Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
Grundschule durch die Reihen ihrer Freundinnen gegangen waren. Wunderlich geformte Muscheln waren zwischen ihnen verstreut. Sie leuchteten in einem knalligen Rot und besaßen eine fast symmetrische Herzform. Als es unter der Oberfläche der Schalen plötzlich zu pulsieren begann, bekam Laura einen Schreck und verschluckte sich.
Prustend tauchte sie auf. Als sie endlich wieder Luft bekam, wollte sie sich eben nach ihrem Begleiter umsehen, als sie eine junge Frau bemerkte, die in einiger Entfernung im seichten Wasser stand. Sie trug ein schlichtes weißes Kleid und hatte ihr den Rücken zugewandt. Als die Frau sich zu ihr umdrehte, konnte Laura erkennen, dass sie ein Baby auf dem Arm trug. Laura hielt den Atem an. Es war ihre Mutter! Und das Kind glich dem Kind, das sie auf dem Wasserspiegel des Sees im Fatumgebirge erblickt hatte!
Anna Leander lächelte und winkte Laura einladend zu, während sie weiter in den See hineinschritt. Komm, Laura, schien sie ihr bedeuten zu wollen, komm und folge mir!
Lauras Beine bewegten sich wie von selbst. Von einer unsichtbaren Macht geleitet, folgte das Mädchen der Frau mit dem Baby, die immer weiter ins Wasser hineinging und plötzlich unter die Oberfläche tauchte.
Laura folgte ihr. Sie glitt hinunter und erblickte Anna, die ein gutes Stück vor ihr mit ruhigen Schwimmzügen dem Grund des Sees entgegenstrebte. Das Baby schwamm direkt an ihrer Seite. Seine Bewegungen waren die eines geübten Schwimmers. Immer weiter tauchten die beiden dem Seegrund entgegen, von dem ein magischer Sog auszugehen schien.
Laura konnte nicht anders. Sie musste ihnen einfach folgen. Da spürte sie einen Klammergriff im Nacken. Mit Gewalt wurde sie aus dem Wasser gerissen.
K apitel 12 Der
See der
Erinnerung
er Anruf bei der Hohenstädter Friedhofsverwaltung brachte Lukas keinen Schritt weiter. »Tut mir Leid«, sagte die freundliche Angestellte. »Aber bei uns ist keine Lea Mano bestattet.«
»Sind Sie sicher?«
»Natürlich. Unsere Unterlagen reichen mehr als hundert Jahre zurück, und seitdem ist auf unserem Friedhof keine Frau mit diesem Namen beerdigt worden. Und aus der Zeit davor existieren keine Gräber mehr.«
Lukas bedankte sich und beendete das Gespräch. Er stützte das Kinn auf die Hand und starrte grübelnd auf seinen Schreibtisch. Eigenartig, überlegte er. Der Professor hat das bestimmt nicht ohne Grund gesagt. Im Gegenteil: Dass er mir diesen Auftrag trotz seiner misslichen Lage erteilt hat, beweist doch, wie ungeheuer wichtig er ihm war. Fragt sich nur, was sich dahinter verbirgt.
Dass es sich um eine verschlüsselte Mitteilung handeln musste, war Lukas längst klar geworden. Schließlich wollte der Direktor mit Sicherheit alles daransetzen, sie dem Kommissar zu verheimlichen.
Andererseits glaubte Morgenstern offensichtlich, dass Lukas den versteckten Hinweis ohne größere Probleme entschlüsseln könnte. Aber es war wie verhext! Sosehr der Junge sein Superhirn auch anstrengte, er fand keine Erklärung für die kryptischen Worte.
»Lea Mano, Lea Mano«, murmelte er vor sich hin, während er den Namen auf einen Notizblock kritzelte. »Lea Mano.«
Handelte es sich am Ende gar nicht um eine Frau? War vielleicht etwas ganz anderes damit gemeint?
Verzweiflung stieg in Lukas auf. Der Gedanke, dass er den sicherlich überaus wichtigen Hinweis des Direktors nicht verstand und den Professor oder sich selbst dadurch vielleicht noch zusätzlich in Gefahr brachte, peinigte ihn so sehr, dass er schon fürchtete, wahnsinnig zu werden.
»L ass mich los, verdammt noch mal!«, schrie Laura. Doch der Mann, der sie inzwischen in die seichte Uferzone gezogen hatte, hielt sie eisern fest, mochte sie auch noch so wild strampeln und um sich treten. »Loslassen, sofort!« Damit schlug sie mit den Fäusten auf ihn ein. »Ich will zu meiner Mutter!«
»Glaub mir: Deine Mutter ist nicht hier«, sprach der Mann mit sanfter Stimme. »Ganz bestimmt nicht«, sagte er mit Nachdruck.
»Doch!« Laura deutete auf das Wasser. »Dort hinten im Wasser! Sie taucht!«
»Tatsächlich?« Die großen grünen Augen des Mannes blickten ernst. »Hast du schon einmal erlebt, dass jemand so lange unter Wasser bleibt?«
»Ähm«, machte Laura überrascht und spähte zu der Stelle, wo die Mutter in den See getaucht war. Weder dort noch sonst wo war die geringste Spur von Anna und dem Baby zu entdecken.
»A… Aber…«, stammelte das Mädchen und bemerkte, dass ihm gegen seinen Willen Tränen in die Augen
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