Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
Sie wusste nicht, ob sie sich freuen oder fürchten sollte. Sie konnte einfach keinen klaren Gedanken fassen - bis auf den einen: Ich bin also wirklich eine von den Wächtern!
Oh, Mann!
Rebekka Taxus schaute sie kalt an. »Du hasst doch ssicherlich gehört, wass Quint ... äh ... Dr. Schwartz gesstern beim Abendesssen angekündigt hat? Jeder Verstoßs gegen die Schulordnung wird von nun an sstreng besstraft, oder?«
Laura schluckte. »Ich weiß«, sagte sie leise.
»Und? Warum hältsst du dich dann nicht daran?«
Laura antwortete nicht.
»Wass ssoll ich denn jetzt mit dir machen? Ssoll ich dich dem Direktor melden? Oder ssoll ich Gnade vor Recht ergehen lasssen?« Sie drehte sich um und wandte sich an die Klasse: »Wass meint ihr - ssoll ich Laura melden oder nicht?«
Es wurde mucksmäuschenstill im Klassenzimmer. Laura beobachtete ihre Mitschüler ängstlich. Würde sich jemand gegen sie aussprechen? Möglich war das schon. Pickel-Paule zum Beispiel traute sie das ohne weiteres zu und Max Stinkefurz auch. Und ganz besonders Caro Thiele. Caro hatte was gegen sie, auch wenn sie nicht wusste, warum.
»Alsso«, sagte Pinky Taxus, »wer isst dafür, dasss ich Laura melde? Hand hoch!«
Zu Lauras großer Überraschung hob niemand die Hand. Pickel-Paule wollte sich zwar melden, aber Kaja verpasste dem direkt vor ihr sitzenden Jungen rasch einen harten Knuff in den Rücken und fauchte ihn derart böse an, dass er es doch lieber sein ließ.
Rebekka Taxus schien über die Reaktion der 7b überrascht zu sein. Aber noch gab sie nicht auf. »Gegenprobe!«, ordnete sie an. »Wer isst für Gnade für Laura?«
Dreizehn Hände schössen in die Luft. Pickel-Paule zögerte einen Moment, aber Kaja knuffte ihn erneut, und da hob er lieber die Hand. Er war also nicht nur ein Streber und Schleimer, sondern auch noch ein Feigling dazu! Aber immerhin fiel das Votum der Klasse dadurch einstimmig zu Lauras Gunsten aus.
Die Mathelehrerin nickte nachdenklich mit dem Kopf. »Gut. Wenn ihr ess sso wollt!« Sie trat ganz nahe an Laura heran und blickte ihr in die Augen. »Diesses Mal hasst du noch mal Glück gehabt«, sagte sie. »Aber dass nächsste Mal kommsst du nicht mehr ungesstraft davon! Dann werde ich dich der Schulleitung melden, und du wirsst die Konssequenzen tragen müssen. Isst dass klar?«
Laura schluckte, aber sie antwortete nicht.
Das Gesicht der Lehrerin verfinsterte sich. »Ob dass klar isst, will ich wisssen?«, zischte sie wütend. Sie hörte sich an wie ein gefährliches Reptil.
»Ja«, sagte Laura leise.
»Schön, dann haben wir unss ja versstanden. Ssetz dich!«
Laura drehte sich um und ging zu ihrem Platz zurück. Sie hatte ihren Tisch fast schon erreicht, als Pinky Taxus sie noch einmal ansprach.
»Ach - noch wass, Laura!«
Überrascht blieb Laura stehen. Das überhebliche Grinsen im Gesicht der Taxus verhieß nichts Gutes.
»Dasss ich dir für diesse grandiosse Leisstung nur ein Ungenügend geben kann, wirst du ssicherlich versstehen?«, sagte sie voller Hohn.
Laura fühlte, wie kalte Wut in ihr aufstieg. Natürlich wusste sie, dass sie sich eine glatte Sechs eingehandelt hatte. Aber wozu musste die Taxus ihr das auch noch genüsslich unter die Nase reiben? Das Mädchen kniff die Augen zusammen und feuerte böse Blicke auf die Lehrerin ab. Laura beherrschte sich mit Mühe und biss sich auf die Lippen, damit sie nicht aussprach, was sie dachte: Du blöde Kuh!
Da geschah etwas äußerst Merkwürdiges. Zorn verzerrte plötzlich das Gesicht der Lehrerin. Und sie zischte Laura wütend an: »Wage es bloßs nicht zu ssagen!« Ihre Stimme hatte einen gefährlichen Unterton, und die schwarzen Augen funkelten böse.
Eigenartig, dachte Laura. Wieso hat Pinky Taxus erraten können, was mir gerade durch den Kopf gegangen ist? Wie ist das nur möglich?
Plötzlich kam ihr ein furchtbarer Verdacht.
10
Fremde Gedanken
iss Mary Morgain machte ein ernstes Gesicht. »Jetzt sag schon, was du auf dem Herzen hast!« Obwohl die zierliche Frau in Schottland geboren und aufgewachsen war, sprach sie ohne jeden Akzent.
Die beiden standen inmitten der lärmenden und wild durcheinander wuselnden Ravensteiner auf dem Burghof. Miss Mary hatte Pausenaufsicht, und Laura war nach der Mathestunde direkt zu ihr geeilt.
»Vielleicht täusche ich mich ja«, sagte das Mädchen vorsichtig, »aber irgendwie hab ich das Gefühl, dass Pinky ... ähm ... Frau Taxus, mein ich, Gedanken lesen kann?«
Ein sanftes Lächeln spielte um
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