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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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hier in Stuttgart, nicht in Neapel, wo ich herkomme. Hier ist in 24 Jahren noch nie was geklaut worden. Außerdem sind wir die ganze Zeit da. Ond wenn Sie ned noremachad, fängt die Oper ohne Sie an.«
    Eric verstaute seine Sachen mit sichtlichem Widerwillen in einem Kabuff neben der Treppe und die Garderobenfrau ließ uns in den dritten Rang links. Unsere Plätze waren in der Mitte der Reihe. Ich murmelte eine Entschuldigung, während wir uns an all den Leuten vorbeidrückten, die unseretwegen noch einmal aufstehen mussten.
    Leider hatten wir eine Säule im Blickfeld. Einen Teil der Bühne würden wir gar nicht sehen können. Na ja. Zum Glück war es keine Ballettvorstellung. Die göttliche Stimme der Nagelstad würde man trotz Säule hören können. Eric drehte sich zu mir und lächelte tiefgründig. Seine rechte Hand wanderte auf mein linkes Knie und er hauchte mir einen Kuss auf die Wange. »You really look great, darling«, schnurrte er und sah mir tief in die Augen. Mir wurde erst heiß, was ich gut gebrauchen konnte, dann kalt. »Dein Augen sind so tief und geheimnisvoll wie Loch Ness.« Wow. Noch nie hatte man meine Augen mit einem See verglichen, in dem ein Monster schwamm. Leider ging in diesem bedeutungsschwangeren Moment das Saallicht aus. Eric räusperte sich und rutschte brav wieder auf seinen Sitz.
    Ich liebte diesen Moment der gespannten Erwartung, wie in einem Flieger kurz vorm Abheben. Gleich würde das Orchester ansetzen, und in wenigen Minuten würde sich der Vorhang heben … Zwei Minuten lang geschah gar nichts. Das Saallicht ging wieder an. Dann ging es wieder aus. Dann ging es wieder an. Das Publikum hustete, raschelte und raunte. Ein Mann im normalen Straßenanzug trat auf die Bühne.
    »Es tut uns sehr leid, aber der Vorstellungsbeginn verzögert sich etwas. Wir haben ein technisches Problem mit der Bühnenbeleuchtung. Wir hoffen, dass wir in ein paar Minuten beginnen können. Ich bitte Sie um Verständnis.«
    Ich rutschte tiefer in meinen Sitz. Mir brach der Schweiß aus und ich atmete tief durch. Niemand wusste, dass ich das Katastrophen-Gen hatte. Niemand würde mit den Fingern auf mich zeigen und schreien, »Die da! Werft sie raus! Sie ist schuld!« Trotzdem brachte mich das Katastrophen-Gen immer wieder von neuem aus dem Gleichgewicht. Eric schien meine Unruhe nicht zu bemerken.
    Nach endlosen Minuten setzte das Orchester endlich mit der Ouvertüre ein und ich atmete auf. Nach ein paar weiteren Minuten war ich rettungslos an das Bühnengeschehen verloren. Als Catherine Nagelstad sich auf der Bühne herumwälzend die
Casta Diva
sang, spürte ich, wie sich in meinem ganzen Körper wohlige Endorphine ausbreiteten, obwohl ich kein bisschen durch den Matsch gerannt war. Sollte Leon doch seine neue Schnalle in den Wald schleppen, so viel er wollte. Ich war schon lange nicht mehr in der Oper gewesen und hatte vergessen, wie die Musik Wellen von Wohlgefühl über einen spülte, ohne dass man einen Finger krumm machte. Noch dazu an der Seite eines gebildeten, opernbegeisterten Mannes, der meine Augen mit Loch Ness verglich!
    Es war herzzerreißend, auch wenn ich mich fragte, was Norma und Adalgisa, die beide supertoll aussahen, eigentlich an diesem knubbeligen kleinen Pollione fanden, um den sie sich kloppten. Er konnte nicht mal richtig singen. Es war eben wie im richtigen Leben.
    Nach dem ersten Akt brandete Beifall auf und »Bravo!«-Rufe wurden laut. Eric stand auf und ließ die Leute aus unserer Reihe vorbei. Dann ließ er sich wieder auf seinen Sitz plumpsen.
    »Sehr hübsch«, sagte er. »An Mata Hari damals in der Met reicht sie natürlich nicht heran. Aber das wäre wohl auch ein bisschen too much verlangt. Nun wir könnten einfach hier sitzenbleiben, bis es weitergeht.« Seine Hand lag wieder auf meinem Oberschenkel und er raunte mir ins Ohr: »Ich hätte eine wunderbare Vorschlag, wie wir den Pause verbringen könnten. Nur you and me ...«
    Ich sah mich um. Der dritte Rang links bestand aus Eric, mir und einer Menge leerer Plätze. Sitzenbleiben? Hatte Eric sie nicht mehr alle? Ich hatte mir doch nicht das neue Kleid gekauft und darin Gehen gelernt, um die Pause im Sitzen zu verbringen! Ich wollte im ersten Rang unter den Kronleuchtern lustwandeln, ich wollte Champagner schlürfen, ich wollte die Klamotten der anderen Leute anschauen, ich wollte jemanden treffen, den ich kannte, um mit Eric M. Hollister anzugeben, kurz: Ich wollte mich amüsieren!
    »Äh, ich dachte, wir trinken

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