Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
vor Sorge. »Die Schwarzen Krieger haben die Anführer der Flatterflügler gefangen genommen. Außerdem sind sie allem Anschein nach dabei, einen Stollen in den Berg zu graben, um an das Erzlager der Drachenkönige zu gelangen.«
Sichtlich alarmiert blickte Elysion auf. »Sterneneisen! Deshalb also die Sklaven!«
Die Heilerin nickte bekümmert. »Alle Anzeichen deuten daraufhin.«
»Ich habe es befürchtet«, erklärte der Hüter des Lichts betroffen und stützte sich auf die Heilerin. Als habe plötzliche Müdigkeit ihn übermannt, schloss er die Augen und wandte das immer noch feuchte Gesicht der Sonne zu. So verharrte er schweigend, bis er schließlich ihren Arm losließ und heftig den Kopf schüttelte, dass seine Graumähne Schweißtropfen versprühte. »Borboron, dieser Narr!«, presste er hervor. »Er scheint nicht zu wissen, was er anrichtet.«
Morwena sah den Gebieter erwartungsvoll an. Da er stumm blieb, erklärte sie: »Paravain wartet auf eine Antwort. Er möchte wissen, was er tun soll.«
Der Hüter des Lichts straffte sich. »Nichts«, befahl er knapp. »Der Weiße Ritter soll abwarten und die Vorgänge im Tal weiter beobachten. Unter keinen Umständen soll er eingreifen, es sei denn, die Sklaven oder sonst wer im Leuchtenden Tal geraten in Lebensgefahr«, erklärte Elysion. »Dann versteht es sich von selbst, dass er ihnen zu Hilfe eilt. Aber das ist Paravain ohnehin klar, sodass du darauf verzichten kannst, Pfeilschwinge zu ihm zu schicken.«
»Sicher ist sicher«, antwortete Morwena, bedacht, dem Blick ihres Herrn auszuweichen, damit er nicht bemerkte, dass sie mit den Gedanken längst bei der persönlichen Botschaft war, die sie Paravain übermitteln wollte. Bevor die Heilerin zu Pfeilschwinge eilte, fragte sie: »Verzeiht die Neugier, Herr, aber steht es so schlimm um Aventerra, dass Ihr Euch an der Waffe übt?«
Ein versonnenes Lächeln huschte über Elysions Antlitz. »Du erinnerst dich sicher an die Botschaft, die die Wissenden Dämpfe dir unlängst übermittelt haben?«
»Natürlich.« Verwunderung machte sich im Gesicht der Heilerin breit. »›Wenn aus Licht Dunkelheit wird und aus Dunkelheit Licht, wird sich das Schicksal entscheiden. Und nur der wird die Prüfung bestehen, der die wahre Natur der Dinge erkennt‹ – so lautete der Orakelspruch.«
»Du sagst es«, antwortete Elysion mit einem seltsamen Blick, den sie nicht recht zu deuten vermochte. »Es ist deshalb an der Zeit, dass ich mit den Vorbereitungen beginne.«
»Mit den Vorbereitungen? Auf diesen Tag?«
»So ist es, Morwena.«
»Aber… dieser Orakelspruch… er ist doch auf dieses Mädchen gemünzt, auf die Schwertträgerin!«
»Und was ist, wenn wir uns täuschen, Morwena? Wenn wir die wahre Natur der Dinge nicht richtig erkennen, wie es in der Botschaft heißt? Dann werden wir die Prüfung nicht bestehen können, nicht wahr?« Der alte Mann wandte sich zum Gehen. Ein Ruck schien durch seinen betagten Körper zu gehen. »Und das würde unser Ende bedeuten! Aventerra wäre ebenso dem Untergang geweiht wie der Menschenstern. Das dürfen wir nicht zulassen, und deshalb bereite ich mich vor. Damit ich selbst dann gewappnet bin, wenn das Orakel etwas ganz anderes meinen sollte, als wir im Moment glauben.«
»Aber… was, Herr? Was könnte es sonst noch bedeuten?«
Der Hüter des Lichts trat dicht vor sie hin und sah sie eindringlich an. »Denke darüber nach, und du wirst schon bald verstehen.« Damit ging er davon.
R esigniert schlug Lukas die Bibel zu, die er aus der Internatsbibliothek geholt hatte. Glücklicherweise besaß Attila Morduk einen Generalschlüssel für alle Räume, und so hatte er Lukas Zugang zu Fräulein Bröselsams Reich gewähren können. »Wie ich schon vermutet habe«, erklärte er an Mr. Cool gewandt. »Der Spruch stammt nicht aus der Heiligen Schrift.«
»Schade.« Philipp drehte sich vom Computermonitor weg und hob bedauernd die Hände. »Es war zumindest den Versuch wert. Schließlich habe ich im gesamten Internet keinen Hinweis auf den Satz gefunden.«
»Wenn man bedenkt, was das bedeutet, ist das in der Tat schade«, bestätigte Lukas und verzog bekümmert das Gesicht.
»Und was bedeutet das?«
»Ist das nicht offensichtlich?« Er musterte Mr. Cool von oben herab. »Überleg doch mal: Es gibt keinen auch nur halbwegs bekannten Spruch, Aphorismus, Zitat und so weiter, den man nicht im Internet finden kann. Jeder Dilettant stellt doch heutzutage seine Werke ins Netz.«
Philipp
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