Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
sie Laura mit ihrem sezierenden Blick an. Dann huschte ein hintergründiges Lächeln über ihr Gesicht.
»Aber - du mussst ja sselber wisssen, wass wichtig für dich isst. Nicht wahr, Laura?«
Das Mädchen antwortete immer noch nicht.
Und auch Rebekka Taxus schwieg. Wortlos drehte sie sich um und eilte davon. Das Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden, sie schaute im Gegenteil finster drein.
Sehr finster sogar.
Kaja blickte ihr mit ängstlicher Miene nach. »Hast du bemerkt, wie sie dich angestarrt hat?«
»Es war nicht zu übersehen.«
»Geh lieber nicht in die Bibliothek, Laura. Ich glaube, Pinky Taxus ahnt was. Ganz bestimmt sogar!«
Laura schüttelte den Kopf. »Ganz bestimmt nicht!«, entgegnete sie. »Ich hab doch nichts gedacht.«
»Hä?« Kaja machte ein verwirrtes Gesicht. »Nichts gedacht? Also ehrlich, Laura, du sprichst in Rätseln. Was soll das schon wieder heißen - nichts gedacht?«
»Erklär ich dir später, Kaja. Jedenfalls bin ich mir sicher, dass die Taxus nicht rausgekriegt hat, dass ich einen Schlüssel für die Bibliothek habe. Und jetzt komm endlich! Die verbleibenden Stunden bis Mitternacht möchte ich schon gerne noch schlafen.«
Der Schlüssel passte. Laura atmete erleichtert auf.
Ein Glück!
Sie hatte sich den roten Stepp-Anorak über den Schlafanzug gezogen und stand nun vor der schweren Bibliothekstür und spähte nach allen Seiten. Niemand war zu sehen. Sie konnte es also wagen.
Laura drehte den Schüssel herum. Sie hörte ein leises Knacken, als der Riegel im Schloss zurückgeschoben wurde, und drückte die Klinke nach unten. Knarrend schwang die Türe auf. Rasch schlüpfte Laura in den Saal.
In früheren Zeiten hatte man darin festliche Bankette und prunkvolle Bälle abgehalten, doch seit der Gründung des Internats beherbergte er die Bibliothek, die im Laufe der Jahre einen enormen Umfang angenommen hatte.
Schwarzseidene Dunkelheit umfing Laura, und für einen Moment konnte sie nicht das Geringste sehen. Das überlaute Ticken der Wanduhr war zu hören, und der Geruch von altem Papier und Druckerschwärze stieg in ihre Nase. Es gab nicht eine einzige Lichtquelle im Bibliothekssaal. Die Vorhänge der beiden großen Fenster an der Stirnseite waren zwar geöffnet, aber draußen vor den Scheiben herrschte nur tiefe Nacht.
Nur langsam lösten sich die Umrisse der raumhohen Regale mit den zahllosen Büchern aus dem gespenstischen Duster. Mindestens dreißig dieser Regale reihten sich über die gesamte Länge der Bibliothek. Dazwischen gab es schmale Durchgänge, die höchstens zwei Schultern breit waren. Auch an den Wänden standen Bücherregale, außerdem Schränke und Ablagetische.
Laura blickte sich ratlos um. Wo sollte sie nach diesem Nebel suchen, den ihr Vater hier versteckt hatte? Sie hatte nicht die geringste Ahnung, und die Bibliothek war groß.
Wo sollte sie mit der Suche beginnen?
Und schlimmer noch - wonach sollte sie eigentlich suchen? Wie sah ein versteckter Nebel wohl aus? Was hatte man sich darunter vorzustellen?
Laura hatte nicht die geringste Vorstellung davon, und das machte die Sache so verflixt schwierig. Langsam wanderte sie die Regalreihen entlang und schaute sich nach allen Seiten um. Vielleicht war dieser geheimnisvolle Nebel ja zwischen den Büchern versteckt und stand in einem der Regale?
Gut möglich - aber in welchem?
Laura kam ein Gedanke: Nebel begann mit »N« - vielleicht sollte sie im Regal für diesen Buchstaben suchen? Warum eigentlich nicht? Irgendwo musste sie ja anfangen, und einen Versuch war es sicherlich wert.
Sie beschleunigte den Schritt und ging auf das entsprechende Regal zu. Sie bog in den schmalen Gang zwischen dem M- und N-Regal ein, als sie ein Geräusch hörte, das ihr den Angstschweiß auf die Stirn trieb - die Türe knarrte!
Und dann waren auch schon Schritte am Eingang zu hören.
Oh, nein!
Sie musste sich verstecken, und zwar schnell. Gehetzt blickte Laura sich um, fieberhaft überlegend, wo sie sich verbergen könnte - aber ihr fiel nichts ein. Die Regale taugten nicht dazu, und den Ablagetisch an der Wand konnte sie auch vergessen. Sie würde innerhalb kürzester Zeit entdeckt werden, wenn sie sich darunter verkroch!
Das Deckenlicht flammte auf. Die plötzliche Helligkeit blendete Laura, und sie kniff einen Moment die Augen zusammen. Dann sah sie das Schränkchen. Ein paar Schritte vom Ablagetisch entfernt stand es an der Wand, knapp einsfünfzig hoch mit zwei schmalen Flechttüren. Es war das
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