor mich hin. Es ging mir bis etwa eine Handbreit übers Knie und würde meine eckigen Formen und meinen Flachbusen hervorragend umspielen.
Die Ladenbesitzerin sah mich irritiert an und wippte auf ihren spitzzulaufenden schwarzen Stöckelschuhen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.
»Bist du siebzig?«
»Nein.«
»Bist du fett?«
»Äh, ich glaube kaum.«
»Dann häng das Kleid bitte wieder ganz schnell an den Ständer, damit ich es der nächsten fetten Siebzigjährigen andrehen kann, die hier durch die Tür kommt und was für die Konzertreihe in der Liederhalle sucht, aber zu geizig ist, was Neues zu kaufen.«
Ich hängte das Kleid so schnell wieder auf den Ständer, als würde es beißen. Ich hatte es gar nicht so schlimm gefunden.
»Gehst du mit einem Mann in die Oper?«
Junge, Junge, die Frau war ganz schön direkt.
Ȁh
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