Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
seinem Gelächter anstecken. Nur aus den Gesichtern der Frauen wollte die Traurigkeit nicht weichen.
»Lass dich nicht ärgern, Laura!« Eileena schenkte Laura ein aufmunterndes Lächeln. »Venik meint es bestimmt nicht so. Schließlich weiß er ganz genau, dass du ihm das Leben gerettet hast – genau wie Alarik das deine.« Sie seufzte. »Du bist offensichtlich genauso mutig, wie er es gewesen ist, Laura.« Ihr verschleierter Blick schweifte in die Ferne, bevor sie sich wieder den Besuchern zuwandte. »Ich würde mich freuen, wenn ihr meine Gäste sein würdet und die Nacht hier bei uns im Dorf verbringt. Es kann schließlich nicht schaden, jemanden in seiner Mitte zu haben, der mit Waffen umzugehen weiß.«
»Darauf würde ich nur allzu gerne verzichten. Aber ich vermute, dass Ihr diese Bemerkung nicht ohne Grund gemacht habt.«
»Du bist nicht nur tapfer, Laura, sondern auch klug.« Dann berichtete Eileena von einem Überfall, der erst fünf Tage zurücklag. Sklavenjäger waren im Schutz der Nacht über die Dorfbewohner hergefallen wie ein Rudel reißender Klauenmorks. Die wehrlosen Dörfler, allesamt friedliebende Bauern, hatten den schwer bewaffneten Kriegern nichts entgegenzusetzen. Nach nicht einmal fünf Minuten hatten die Jäger alle Männer und Knaben auf dem Dorfplatz zusammengetrieben wie eine Herde Vieh, die zur Schlachtbank geführt werden soll. Nur dass die Gefangenen nicht der Tod, sondern die Sklaverei erwartete, auch wenn das aufs Gleiche hinauslief.
»Die Ärmsten«, bemerkte Laura voller Bedauern. »Wisst ihr zufällig, wohin man sie verschleppt hat?«
»Wahrscheinlich haben sie das gleiche Schicksal erlitten wie all die Unglücklichen vor ihnen. Es war nicht das erste Mal, dass die Sklavenjäger hier aufgetaucht sind. Die Männer werden in die Erzminen des Schwarzen Fürsten verschleppt.« Die Alte brach ab und blickte nachdenklich vor sich hin. »Was mit den Knaben geschieht, wissen wir nicht«, sagte sie dann.
Eileenas Gesicht zeigte Ratlosigkeit. »Borboron muss sich eine neue Teufelei ausgedacht haben. Zur Arbeit in den Minen taugen die Jungen nicht. Bei der schweren Plackerei würden sie wie die Fliegen sterben, und so müssten sie, kaum dass sie die nötigen Handgriffe beherrschen, wieder durch Neulinge ersetzt werden.«
Klingt einleuchtend, dachte Laura. Was aber kann der Anführer der Dunklen Mächte stattdessen im Schilde führen? Wozu braucht er die Jungen? »Habt Ihr nicht wenigstens eine Vermutung, was mit ihnen geschehen wird?«
»Schon. Allerdings ist die mehr als vage.« Bedächtig wiegte Eileena den Kopf. »Möglicherweise hat es etwas mit ihrer Größe zu tun.«
Laura verstand nicht, was die Alte meinte. »Mit der Größe der J ungen, meint Ihr?«
»Genau. Sie sind kleiner und schmaler als ausgewachsene Männer – und vielleicht ist genau das der Grund, weshalb die Sklavenjäger sie gefangen haben.«
»Aber…« Laura starrte sinnierend vor sich hin. »Wobei könnte Borboron denn die schmächtige Statur der Jungen von Vorteil sein?«
Keine der Frauen schien auch nur die geringste Ahnung zu haben, und auch Eileena konnte die Frage nicht beantworten. »Ich weiß es nicht, Laura. Wirklich nicht.«
»Und außerdem«, überlegte das Mädchen laut, »warum haben sie dann die Mädchen verschont? Die sind doch noch zierlicher als Jungen?«
»Aber in der Regel auch wesentlich schwächer als sie«, gab die betagte Magd zu bedenken.
»Mit Ausnahme von Laura natürlich.« Das war Venik, der sich einen bissigen Kommentar offensichtlich nicht verkneifen konnte. »Die nimmt es mit jedem Jungen auf, und zwar spielend!«
Bevor Laura ihm antworten konnte, wies Eileena den vorlauten Magier zurecht. »Dir wird der Spott schon noch vergehen. Spätestens dann, wenn du den Sklavenjägern in die Finger fällst.«
Venik schwieg und senkte zerknirscht das Haupt.
Eileena wandte sich wieder Laura zu. »Ich weiß ja nicht, was ihr beiden vorhabt. Aber wenn ich euch einen Rat geben darf, dann solltet ihr eine Weile bei uns bleiben. Hier seid ihr in Sicherheit, denn ich glaube nicht, dass die Sklavenjäger unser Dorf in naher Zukunft erneut heimsuchen.«
Das Angebot klang wirklich verlockend. Allerdings… »Das geht leider nicht«, antwortete Laura mit gequältem Lächeln. »Jedenfalls nicht bei mir.«
Venik sah enttäuscht aus. »Und warum nicht?«
»Weil ich eine Aufgabe zu erfüllen habe«, erklärte Laura ruhig.
»Und?« Der Junge wirkte ungeduldig. »Kannst du uns auch verraten,
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