Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
irgendwo in den westlichen Regionen von Aventerra gelegen sein musste. Dass der Schwarze Fürst jedoch keinen Freundschaftsbesuch im Sinn hatte, war Marius spätestens dann klar geworden, als eine der Hütten in Flammen aufgegangen war und die Schwarzen Krieger die seltsamen Bewohner der Siedlung unter Schlägen zusammengetrieben hatten. Was dann geschehen war, hatte Marius nicht mitbekommen, aber das plötzliche Auftauchen dieses grauslichen Drachen mit den zwei Köpfen konnte bestimmt nichts Gutes bedeuten. Noch mehr aber als das Schicksal der Dorfbewohner beschäftigte ihn die Frage, weshalb Borboron ihn überhaupt mitgenommen hatte auf diesen Ausflug.
Was hatte der Schwarze Fürst nur mit ihm vor?
Und wozu brauchte er diesen Mann im regenbogenfarbenen Burnus, der ständig einen Turban trug? Gramar, wie er von allen genannt wurde, legte ein überaus angenehmes Wesen an den Tag, lächelte Marius stets freundlich an und wechselte hin und wieder sogar ein paar Worte mit ihm. Soeben sprengte er auf seinem Rappen ins Lager.
Obwohl Marius nicht viel von Pferden verstand, wusste er, dass es sich um einen Vollblüter handelte. »Alles was recht ist«, sprach er zu Gramar, »ich habe selten ein solch edles Pferd gesehen wie das Eure.«
»Auch wenn Ihr nur ein Erdenmensch seid, scheint Ihr ein gutes Gespür zu besitzen.« Sichtlich geschmeichelt gesellte sich Gramar zu dem Gefangenen. »Deshiristan, mein Heimatland, ist seit alters her bekannt für seine Vollblüter. Schon unsere Vorfahren verstanden sich auf die Zucht dieser schönen Tiere, die in allen Regionen Aventerras heiß begehrt sind.«
»Zu Recht, Herr, völlig zu Recht!« Marius deutete eine Verbeugung an. Für einen Augenblick zögerte er, die Frage zu stellen, die ihm auf der Zunge lag. Dann überwand er sich doch. »Wisst Ihr eigentlich, warum wir uns hier aufhalten?«
»O ja – sehr gut sogar!« Die weißen Zähne des Mannes blitzten im Sonnenlicht.
»Und? Würdet Ihr es mir auch verraten?«
Nachdenklich rieb Gramar sich das Kinn, bevor sich neuerlich ein Lächeln auf sein Gesicht legte. »Warum eigentlich nicht? Ihr werdet es ohnehin in Kürze erfahren, sodass ich es Euch ebenso gut erzählen kann.« Mit gekreuzten Beinen setzte er sich neben Marius nieder und fing an zu plaudern.
Je mehr Gramar redete, desto blasser wurde der Gefangene. »Die Träume der Menschen werden von Aventerra aus beeinflusst?«, fragte er, als der Mann mit dem Turban geendet hatte.
»Natürlich. Seit Anbeginn der Zeiten schon. Oder habt Ihr vielleicht geglaubt, ihr Menschen würdet selbst über eure Träume bestimmen?«
»Eigentlich schon.« Marius schüttelte den Kopf. »Und jetzt will Borboron Macht über unsere Träume gewinnen?«
»Genau so ist es – weil er damit gleichzeitig Macht über euch gewinnt!«
Marius versuchte, sich seine Bestürzung nicht anmerken zu lassen. »Ach, ja?«, sagte er leichthin. »Dann müsste die Botschaft, die er zum Menschenstern schicken will, ja überaus verlockend sein.« Wie beiläufig schaute er Gramar an. »Wie lautet sie denn?«
»Tut mir Leid!« Gramars unterdrücktes Grinsen verriet, dass sein Bedauern nur geheuchelt war. »Aber das kann ich Euch wirklich nicht verraten. Schließlich will der Schwarze Fürst mit Eurer Hilfe überprüfen, ob der Traumspinner ihn betrügt oder nicht.«
»Überprüfen?« Marius runzelte die Stirn. »Wie sollte das denn möglich sein?«
»Ganz einfach: Wenn man von diesen Traumspinnern einmal absieht, dann seid nur ihr Menschen in der Lage, die Botschaften der Erleuchtlinge zu entschlüsseln. Deshalb könnte Meister Orplid Träume zusammenspinnen, gerade wie es ihm beliebt.«
Langsam glaubte Marius zu verstehen.
»Im Gegensatz zu uns könnt Ihr jedoch seine Botschaften deuten. Und so werden wir Euch gleich am nächsten Morgen, nachdem der Traumspinner die Erleuchtlinge losgeschickt hat, nach Euren Träumen befragen, um auf diese Weise festzustellen, ob Orplid auch gehorsam war.«
»Und wenn nicht?«
»Dann, so fürchte ich, wird Borboron den Allesverschlinger ein weiteres Mal füttern müssen – und zwar so lange, bis der Meister ihm endlich gehorcht.« Gramar lächelte verbindlich. »Versteht Ihr jetzt, weshalb ich Euch diese Botschaft nicht verraten kann? Nur so viel kann ich Euch sagen: Sie ist leicht zu verstehen und überaus verlockend – zumindest für die meisten Menschen!«
E s war gar nicht so einfach, an Rika Reval heranzukommen. Mehrere Male marschierte Laura zum
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