Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
Wandhaltern und das Prasseln des Feuers im steinernen Kamin waren zu hören. Elysion, der Hüter des Lichts, saß in einem Sessel und starrte wie abwesend in die Flammen. Der Widerschein des Feuers lag auf seinem furchigen Gesicht, und der würzige Harzgeruch der Holzscheite stieg in seine Nase.
Doch der alte Mann schien das ebenso wenig zu bemerken wie den Strauß mit den wunderschönen roten Blüten, der als einziger Schmuck in einer Vase auf der Kommode neben einem der hohen Fenster stand. Elysion wirkte unendlich müde. Unzählige Jahre hatten ihre Spuren in seinem gütigen Antlitz hinterlassen und sein Haupthaar ebenso schlohweiß gefärbt wie seinen langen Bart. Der Hüter des Lichts war in ein einfaches weißes Gewand gehüllt und trug eine schlichte Kette mit einem Anhänger um den Hals. Er war aus purem Gold gefertigt, eine feine, äußerst sorgfältige Arbeit, die ein stilisiertes Rad mit acht Speichen darstellte.
Obwohl der Alte dicht am Feuer saß, fröstelte es ihn. Ein leichter Schauder durchlief seinen Körper, und er seufzte kaum merklich vor sich hin. Seit Stunden war Elysion von einer seltsamen Unruhe befallen, die seine Gedanken umtrieb und ihn wach hielt. Im Gegensatz zu seinen sonstigen Gepflogenheiten hatte er seine Schlafkammer deshalb erst gar nicht aufgesucht. Er wusste, dass er in dieser Nacht keine Ruhe finden würde.
Dabei hatte Ritter Paravain ihm versichert, dass es keinerlei Anlass zur Besorgnis gebe. Alle Wachtürme seien doppelt besetzt, überall in der Burg Wachposten verteilt. Es sei so gut wie unmöglich, unbemerkt in Hellunyat einzufallen. Doch der Hüter des Lichts hatte den Führer seiner Leibgarde daran erinnert, dass es den Mächten des Dunklen vor fast dreizehn Monden sogar gelungen war, in das Labyrinth der Burg einzudringen und den Kelch der Erleuchtung mit dem Wasser des Lebens zu rauben.
»Eine Kette von unglücklichen Zufällen!«, hatte Paravain erklärt. Und dann hinzugefügt: »Außerdem wisst Ihr doch, Herr, dass sie nur erfolgreich waren, weil sich ein Verräter in unsere Reihen eingeschlichen hatte!«
Der Hüter des Lichts hatte seinen Ritter ruhig angeblickt und geantwortet: »Es gibt keine Zufälle, Ritter Paravain. Alles, was geschieht, hat einen besonderen Sinn, auch wenn wir den manchmal nicht sofort zu erkennen vermögen. Und vor Verrat ist man niemals gefeit!«
Der alte Mann nickte unwillkürlich mit dem Kopf. O ja, wie oft schon hatte er in seinem langen Leben Verrat erlebt! Wie oft hatte er erfahren müssen, dass einer seiner Gefolgsleute den Verlockungen des Feindes nicht hatte widerstehen können und sich heimlich in dessen Dienst gestellt hatte. Was ihn zu einem besonders gefährlichen Verbündeten der Dunklen machte, denn ein erkannter Gegner ist leichter zu bekämpfen als ein vermeintlicher Freund, in dessen Herzen der Verrat nistet. Deshalb unternahmen die Dunklen Kräfte immer wieder den Versuch, Ritter der Gralsburg auf ihre Seite zu ziehen.
Trotz dieser Anstrengungen war es den Dienern der Dunkelheit aber immer noch nicht gelungen, die Mächte des Lichts zu besiegen. Auch wenn die Auseinandersetzungen immer häufiger und heftiger wurden - im fortwährenden Kampf zwischen Gut und Böse war das Schicksal stets der Seite des Lichts zugeneigt! Bei diesem Gedanken strahlte das Gesicht des Alten, und seine wässrigen blauen Augen blitzten auf wie die eines jungen Mannes. O ja, er war noch immer in der Lage, die Aufgabe zu erfüllen, die ihm seit Anbeginn der Welten anvertraut war! Aber vielleicht, vielleicht war es langsam an der Zeit, sich Gedanken über einen Nachfolger zu machen ...
Noch bevor die Tür geöffnet wurde, spürte Elysion die Gefahr. Er sprang auf, und im selben Augenblick wurden die Flügel der großen Tür mit ungestümer Heftigkeit aufgestoßen. Eine Hand voll Schwarzer Ritter polterte in den Saal, angeführt von Borboron. Der Schwarze Fürst trug sein Schwert erhoben in der Hand, und die scharfe Klinge, die von zahllosen Blutflecken gesprenkelt war, leuchtete im Schein des Feuers.
Als der Hüter des Lichts die Waffe erblickte, erschrak er heftig. Er wusste nur zu gut um die grausame Macht dieses Schwertes, das nicht ohne Grund den Namen Pestilenz trug: Zu Anbeginn der Zeiten von den Dunkelalben jenseits der Feuerberge geschmiedet und von den teuflischen Fhurhurs mit schwarzmagischen Kräften versehen, war es die einzige Waffe, die ihm zum Verhängnis werden konnte. Und ausgerechnet in dem Augenblick, in dem er zum ersten
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