Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
und Percy musterte, erschrak Laura über den Schlangenblick. Die Pupillen der auffallend gelben Iris hatten sich zu Schlitzen verengt, während das Gesicht der Frau keinerlei Regung erkennen ließ. Dennoch spürte Laura ganz deutlich, dass sie vor dieser Syrin auf der Hut sein musste. Sie fühlte, dass diese ein schreckliches Geheimnis barg, auch wenn Laura nicht die geringste Ahnung hatte, worum es sich dabei handeln mochte. Und noch eines wurde ihr klar in diesem kurzen Moment ihres Blickwechsels: Syrin strahlte eine Kälte und Gefühllosigkeit aus, als besäße sie ein Herz aus Stein. Laura fröstelte unwillkürlich.
Auch Reimar konnte die Augen nicht von der geheimnisvollen Besucherin wenden. Sie schienen förmlich an Syrin festzukleben, die sich auf dem Stuhl neben dem Burgherrn niederließ. Schon eilte eine Magd herbei, um Syrins Becher mit Wein zu füllen, als der Grausame Ritter die Maid mit einer abwehrenden Geste verscheuchte und höchstpersönlich den Krug ergriff, um seinen Gast zu bedienen.
Laura und Percy wurde ein Platz ganz am Ende der Tafel zugewiesen. Verwundert beobachtete das Mädchen das absonderliche Verhalten des sonst so rüden Ritters. Es stieß Percy mit dem Ellbogen an und flüsterte ihm zu: »Wer ist diese Syrin? Hast du schon mal von ihr gehört?«
Der Lehrer jedoch verzog nur ratlos das Gesicht. »Iisch ‘abe niischt die geringste A’nung. Wes’alb möschtest du das denn wissen?«
»Weil…« Laura zögerte, den schlimmen Verdacht auszusprechen, der sie befallen hatte. »Weil ich glaube, dass große Gefahr von ihr ausgeht. Sie gehört zu den Dunklen, kein Zweifel, und ist um vieles schlimmer und gefährlicher als jeder unserer Feinde, dem ich bislang begegnet bin.«
»Meinst du?« Percy machte ein überraschtes Gesicht. »Wo’er willst du das denn wissen?«
»Ich fühle es einfach! Ich hab zwar nicht den geringsten Beweis dafür, aber ich bin mir trotzdem sicher. Vielleicht ist es ja gar kein Zufall, dass sie den Grausamen Ritter ausgerechnet heute besucht…«
»Willst du damit andeuten, dass sie von unserem Vor’aben weiß?«
»Und wenn es so wäre?«
Percy schlug die Augen zur Decke und schüttelte den Kopf. »Das ist völliisch unmögliisch, Laura! Niemand der ‘ier Versammelten konnte auch nur a nen, dass wir in me’r als acht’undert Ja’ren eine Traumreise zurück in i’re Zeit unterne’men würden. Das ist völliisch ausgeschlossen!«
Nachdenklich blickte Laura den Lehrer an. Percy hat Recht, dachte sie. »Wir sollten trotzdem vorsichtig sein.«
Das Mädchen wandte sich ab und warf dem Ritter, der an seiner anderen Seite saß, einen verstohlenen Blick zu. Der kleine Dicke machte einen nicht ganz so üblen Eindruck wie seine Kumpane. Vorsichtig stieß Laura ihn an. »Verzeiht mir die Frage, mein Herr, aber ist Euch vielleicht Reimars Gast bekannt?«
Sein Gesicht hatte die Farbe reifer Tomaten, und seine Augen glänzten weinselig. »Meinst du Syrin?«, fragte er mit trunkener Stimme und rülpste laut.
Alkoholschwaden schlugen Laura ins Gesicht. Zudem hatte der Mann sich wohl noch nie im Leben die Zähne geputzt. Obwohl Laura einen Würgereiz verspürte, quälte sie sich zu einem freundlichen Lächeln. »Ja.«
»Viel weiß ich nicht über sie. Nur dass unser Herr sie während des Kreuzzuges kennen gelernt hat.«
»Woher kommt sie denn? Und was treibt sie?«
»Weiß der Teufel!« Der feiste Ritter zog ein Gesicht, das Laura an das eines Mopses erinnerte. »Und um der Wahrheit die Ehre zu geben – ich bin auch gar nicht erpicht darauf, das zu erfahren.«
»Warum denn nicht?«
Der Dicke warf einen scheuen Blick zur Mitte der Tafel, wo der Grausame Ritter und sein Gast in ein Gespräch vertieft waren, und flüsterte seiner Tischnachbarin verschwörerisch ins Ohr: »Weil Syrin es auf den Tod nicht ausstehen kann, wenn jemand zu großes Interesse an ihrer Person zeigt. Für den Neugierigen hat das meist schlimme Folgen – verstehst du, was ich meine, mein Junge?«
Laura nickte.
U nd ob!
Der Mops kroch noch näher heran. Der Gestank, der aus seinem Mund kam, verschlug Laura beinahe den Atem. »Man munkelt, Syrin steht mit den Dunklen Mächten im Bunde«, murmelte er mit schwerer Zunge, »und ist beschlagen auf dem Gebiet der Schwarzen Magie! Selbst Reimar hat Angst vor ihr, wie es scheint, weil sie über unheimliche Kräfte verfügt, gegen die selbst der stärkste Mann nichts ausrichten kann.« Damit strafft er sich wieder, hob seinen Becher und trank den
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