Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
Schränkchen von Fräulein Amalie Bröselsam, der Bibliothekarin von Ravenstein. Sie pflegte ihre Jacke oder ihren Mantel darin aufzuhängen und ihren Hut darin abzulegen. Außerdem bewahrte sie allerlei persönlichen Krimskrams darin auf.
Laura eilte darauf zu. Zum Glück war es nicht abgeschlossen. Rasch zog sie die Tür auf. In der linken Schrankhälfte waren fünf Regalbretter, die über und über mit allem Möglichen gefüllt waren. In der rechten Hälfte befand sich eine Garderobenstange, an der auf zwei Bügeln eine altmodische Wolljacke mit Lederflicken an den Ellbogen und eine hässlich geblümte Kittelschürze hingen.
Schnell klemmte Laura sich zwischen die beiden Kleidungsstücke und zog die Tür hinter sich zu. Keine Sekunde zu spät, denn schon näherten sich die Stimmen.
Laura drückte die Augen ganz dicht an das engmaschige Flechtwerk der Tür und spähte hinaus. Das Gittermuster beeinträchtigte den Blick, aber trotzdem erkannte sie die beiden Besucher sofort: Dr. Quintus Schwartz und Rebekka Taxus.
Die beiden Dunklen standen gut vier Meter von Lauras Versteck entfernt im Gang und blickten sich suchend in der Bibliothek um. Offensichtlich konnten sie nicht entdecken, wonach sie suchten, denn Dr. Schwartz sah Pinky Taxus fragend an.
»Bist du auch sicher, dass Laura Leander hierher wollte?«
Das Gesicht der Lehrerin verfinsterte sich. »Abssolut ssicher!«, lispelte sie. Es war ihr anzuhören, dass sie über die Frage ziemlich verärgert war. »Im Gedankenlessen macht mir sso schnell keiner wass vor. Dass ssolltesst du allmählich wiss- sen, Quintuss!«
Beschwichtigend legte Dr. Schwartz eine Hand auf ihre Schulter. »Nichts für ungut, Rebekka. Schauen wir einfach mal nach - vielleicht hat sie sich ja irgendwo versteckt, als sie uns hat kommen hören.«
Die Lehrer trennten sich. Dr. Schwartz suchte die eine Hälfte der Bibliothek ab, Pinky Taxus nahm sich die andere vor.
Angespannt verfolgte Laura jede Bewegung der beiden. Es wurde allmählich warm in dem Schränkchen. Die Luft war stickig, und der Duft von 4711, der aus Amalie Bröselsams Jacke aufstieg, begann in ihrer Nase zu kitzeln. Trotzdem ließ sie die Lehrer nicht aus den Augen.
Langsam schritten die Erwachsenen die Regale ab und spähten aufmerksam zwischen die Bücher und unter die Ablagetische. Sogar hinter die bodenlangen Vorhänge schauten sie - vergeblich.
Laura musste grinsen, als sie bemerkte, dass Dr. Schwartz und die Taxus ihre Suche abbrachen und sich wieder zueinander gesellten, direkt vor ihrem Versteck. Sie hielt den Atem an. Sie schwitzte, und das Kitzeln in ihrer Nase wurde immer stärker.
»Tut mir Leid«, sagte Dr. Schwartz, »aber ich habe nicht die geringste Spur von ihr entdeckt.«
»Verdammt!« Pinky Taxus klang wütend, und ihr Zischen glich wieder dem einer Schlange. »Entweder ssind wir zu sspät gekommen, und ssie war schon hier - oder ssie hat ssich 'ss anderss überlegt.«
Dr. Quintus Schwartz verzog das Gesicht. »Vielleicht hast du Recht«, sagte er. »Wonach sie hier suchen wollte, hast du nicht rausfinden können?«
Mit grimmiger Miene schüttelte die Taxus den Kopf. Ihre Augen funkelten böse. »Nein!«, zischte sie. »Diessess Balg lernt schneller, alss ich dachte. Der Unterricht bei diesser Schlampe trägt bereitss Früchte!«
»Hölle, Tod und Teufel!« Wütend stampfte Dr. Schwartz mit dem rechten Fuß auf. Er ballte die Rechte zur Faust und schlug damit heftig gegen das Regal, das neben ihm stand. Es schwankte leicht, und die Bücher auf den Brettern verrutschten. Laura konnte hören, dass der stellvertretende Direktor plötzlich keuchte und nach Luft rang, und schon griff er in die Tasche, holte eine kleine Sprayflasche daraus hervor und sprühte sich sein Asthma-Mittel in den Mund. Als er sich wieder der Kollegin zuwandte, bemerkte Laura plötzlich, dass sich seine Augen verändert hatten.
Sie glühten rot!
Diese Erscheinung hielt zwar nur den Bruchteil einer Sekunde an, aber Laura war sicher, dass sie sich nicht getäuscht hatte: Die Augen von Dr. Quintus Schwartz waren glutrot gewesen.
Glutrot wie die Hölle.
Der Dunkle starrte die Taxus eindringlich an. »Wir müssen dringend was gegen diese Göre unternehmen!«, sagte er kalt. »Sie bringt unsere Pläne völlig durcheinander!«
»Du weißst, dasss dass nicht geht, Quintuss. Die uralten Gessetzse verbieten unss, gegen Gegner vorzugehen, die ssich noch in der Aussbildung befinden. Schließslich halten sich auch die Wächter an
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