Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
dürfen!«
Alienor erbleichte.
O h nein!
Gurgulius trug das blonde Mädchen vom Menschenstern! Laura, die Kelchträgerin, der sie, Alienor, bereits vor einigen Monden auf der Dunklen Festung begegnet war. Und nun war auch sie in den Fängen des Schwarzen Fürsten. Damit war ihr Schicksal besiegelt! Und das ihres Vaters natürlich auch, denn ohne Lauras Hilfe würde er den Kerker des Tyrannen nicht lebend verlassen.
Die Stimme ihrer Herrin riss Alienor aus den schrecklichen Gedanken. »Hast du nicht gehört, was unser Gebieter befohlen hat?«, herrschte die bleiche Frau sie zornig an. »Worauf wartest du noch?«
Eilends wandte Alienor sich ab und wollte eben ins Burginnere huschen, als ihr auffiel, dass etwas nicht stimmte. Zögernd verharrte sie und spähte zu dem leblosen Bündel in den Krallen des Drachen hinüber. Laura hatte ihr Haar lang getragen, bis hinunter auf die Schultern. Gurgulius’ Opfer jedoch hatte einen kurzen Schopf wie ein Junge. Er war von dem gleichen Blond wie der ihres Bruders. Und auch sein ledernes Beinkleid sah genauso aus wie die Hosen von Alarik.
Alienors Herz begann schneller zu schlagen. Das Blut stieg ihr in den Kopf und dröhnte in ihren Ohren wie ein wilder Schwarm von Stachelhornissen. Es überlief sie heiß und kalt, während sie voller Entsetzen auf den Drachen starrte.
Sein grün geschuppter Leib schimmerte im Schein der untergehenden Sonne. Mit weit aufgerissenen Mäulern flog er unter heiserem Gebrüll auf den Balkon zu, stellte die Schwingen auf und verharrte vor der Brüstung. Dann streckte er die Vorderbeine und ließ seine Beute achtlos zu Boden fallen. Stinkender Drachenodem schlug Alienor ins Gesicht, als Gurgulius zum Abschied einen lauten Schrei hören ließ. Dann drehte er ab, schraubte sich kraftvoll in die Höhe und flog davon.
Der Fhurhur blickte dem Untier mit Wohlgefallen nach, bis es in den düsteren Wolken verschwunden war, die ständig über der Burg hingen.
Borboron dagegen eilte auf die leblose Gestalt zu, die mit dem Gesicht nach unten auf den Marmorfliesen des Balkons lag. Hastig kniete er sich nieder und drehte den Unglücklichen um. Einen Herzschlag später jedoch sprang er wie von einem Giftschleicher gestochen wieder auf und starrte den Fhurhur mit wutverzerrtem Gesicht an. Rote Höllenglut leuchtete in seinen Augen. »Verflucht!«, schrie er. »Wie konnte das passieren?«
Alienor aber war, als bliebe ihr Herz stehen. Sie musste sich auf die Zunge beißen, um ihren Schmerz nicht laut hinauszuschreien.
A larik!
Es war ihr B ruder
Ein Schemen kam aus dem Dunst auf Laura zu. Sie fuhr zurück und schnappte nach Luft. Alles in ihr schrie nach Flucht. Schon wollte sie in panischer Angst davonstürzen, als sie das seltsame Wesen erkannte, das aus den Nebelschlieren auf sie zuhüpfte.
»Oh nein, ich fasse es nicht!«, stöhnte Laura auf. »Du hast mich zu Tode erschreckt, Malhiermalda!« Sie ging vor dem merkwürdigen Wesen in die Knie und schloss es in die Arme. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein großer blauer Ball. Beim zweiten Hinsehen jedoch war zu erkennen, dass es sich bei dem Ballon lediglich um einen riesigen Kopf handelte, der auf einem winzigen Rumpf saß. Sechs dünne Sprungbeine und zwei noch dünnere Armchen gingen davon ab.
Als sei ihm das Ganze überaus peinlich, wand sich das seltsame Geschöpf aus der Umarmung, sprang drei Schritte zurück, bevor es erneut auf das Mädchen zuhüpfte.
Laura starrte den Platzwechsler voller Verwunderung an. »Ich fasse es einfach nicht – du lebst?«
»Was denn sonst? Was denn sonst?« Aufgeregt sprang der Mutari vor ihr nach links und dann nach rechts. »Oder glaubst du, einen Geist vor dir zu haben?«
»Ähm –«, hob Laura stotternd an, wurde aber sofort wieder unterbrochen.
»Ich würde es vorziehen – Und wie! Und wie! – , wenn wir unser Gespräch an einem gemütlicheren Ort fortsetzen könnten. Oder hattest du nicht vor – Oh, oh! –, ein Feuer zu entfachen?«
Wenig später brannte ein helles Lagerfeuer auf der Lichtung. Im Schein der lodernden Flammen wirkte der Wald weniger bedrohlich, und auch die Nebelschwaden hatten sich fast vollständig aufgelöst. »Ein Glück«, sagte Laura und nahm einen Schluck von dem würzigen Tee, den sie aufgebrüht hatte. »Der war ja richtig unheimlich.«
»Wer?« Malhiermalda sah sie mit seinen runden Kulleraugen erstaunt an. Offensichtlich hatte er ihr nicht richtig zugehört, während er unruhig um das Feuer gehüpft war. Dass er
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