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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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typisch weiblichen, da völlig kontextlosen, überraschenden Frage aus der Reserve zu locken. Aber Leon hatte keine Sekunde gezögert, hatte nicht gestottert, war nicht rot geworden und hatte die Frage nicht seltsam gefunden. Was wollte mir das jetzt sagen? War alles klar zwischen ihnen und er machte kein Hehl daraus? Oder war vielleicht gar nichts passiert? Ach. Eigentlich war es mir ja auch total egal. Sollten die Sumpfschnepfe und ihr leutseliges Nordlicht doch in einem Loft mit Blick auf den Hamburger Hafen miteinander glücklich werden.
    »Willst du nicht noch etwas von diesem unglaublich gesunden Joghurt essen?« Leon sah mich an, als wäre er ein dicker Dackel und ich hätte eine Tüte Schnuffi-Leckerli in der Hand.
    »Ich bin eigentlich pappsatt. Ich habe ein Laugenbrötchen, ein Schokocroissant und eine ganze Seele gefuttert. Für jemand, der angeblich krank ist, ganz schön viel.«
    »Seele? Du hast eine Seele gegessen?«
    »Das große längliche Ding. Wenn du dich beim Bäcker taubstumm stellst, wirst du nie die Namen unserer leckeren schwäbischen Backwaren lernen.«
    »Eine Seele hätte ich mir ehrlich gesagt anders vorgestellt. Zarter. Durchsichtiger. Fluffiger. Vielleicht aus Blätterteig oder so wie ein Croissant.«
    »Das Croissant ist ein Rei’gschmeckter aus dem Nachbarland. Die Seele ist von hier. Sie ist groß, kompakt, lang, dick und hat Salz und Pimmel drauf.«
    »
Wie bitte? Was ist da drauf?
«
    Oh mein Gott. Was hatte meine Katastrophen-Klappe da grade gesagt?
    »Salz und Kümmel. Was ist daran so besonders? Der Kümmel an sich spielt eine wichtige Rolle in der schwäbischen Küche. Beim Zwiebelkuchen, zum Beispiel. Ich hole das Joghurt. Willst du auch was haben?«
    Leon schüttelte den Kopf. Ich sah genau, dass er sich das Lachen kaum verbeißen konnte. Ich floh in die Küche, schloss die Tür, holte tief Luft, presste den linken Fuß gegen das rechte Knie, drückte die Handflächen über dem Kopf himmelwärts und atmete dreimal tief aus und ein. Erdung. Ich brauchte dringend Erdung. Dann verlor ich das Gleichgewicht. Ich öffnete das Joghurt-Glas. Bestimmt war ich so rot wie das Kirschjoghurt. Ich stopfte einen Esslöffel hinein und marschierte würdevoll und haltung-bewahrend zurück ins Wohnzimmer. Leon war verschwunden, wahrscheinlich aufs Klo, um dort in Ruhe fertig zu lachen.
    Vielleicht sollte ich, um mich zu rehabilitieren, höflich insistieren und Leon nochmal etwas von seinem Joghurt anbieten? Ich stellte das Glas auf dem Fußboden ab, weil ich zu faul war, um bis zum Esstisch zu gehen. Ich holte zwei Glasschüsselchen und zwei kleine Löffel aus der Küche und ging wieder ins Wohnzimmer. Pimmel. Hatte ich wirklich Pimmel gesagt? Wie konnte man nur so unglaublich peinlich sein? Waren andere Leute auch so ...
    Ich hatte das Joghurtglas vergessen und war mit dem Fuß auf den Löffel getreten. Wusch. Mit offenem Mund sah ich zu, wie sich der große Löffel in ein Minikatapult verwandelte und eine Ladung Kirschjoghurt elegant gegen die Raufasertapete schleuderte, dass es nur so spritzte. Der Joghurt tropfte von der vormals weißen Wand gemächlich auf meinen hellen Teppichboden. Die Kräfte verließen mich. Langsam rutschte ich die Tapete entlang nach unten.
    Leon stand plötzlich neben mir und ich sah, wie es in seinem Hirn arbeitete und er allmählich den Zusammenhang zwischen Joghurtglas, Löffel, Kleckse auf dem Boden und von der Wand tropfendem Joghurt rekonstruierte. Ein Grinsen stahl sich in sein Gesicht.
    »Leon«, sagte ich. »Ich bin eine Katastrophe. Ich kann nicht einmal Kirschjoghurt essen, ohne danach meine Wohnung renovieren zu müssen!« Mir war zum Heulen zumute. Ich hatte die Schnauze voll davon, permanent Chaos zu produzieren. Ließ sich das Katastrophen-Gen nicht mal von einem Grippevirus vorübergehend ausschalten?
    Leon rutschte neben mich auf den Boden. Aus dem Grinsen wurde ein leises Glucksen. Dann ein Lachen. Ein ziemlich ansteckendes Lachen. Nach kurzer Zeit hatte es mich auch erwischt. Binnen Sekunden lachten wir beide, dass die Wände wackelten, wir deuteten abwechselnd auf den heruntertropfenden Joghurt und lachten, bis uns die Tränen die Wangen herunter kullerten.
    Als uns die Luft ausging, legte Leon den Arm um mich und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Blöderweise drehte ich in diesem Augenblick den Kopf und der Kuss rutschte auf meinen Mund. Irgendwie gehörte er da auch hin. Leon tat nichts, um den Kuss wieder auf die ursprüngliche Position

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