Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
tragbare Telefon von der Station und wählte. Die Nummer des Pizza-Lieferdienstes kannte sie längst auswendig.
T arkan schreckte hoch. War er tatsächlich eingeschlafen, oder hatte er nur gedöst? Er lauschte. Von seiner rechten Seite erklang das leise Schnarchen Maruns, doch ansonsten war nichts zu hören. Absolut nichts, nicht einmal der Wind. Und plötzlich fiel es ihm wieder ein: Die Schwarzen Kräfte vermögen sogar über den Wind zu gebieten, wenn es zu ihrem Nutzen ist, hatte Ritter Paravain ihnen eingeschärft.
Tarkan sprang auf, griff zu seinem Schwert und spähte über die Zinnen des Wachturms. Eine riesige schwarze Nebelbank war vor der Ostseite von Hellunyat aufgezogen. Überrascht kniff der junge Mann die Augen zusammen. Derartiges hatte er noch nie gesehen. Der schwarze Nebel war dicht, nahezu undurchdringlich, und schien auf eine merkwürdige Art zu leben. Langsam kroch der unheimliche Dunst an der Mauer hoch, die ersten Nebelschleier waberten bereits über die Mauerkrone. Plötzlich spürte Tarkan die eisige Kälte, die von ihnen ausging, und da entdeckte er die unheimlichen Gestalten, die sich im Nebel verbargen: Ritter in schwarzen Rüstungen. Im Schutze des Dunstes waren sie kaum zu erkennen. Ihre Konturen verflossen ständig, sodass sie mit den wabernden Nebelschwaden zu verschmelzen schienen. Nur ihre blutroten Augen, in denen ein heißes Höllenfeuer zu glühen schien, glimmten deutlich sichtbar im Gewölk. Tarkan erstarrte bis ins Mark: Es waren Krieger der Schwarzen Mächte!
Der Ritter wollte einen lauten Warnruf ausstoßen, doch der Schrei blieb ihm im Halse stecken. Er brachte nur erstickte Laute hervor, als raube eine unheimliche Macht ihm den Atem. Tarkan würgte und rang verzweifelt nach Luft. Das Schwert glitt aus seinen kraftlosen Händen und fiel krachend zu Boden, als ein unheimlich großer Nebelfetzen über die Turmkrone waberte. Borboron, der Schwarze Fürst höchstpersönlich, erhob sich vor Tarkan! Als der Junge die stechend roten Augen sah, die ihn mitleidslos musterten, war es zu spät. Ein mächtiges Schwert fuhr aus dem Nebel und drang Tarkan tief in die Kehle. Der junge Ritter fiel auf die Knie, ein Schwall Blut und ein Stöhnen drangen aus seinem Mund.
»Verzeiht mir, Herr, ich habe versagt«, gurgelte er kaum hörbar.
Dann stürzte er vornüber auf den Boden und starb. Seine gebrochenen Augen konnt en die Horde der Schwarzen Krie ger nicht mehr sehen, die sich lautlos aus dem Nebel lösten, die Mauer überwanden und in das Innere der Gralsburg eindrangen.
Marun aber schnarchte nicht mehr. Denn der ewige Schlaf bringt vollkommene Stille.
L aura stand im Arbeitszimmer ihres Vaters am Schreibtisch und blätterte hastig durch ein dickes, in Leder gebundenes Lexikon. Der Eintrag unter dem Stichwort »Dreizehn« half ihr nicht viel weiter: »Primzahl; gilt in manchen Kulturen als Unglückszahl«, war da zu lesen. Und unter »Zeichen« wurde sie auch nicht fündig. Enttäuscht klappte sie das Buch zu.
Sie hatte nicht den geringsten Hinweis darauf entdeckt, was es mit diesem geheimnisvollen »Zeichen der Dreizehn« auf sich haben konnte, von dem Bauer Dietrich gesprochen hatte. Als sie den Wälzer ins Regal zurückstellte, fiel ihr plötzlich das Kästchen wieder ein.
Vor vielen Jahren, ihre Mutter Anna war noch am Leben, hatte sie es rein zufällig entdeckt. Sie hatte ihren Vater etwas fragen wollen, ihn aber nicht in seinem Arbeitszimmer angetroffen. Laura wollte gerade wieder gehen, als ihr Blick auf das Holzkästchen auf seinem Schreibtisch gefallen war - und sie hatte einen unwiderstehlichen Drang verspürt, es sich anzusehen. Wie von einer fremden Macht geleitet, war sie auf den Schreibtisch zu gegangen.
Offensichtlich handelte es sich um ein Schmuckkästchen. Auf allen Seilen war es mit fremdartigen Mustern verziert, die Laura noch nie zuvor gesehen hatte. Sie hatte die Hand danach ausgestreckt, als ihr Vater unvermittelt aufgetaucht war und sie barsch aufgefordert hatte, das sein zu lassen. Laura war erschrocken zurückgezuckt, und sogleich hatte Marius ihr in versöhnlicherem Ton erklärt, dass der Inhalt des Kästchen sehr wohl für sie bestimmt sei, sie es aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erhalten sollte. »Am Fest der Dreizehn wirst du erfahren, was es damit auf sich hat«, hatte er ihr lächelnd erklärt und das Kästchen an sich genommen. Schon wenig später hatte Laura den Zwischenfall vergessen und seither nie mehr daran
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