Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
Augen. Sie wagte nicht daran zu denken, was in diesem Falle geschehen würde. Sie war nur noch von einem einzigen Gedanken beseelt: Wenn die Große Meisterin doch endlich verschwinden und nach Aventerra zurückkehren würde! Dann hätten wir für die nächsten drei Monate wenigstens Ruhe vor ihr! Und so schielte sie voller Hoffnung zum Horizont.
Zum Glück konnte es nicht mehr lange dauern, bis die Sonne aufgehen würde. Die Herrin musste sich beeilen, wenn sie die magische Pforte noch durchschreiten wollte.
Als habe die Frau mit den Reptilienaugen diese Gedanken erraten, blickte sie nun ebenfalls zum Himmel. Ein hintergründiges Lächeln spielte um ihre schmalen Lippen, als sie sich wieder an ihre Helfer wandte. »Denkt bloß nicht, dass ihr während der nächsten drei Monde untätig sein könnt, nur weil Laura sich in unserer Welt aufhält.«
»Nein, nein, natürlich nicht«, versicherte Quintus Schwartz unterwürfig.
»Ihr wisst, was ihr zu tun habt!« Der Zeigefinger der Großen Meisterin schoss auf die beiden Dunklen zu. Er erinnerte Rebekka an die dürre Kralle einer riesigen Krähe, sodass sie unwillkürlich den Kopf einzog. »Ihr habt dafür zu sorgen, dass dieses Internat hier endlich geschlossen wird. Es ist uns schon lange ein Dorn im Auge. Seit seiner Gründung benutzen unsere Feinde es dazu, ihren Nachwuchs zu schulen, daher wird es höchste Zeit, dass wir diesem widerlichen Treiben ein Ende setzen, verstanden?«
»Aber natürlich, Herrin, selbstverständlich.« Dr. Schwartz dienerte so eifrig wie ein Wackeldackel auf der Hutablage eines Autos. »Ihr könnt Euch ganz auf uns verlassen. Nicht mehr lange, und Ravenstein wird nur noch Geschichte sein. Wir werden alles daransetzen, dass der Schulbehörde nichts anderes übrig bleibt, als das Internat ein für alle Male zu schließen!«
»Das will ich hoffen!« Die Gestaltwandlerin quälte sich ein Lächeln ab, das sie nur noch unheimlicher aussehen ließ. »Solltet ihr allerdings ein weiteres Mal versagen, wird Borboron mit seiner Geduld am Ende sein…« – Ein böses Lachen geisterte über ihr blutverschmiertes Antlitz – »… und dann möchte ich wirklich nicht in eurer Haut stecken.«
Rebekka Taxus konnte kaum noch an sich halten. In ihr brodelte es gewaltig. Was bildete diese aufgeblasene Kreatur sich eigentlich ein! Was hatte die alte Hexe denn gegen Laura ausrichten können?
N ichts. A bsolut nichts!
Dabei verfügte sie über weit größere Kräfte als alle Helfershelfer Borborons – und war dem Mädchen dennoch unterlegen. Schon wollte sie zu einer bissigen Antwort ansetzen, als sie sich anders besann und sich rasch auf die Lippen biss, um jede unbedachte Bemerkung zu unterdrücken. Doch zu spät!
V erdammt!
Rebekka wurde so siedend heiß, als koche das Blut in ihren Adern. Wie hatte sie nur vergessen können, dass die Große Meisterin sich ebenfalls aufs Gedankenlesen verstand – sogar weit besser als sie selbst! Deshalb wusste sie, was ihr, Rebekka, durch den Kopf gegangen war.
Mit der Schnelligkeit einer Viper schoss die Frau im smaragdgrünen Gewand auf ihr Gegenüber zu und funkelte sie aus Schlangenpupillen an. »Du bist doch eine glühende Verfechterin unserer Sache?«, fragte sie lauernd. »Oder sollte ich mich da täuschen?«
»Ah…« Rebekka verstand nicht, worauf die Gestaltwandlerin hinaus wollte. »Nein, Herrin, natürlich nicht.«
»Dann bist du sicherlich auch bereit, das jederzeit unter Beweis zu stellen?«
»Wenn Ihr ess befehlt«, antwortete die Gefragte gedehnt. Noch immer begriff sie nicht, was die Große Meisterin im Schilde führte.
»Wie großherzig von dir!«, lobte die Frau mit der blutigen Fratze. »Das ist mehr, als ich erwarten konnte. Nicht jeder würde meine schrecklichen Wunden auf sich nehmen, damit ich unversehrt in meine Welt zurückkehren kann. Danke, vielen Dank.«
Rebekka wurde bleich wie ein Totenschädel.
O h nein! N icht schon wieder!
Am liebsten hätte sie laut aufgeschrien. Die Wunde auf ihrer Stirn, die die Große Meisterin erst vor einigen Wochen auf sie übertragen hatte, war noch nicht richtig verheilt – und da sollte sie noch viel schlimmere Verletzungen auf sich nehmen?
D as war ungerecht! V erdammt ungerecht sogar!
Hilfe suchend wandte sie sich an Quintus Schwartz. Doch der Komplize senkte nur betreten den Blick, was auch der Großen Meisterin nicht verborgen blieb.
Ein kaltes Lächeln huschte über ihr fahles Gesicht, bevor sie wieder ernst wurde. »Schließe die
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