Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
auf. Dann schwebte der erste Flatterflügler in die Höhle. Ein gutes Dutzend seiner Artgenossen folgte ihm und ließ den Raum in hellem Licht erstrahlen.
Jetzt erst war ein Vogelkäfig zu sehen, der von der Decke hing. Seine Gitterstäbe waren zusätzlich mit einem feinmaschigen Gespinst gesichert. Darin schwirrten drei weitere Flatterflügler umher: die Herren Virpo, Yirpo und Zirpo.
Der Dunkelalb deutete mit seinem wurstigen Zeigefinger auf den Käfig. »Eigentlich überflüssig, es jeden Tag aufs Neue zu erwähnen«, sprach er, »aber wenn auch nur einer von euch einen Fluchtversuch unternimmt, werden wir uns an euren Anführern schadlos halten!«
»Hört nicht auf diesen Schwarzgesichtling«, rief Herr Virpo seinen Untergebenen zu. »Nehmt keine Rücksicht auf uns und flücht –«
»Halt’s Maul!«, schrie der Dunkelalb und verpasste dem Käfig einen heftigen Stoß, sodass er ins Schaukeln geriet. »Ein Wort noch – und ich zerquetsche einen deiner Flatterfreunde mit der bloßen Hand!«
Aufgeregt wispernd schwirrten die geflügelten Wesen durcheinander, bevor sie wie jeden Tag mit den Sklaven in die Stollen eindrangen, um ihnen bei der Arbeit das nötige Licht zu spenden.
»Na also, geht doch«, brummte der Dunkelalb, nachdem sie im Berg verschwunden waren. Als auch der letzte Lichtschein erlosch, als habe der finstere Schlund eines Ungeheuers alle verschluckt, stapfte er zum Ausgang. Sicherlich warteten Aslans Männer schon ungeduldig darauf, endlich mit dem Kartenspiel beginnen zu können.
Der finstere Kerl war eben verschwunden, als ein kaum merkliches Zittern durch die Höhle ging: Es war nicht stärker als die Bewegung, die der Fall eines winzigen Tautropfens auf dem Wasserspiegel eines riesigen Sees verursacht.
Den Flatterflüglern allerdings blieb es trotzdem nicht verborgen. Mit erschrockenen Gesichtern sahen sie sich an.
»Oh weh, oh weh«, wisperten die Herren Yirpo und Zirpo fast im Gleichklang.
»Ihr sagt es, Ihr Herren«, antwortete ihnen Herr Virpo mit großem Ernst. »Wenn es das ist, was ich vermute, dann fürchte ich das Schlimmste für uns!«
Als Morwena in den Burghof von Hellunyat trat, glaubte sie ihren Augen nicht zu trauen: Der Hüter des Lichts duellierte sich mit einem Ritter seiner Leibgarde! Obwohl die Heilerin sogleich erkannte, dass es sich nur um eine Übung handelte, fuhr ihr ein mächtiger Schrecken in die Glieder. In all den Jahren, die sie Elysion nun schon auf der Gralsburg diente, hatte ihr Herr noch niemals eine Waffe in die Hand genommen, geschweige denn benutzt. Und jetzt sah es ganz so aus, als würde er sich ernsthaft auf einen Kampf vorbereiten!
Obwohl der Hüter des Lichts mindestens dreimal so alt und seinem Gegner auch von der Statur her unterlegen war, setzte er sich geschickt zur Wehr. Funkenstiebend klirrten die scharfen Klingen aufeinander, während der alte Mann und der junge Ritter verbissen miteinander fochten. Überraschend flink und behende wehrte Elysion die Attacken des hünenhaften Kriegers ab, um schließlich sogar selbst zum Angriff überzugehen. Allerdings war der nicht von Erfolg gekrönt. Im Gegenteil: Der Recke parierte die überstürzte Attacke seines Gebieters mit Leichtigkeit und schlug ihm das Schwert aus der Hand, sodass dieser plötzlich wehrlos vor ihm stand.
Mit erleichtertem Lächeln hob Elysion die Hände zum Zeichen der Aufgabe. »Vielen Dank, junger Freund. Ich habe zwar noch vieles nachzuholen, aber für heute mag es genügen. Ich wäre dir allerdings sehr verbunden, wenn wir die Übung schon morgen fortsetzen könnten.«
Der Ritter bückte sich nach der Waffe seines Herrn und reichte sie ihm zurück. »Es wird mir eine Ehre sein.« Damit verneigte er sich und zog sich zurück.
Morwena trat neben den Hüter des Lichts. Die Übung hatte ihn offensichtlich sehr angestrengt. Sein faltiges Gesicht glänzte vor Schweiß, und sein Atem flog wie der eines Pferdes nach einem anstrengenden Ritt. Seine Augen jedoch leuchteten zufrieden, als er sich an die Heilerin wandte. »Was gibt es so Wichtiges, dass du im Burghof nach mir suchst?«
»Pfeilschwinge, der Adler des Lichts, ist zurückgekehrt«, meldete die junge Frau. »Er hat eine Botschaft von Paravain überbracht.«
Immer noch keuchend, griff der Hüter des Lichts zu einem Leinentuch, das er wohl vorsorglich mit in den Hof gebracht hatte, und trocknete sich das Gesicht ab.
»Sein Unternehmen steht unter keinem glücklichen Stern.« Morwenas Antlitz verschattete sich
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