Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
fortgerissen wurde.
Die Heilerin strampelte und kämpfte sich mit allen Kräften an die Oberfläche zurück. Sie keuchte und spuckte und rang nach Luft. Als Feenbrauts Kopf ganz in der Nähe aus dem Wasser auftauchte, fühlte Morwena sich erleichtert. Sie reckte den Kopf über die schäumenden Wellen und hielt Ausschau nach der Bäuerin, aber sie konnte sie nicht entdecken. Nur ihre Kiepe trieb auf den Fluten dahin.
Da vernahm Morwena ein schrilles Gelächter über sich, das Gelächter einer Frau. Erstaunt hob die Heilerin den Blick - und bemerkte ein riesiges geflügeltes Wesen, das über dem Donnerfluss schwebte und sich dann mit kräftigen Schlägen seiner mächtigen Schwingen in den Nachthimmel schraubte. Noch bevor Morwena erkennen konnte, worum es sich handelte, wurde sie gegen einen Felsblock gespült, der im Wasser aufragte. Als ihr Kopf gegen den Felsen prallte, hörte sie noch einen lauten Knall. Dann wurde alles schwarz um sie herum, und sie verlor das Bewusstsein.
8
Ein schicksalhafter Auftrag
ls Laura in das Wohnzimmer von Professor Morgenstern trat, staunte sie: Der Raum war groß - riesig groß. Dabei wirkte das Haus von außen kaum größer als ein Gartenhaus. Und dann dieses Zimmer hier, das gut zehn mal zwanzig Meter messen musste - wie war das nur möglich?
Im steinernen Kamin an der Stirnseite prasselte ein großes Feuer. Es erhellte einen Teil des Zimmers und malte züngelnde Schatten an die Wände. Lange Holzscheite brannten in der Glut, und der würzige Geruch von trockenem Harz stieg Laura in die Nase. Schon nach kürzester Zeit hatten sich ihre Augen an das Halbdunkel gewöhnt. Der Raum war nur spärlich und schlicht möbliert. Einfache Holzschränke und einige hölzerne Kommoden und Regale standen an den Wänden, weiter nichts. In der Mitte des Zimmers stand ein runder Tisch von knapp zweieinhalb Metern Durchmesser. In seinem Zentrum befand sich eine schmucklose Feuerschale aus Stein, in der eine seltsame Flamme loderte. Sie war kaum handgroß, dafür aber strahlend weiß und von einer derart gleißenden Helligkeit, dass Laura die Augen zusammenkneifen musste, als sie hineinblickte.
Um den Tisch herum standen vier Stühle. Percy Valiant saß auf einem davon; neben ihm hatte Miss Mary Platz genommen. Professor Aurelius Morgenstern saß auf dem dritten. Er war in einen altertümlichen Mantel gehüllt und wirkte erschöpft. Seine sonst so imposante Gestalt war in sich zusammengesunken, die graue Haarmähne zerzaust, und das ehrwürdige Altmännergesicht mit den hellwachen strahlend blauen Augen trug eine bleiche Maske der Müdigkeit.
Besorgt wollte sich Laura nach seinem Gesundheitszustand erkundigen, doch Morgenstern gebot ihr mit einer raschen Geste zu schweigen. Für einen Moment herrschte Stille. Der Professor schenkte Laura ein gequältes Lächeln und deutete auf den leeren Stuhl.
Als er zu sprechen anhob, wurde Laura endgültig bewusst, dass er krank war. Sehr krank, denn seine Stimme klang gebrochen.
»Bitte setz dich, Laura«, sagte er matt.
Laura tat wie geheißen. Dann schaute sie die anderen, die mit ihr am Tisch saßen, neugierig an. Warum hatte Miss Mary sie mitten in der Nacht aus dem Bett geholt? Was wollten die drei von ihr?
Doch die Gesichter der Lehrer verrieten nichts. Weder Percy Valiant noch Miss Mary und schon gar nicht Professor Aurelius Morgenstern war anzusehen, welchem Zweck dieses geheimnisvolle Treffen dienen sollte.
Als habe er ihre Gedanken erraten, wandte sich Morgenstern an Laura: »Weißt du, warum ich dich habe rufen lassen?«
Laura schüttelte stumm den Kopf.
Der alte Herr schien ein wenig irritiert. Jedenfalls glaubte Laura, einen Anflug von Überraschung in seinem Gesicht zu entdecken.
»Dein Vater hat es dir doch gesagt - oder nicht, Laura?«
»Was - was meinen Sie denn?«
»Er hat dir doch gesagt, dass du ab heute eine von uns Wächtern bist und von nun an auf der Seite des Lichts kämpfen wirst, oder?«
»Ja klar, natürlich«, antwortete Laura eilig, und im gleichen Moment kam ihr ein Gedanke, der sie plötzlich mit großer Hoffnung erfüllte. Erwartungsvoll sah sie Morgenstern an. »Bedeutet das, dass Papa wirklich noch am Leben ist und ich seinen Besuch gestern Nacht nicht nur geträumt habe, sondern dass Papa tatsächlich an meinem Bett gestanden hat?«
Professor Morgenstern nickte. »Ja«, sagte er leise.
»Und ... wo ist er jetzt? Warum hat er sich so lange nicht gemeldet, und warum kommt er nicht zu uns zurück? Ich
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