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Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige

Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige

Titel: Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freund
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lichtete sich, und der schmale Weg wurde nun von lichtem Mischwald gesäumt. Er erinnerte Laura an die Wälder rings um Ravenstein, auch wenn die Laub- und Nadelbäume, die hier standen, ihr beinahe zur Gänze unbekannt waren. Nur die knorrigen Trotteleichen und schlanken Weinbuchen, auf die Alarik sie am Vortage hingewiesen hatte, erkannte sie an den Blättern und Früchten wieder. Im leichten Trab ritt sie unter den Baumwipfeln dahin, die sich wie ein grüner Baldachin über den wenig benutzten Pfad spannten, bis sich eine kleine Senke vor ihr auftat. Für einige hundert Meter fiel der Steig leicht ab, um dann wieder gemächlich bergan zu führen.
    Dunst stieg zwischen den Bäumen jenseits der Talmulde auf. Wie die wabernden Finger einer riesigen Hand strichen die Nebelschlieren durch die Kronen. Laura wurde klar, dass sie das gesetzte Tagesziel vor Einbruch der Dämmerung nicht mehr erreichen würde. Der Wald erstreckte sich bis zu einer Hügelkette am Horizont, wo bereits das Abendlicht leuchtete. Ob jenseits der Erhebung die weite Grasebene begann, die die Grenze zum Hochland von Karuun markierte, von der Alarik ihr auf dem Ritt zum Fatumgebirge erzählt hatte?
    Sturmwind verlangsamte den Schritt und ließ ein unwilliges Schnauben hören. Mir reicht’s!, schien er seiner Herrin sagen zu wollen. Lass uns rasten und morgen weiter reiten!
    Laura zog die Zügel an. Gar kein dummer Vorschlag, überlegte sie. Es ist bestimmt besser, jetzt nach einem Lagerplatz zu sehen, als nach Einbruch der Dunkelheit im Wald umherzuirren. Zudem musste sie dringend einen Wasserlauf finden, an dem sie ihre zur Neige gehenden Trinkvorräte auffüllen könnte. »Mir soll’s recht sein, Sturmwind«, antwortete sie deshalb ihrem Schimmel und lenkte ihn hinunter ins Tal.
    Leider war dort nicht die geringste Spur eines Gewässers auszumachen. Dafür erspähte Laura einige Schritte abseits des Weges eine kleine Lichtung. Der verträumte Platz war von hohen Bäumen gesäumt und mit weichem Gras und Blumen bewachsen. Das dichte Gebüsch, das die Nordseite säumte, bot gewiss Schutz vor kaltem Nachtwind. Laura beschloss, ihr Lager davor aufzuschlagen, und lenkte ihr Pferd dorthin.
    Nachdem sie Sturmwind abgesattelt hatte, befreite sie ihn von der Trense, damit er besser grasen konnte. Dann breitete sie die Decken aus und überprüfte ihren Proviant. Er würde noch ein paar Tage reichen. Nur die Trinkvorräte bereiteten ihr Sorgen. Die Wasserflasche war nur noch halb voll. Sie besänftigte den gefräßigen Swuupie mit einem Duftapfel, ließ sich auf der Decke nieder und hing ihren trüben Gedanken nach. Wie ein lähmendes Tuch legte sich ein Gefühl der Einsamkeit über sie. Sie fühlte sich von aller Welt verlassen und ganz allein. Und genau das bin ich ja, begriff sie. Ich bin ganz auf mich selbst gestellt! Sie konnte sich nicht daran erinnern, so etwas zuvor erlebt zu haben. So weit sie zurückdenken konnte, hatte es immer jemanden gegeben, der ihr zur Seite gestanden hatte.
    Ihre Eltern.
    Ihr Bruder.
    Ihre Freunde.
    Und natürlich auch die anderen Wächter. Noch niemals war sie so allein gewesen wie in diesem Moment.
    Mit großen Augen starrte Laura vor sich hin. Wie soll das nur weitergehen?, dachte sie bekümmert. Wie soll ich meine Aufgabe bewältigen, wenn ich mich nach nur einem Tag des Alleinseins schon so entsetzlich einsam fühle? Fast unbemerkt kroch die Kälte in ihre Glieder. Sie schlotterte und klapperte mit den Zähnen, nahm es jedoch gar nicht wahr. Wie unsichtbare Geister schlichen sich Worte in ihren Kopf und hallten darin wider:
    A llein! A llein! A llein!
    Wieder und wieder vernahm sie das Flüstern ihrer Gedanken: A llein! A llein! A llein!
    Da war ihr, als könne sie ein Raunen hören, klar und deutlich, auch wenn es kaum lauter war als ein Hauch, den der Wind an ihre Ohren trug. Überrascht hob das Mädchen den Kopf – und da erst bemerkte es den Nebel, der zwischen den Bäumen aufgezogen war.
    Komisch, dachte Laura, wo kommt der denn so plötzlich her? Noch vor wenigen Augenblicken war die Luft klar, und jetzt wabern Schleier im Geäst wie ein dunkler Raubvogel, der immer engere Kreise um seine Beute zieht. Zudem wird es immer kälter – gerade so, als habe der Dunst jegliche Wärme von der Lichtung gesogen.
    Und dann kamen Worte aus dem Gewölk:
    » A llein! A llein! A llein!«
    Lauras Nackenhaare stellten sich auf. Gänsehaut prickelte über ihre Arme, als sie sich tiefer in das Lederwams verkroch.
    Sturmwind

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