Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
seinem Tod. Er hatte sein Leben gelassen, um ihr bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zu helfen. Wie viele werden noch sterben müssen, nur weil ich nach Aventerra gekommen bin? Ritter Paravain vielleicht? Und was ist, wenn ich Papa trotzdem nicht befreien kann? Immer quälender wurden die Fragen, die durch Lauras Kopf wirbelten und sie mehr und mehr benebelten. Schließlich war sie so vom Scheitern ihrer Mission überzeugt, dass sie am liebsten sterben wollte.
Vielleicht sollte ich in das zerstörte Tal zurückkehren und mich dem Roten Feuerdrachen opfern – so wie Alarik es getan hat?, überlegte Laura. Plötzlich ließ der Gedanke sie nicht mehr los. Sie wartete nur auf eine günstige Gelegenheit, um sich davonstehlen zu können.
Die bot sich schneller als erhofft. Veniks Hornbüffel geriet ohne erkennbaren Grund in Panik und stürmte blindlings davon. Der Junge rannte umgehend hinter Kraomir her, aber Paravain erkannte, dass der Magier das außer Rand und Band geratene Tier niemals einholen würde. Deshalb schwang der Ritter sich auf Feenbraut und galoppierte los, um den Hornbüffel wieder einzufangen.
Daraufhatte Laura nur gewartet. Sie erhob sich und schlug sich so leise wie möglich in die Büsche.
Im selben Moment löste sich ein grauer Schemen aus den Sträuchern, aus denen er das Mädchen über Tage beobachtet und auf eine Gelegenheit zum Zuschlagen gelauert hatte.
Laura war noch keine zwanzig Meter vom Lager entfernt, als sie im kniehohen Gras ein Knäuel nachtgrauer Tentakel bemerkte, das sich gleich einem Dutzend fiebriger Schlangen völlig geräuschlos auf sie zuschlängelte. Noch ehe sie wusste, wie ihr geschah, erhob sich vor ihr eine schattenhafte Gestalt, die sie aus rotglühenden Augen anstierte. Augenblicklich erstarrte Laura. Sie war zu keiner Bewegung mehr fähig. Der Anblick nahm ihr die Luft. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und die Welt vor ihren Augen verdüsterte sich wie bei einer Sonnenfinsternis. Sie versuchte sich zu räuspern, brachte aber nicht mehr als ein heiseres Röcheln zustande.
Der Graumahr schien sich an der Panik, die sie lähmte, zu weiden. Jedenfalls war Laura, als geistere ein irres Lächeln über sein konturloses Gesicht. Dann streckte er seine wabernden Fangarme nach ihr aus und schlang die Schattenfinger um ihren Hals. Dunkelheit senkte sich über das Mädchen, als der Graumahr sich anschickte, von ihr Besitz zu ergreifen.
Endlich hatte Paravain den davonstürmenden Kraomir eingeholt. Herr Virpo, der seinen wilden Ritt gespannt verfolgt hatte, drehte sich erleichtert um – und schrie noch im gleichen Moment gellend auf. »Habt Acht, Ihr Herren! Habt Acht!«, warnte er seine Gefährten. »Schnappt Euch den Widerling, bevor er Laura verschlingt! Schnell!«
Seine Gefolgschaft hatte den Befehl kaum vernommen, als sie auch schon wie ein Geschwader winziger Jagdflieger hinter dem Graumahr hersausten.
Als der die Gefahr erkannte, unternahm er einen letzten verzweifelten Versuch, sich Lauras Körper zu bemächtigen. Doch dazu war es zu spät. Die Flatterflügler hatten ihn bereits eingeholt und stürzten sich mit Todesmut auf das unheimliche Wesen.
Der Graumahr schrie auf und schlug wie Berserker nach den geflügelten Wichten. Seine Augen glühten vor Zorn. Trotz seiner ungelenken Bewegungen zerschmetterte er einige der Flatterflügler mitten im Flug. Jede Berührung mit ihnen schien ihm jedoch irrsinnige Schmerzen zu bereiten, denn immer wieder heulte er, vor Wut und Pein zugleich, auf.
»Nicht nachlassen, Ihr Herren!«, kommandierte der Angeber seine tapfere Schar. »Auf ihn mit der Macht des Lichts!«
Laura war weder zu einer Bewegung noch zu einem Gedanken fähig. Stumm und starr wie eine Statue stand sie da und beobachtete, wie sich der Schwärm der Flatterflügler neu formierte und gleich einem leuchtenden Pfeil auf das Schattenwesen zuraste. Das Licht, das sie verströmten, war so gleißend hell, dass das Mädchen die Augen mit der Hand beschatten musste.
Und da war es um den Graumahr geschehen. Er kreischte laut auf und wälzte sich mit wildem Zucken auf dem Boden, bevor er sich nach und nach in nichts auflöste wie ein Vampir, dem die Strahlen der Sonne den Garaus machen.
»Verdammt!« Mit wutverzerrter Fratze wich Syrin von dem Sehenden Kristall zurück, der ihr und Borboron die Vorgänge um Laura offenbart hatte. »Verflucht sollen sie sein, diese Kreaturen des Lichts! Ohne sie wäre es jetzt um das Balg geschehen.«
»Langsam gebe ich die
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