Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
denselbigen gesche’en – wenn du verste’st, was iisch meine?«
U nd ob L aura verstand!
Noch bevor sie antworten konnte, waren Reimars Mannen bereits heran. »Mitkommen!«, befahl der Schnurrbärtige mit schnarrender Stimme und blickte mit einem Auge Laura, mit dem anderen Percy an.
Die beiden fügten sich in ihr Schicksal und folgten den Behelmten ohne jeden Widerstand. Erst als sie im Schlepptau der Männer durch die Versammlung der Schaulustigen schritten, schienen diese sie erstmals zu bemerken. Die Leute zeigten allerdings kaum Mitleid. Im Gegenteil: Die Gesichter der meisten Gaffer offenbarten unverhohlene Schadenfreude. Sie rechneten wohl damit, dass Laura und Percy das Schicksal des unglücklichen Bildhauers teilen würden.
Laura kochte vor Wut, als sie das begriff. Es war ihr völlig unverständlich, dass Menschen sich an dem Unglück ihrer Mitmenschen erfreuen konnten. Warum helft ihr uns denn nicht?, fragte sie sich im Stillen, aber da stand sie bereits vor dem Grausamen Ritter.
Auch wenn sie es nicht für möglich gehalten hätte – aus der Nähe sah der zwergenhafte Reimar noch abstoßender aus. Außerdem stank er abscheulich. Natürlich verbreiteten auch die Bauern alles andere als Wohlgerüche. Aber gegen das ätzende Odeur des Ritters war ihr Schweißgeruch harmlos. Das Mädchen musste sich zusammenreißen, um nicht angewidert das Gesicht zu verziehen. Es warf Percy einen verstohlenen Blick zu. Der zuckte nicht einmal mit den Wimpern, sondern sah dem Grausamen Ritter freundlich ins Gesicht.
Reimar von Ravenstein war es offensichtlich nicht gewohnt, dass ihm jemand furchtlos gegenübertrat. Jedenfalls musterte er die beiden reichlich konsterniert. »Ihr seid wohl fremd hier, was?«
Percy deutete eine Verbeugung an. Seine Antwort war von ausgesuchter Höflichkeit: »Se’r rescht, Euer ‘ochwo’lgeboren. Unser ‘err, der Allmäschtige, ‘at unsere Schritte aus fernen Landen ‘ier’er gelenkt und zu Eurer Feste gefü’rt.«
»Was Ihr nicht sagt!« Reimar schien sich bereits wieder von seiner Irritation erholt zu haben, denn in seiner Stimme schwang unverhohlener Spott mit. »Dann kann ich nur für Euch hoffen, dass der ›‘err‹, wie Ihr ihn nennt, Euch auch weiterhin wohlgesonnen ist.« Damit wandte er sich an seine Ritter, die allerdings eher an eine üble Räuberbande denn an edle Recken erinnerten, und ließ ein höhnisches Gelächter erschallen. Die finsteren Gesellen fielen sofort in das Lachen des Anführers ein.
Als der Grausame Ritter sich erneut zu Percy umdrehte, hatte sein Gesicht wieder den gewohnten Ausdruck angenommen. »Und was wollt Ihr hier?« Die Frage klang harmlos, doch Laura war der gefährliche Unterton nicht entgangen. Wenn ihr nicht eine verdammt einleuchtende Erklärung haben solltet, weshalb ihr mich zu belästigen wagt, schien er anzudeuten, dann kann selbst der Allmächtige euch nicht mehr helfen.
Auch Percy konnte die Drohung nicht entgangen sein. Dennoch blieb er ruhig. Zumindest äußerlich. Ein weiteres Mal verbeugte er sich vor dem kleinwüchsigen Burgherrn. »Wenn I’r erlaubt, dass wir uns vorstellen, Euer ‘ochwo’lgeboren: Percy de Bourgogne werde iisch Niischtswürdiger genannt, und dies ier…« – damit deutete er auf die neben ihm stehende Laura -»… ist Laurenz, mein Ge’ilfe. Iisch bin Spielmann und –«
»Ach, tatsächlich?!« Mit der Schnelligkeit einer Viper fiel Reimar dem Fremdling ins Wort und machte einen raschen Schritt auf ihn zu. Seine Augen funkelten gefährlich. »Und wo habt Ihr Euer Instrument – Spielmann?!«
»Mein… ähm… Instrument?«
»Sehr wohl! Ich spreche doch laut und deutlich, oder?« Reimars Stimme war schneidend wie ein Peitschenhieb. Seine Männer grinsten mit unverhohlenem Spott. Ihren Gesichtern nach zu urteilen war Percys Schicksal bereits besiegelt.
»Gut, dass I’r darauf zu spreschen kommt, mein ‘err!«, antwortete der Lehrer, ohne zu zögern. »Uns ist nämliisch ein äußerst empörendes Schicksal widerfa’ren. Auf dem Weg zu Eusch sind wir unter die Räuber gefallen, und diese Spitzbuben ‘aben miisch meiner Laute beraubt, die von einem der berü’mtesten Instrumentenbauer unseres Landes eigens für miisch gefertiischt wurde!«
»Was Ihr nicht sagt!« Der pure Hohn sprach aus Reimar. »Sie haben Euch beraubt? Ei, ei, ei – wer wird denn so etwas Böses tun!«
Obwohl der Burgherr neuerlich in schallendes Gelächter ausbrach, in das seine stoppelbärtigen Vasallen umgehend
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