Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts
Eine
freudige
Nachricht
er Hüter des Lichts erhob sich von seinem schlichten Thronsessel, der in der Nähe des Kamins stand, und trat auf Paravain und Morwena zu. Sein faltiges Gesicht strahlte um die Wette mit dem goldenen Amulett, das er an einer Kette um den Hals trug. Das Rad der Zeit, so wurde der kreisrunde Anhänger mit den acht stilisierten Speichen genannt. Die Lichtalben hatten ihn zu Anbeginn der Welten aus dem gleichen Metall wie den Kelch der Erleuchtung geschmiedet. Seither wurde das Amulett vom jeweiligen Hüter des Lichts getragen und verlieh diesem große Kräfte, die ihm das Erfüllen seiner Aufgabe erleichterten.
»Das ist fürwahr erfreuliche Kunde«, sagte Elysion. »Ich hoffe sehr, dass endlich die Zeit gekommen ist, die uns und ganz Aventerra auf Dauer Frieden und Eintracht bringt. Die Bewohner des Menschensterns dürften sich über friedvolle Tage genauso freuen wie wir.«
»Ganz bestimmt, Herr«, antwortete Morwena. »Die meisten Menschenkinder sind das endlose Unheil schon lange leid, welches das Böse ständig in ihrer Welt anrichtet!«
»Das glaube ich auch«, sagte Paravain hastig. Er warf der Heilerin einen verstohlenen Blick zu. »Und dann wäre da noch etwas, Herr«, hob er an, brach aber sofort wieder ab und räusperte sich, weil er plötzlich einen Frosch im Hals verspürte. »Wir … ähm … wir …«
»Ja?« Der Hüter des Lichts trat näher an die jungen Leute heran und lächelte ihnen entgegen. »Wollt ihr mir noch etwas sagen? Nur heraus mit der Sprache, Paravain!«
Obwohl der Ritter zahllose Schlachten geschlagen und den größten Gefahren getrotzt hatte, schien diese Aufgabe seine Kräfte zu übersteigen. Er machte einen weiteren Versuch, doch erneut versagte ihm die Stimme. Ein krächzendes »Äh-Äh-Ähm« war alles, was er hervorbrachte.
Die Heilerin sprang ihm zur Seite, auch wenn sie dabei aufs Heftigste errötete. »Es verhält sich nämlich so, Herr«, begann sie scheu. »Paravain und ich, wir …« Sie warf dem jungen Ritter einen schnellen Blick zu, bevor sie sich wieder ihrem Gebieter zuwandte. »… wir haben beschlossen, uns zu vermählen!«
»Na endlich!« Ein Leuchten zog über Elysions Antlitz, als würde die Sonne darauf aufgehen. »Ich hatte schon befürchtet, ihr würdet diesen längst überfälligen Schritt nie wagen!« Damit trat er an Morwena heran, nahm ihren Kopf in seine Hände und küsste sie auf die Stirn, um dann dem jungen Ritter die Hand segnend aufs Haupt zu legen. »Möge die Kraft des Lichts mit euch sein und euren zukünftigen Bund mit Liebe und Glück erfüllen«, wünschte er feierlich. »Meinen Segen habt ihr jedenfalls. Habt ihr euren Familien die frohe Kunde schon überbracht?«
»Natürlich!«, antwortete Morwena. Sie hatte ihrem Vater, König Rumor von den Nebellanden, bereits vor zwei Wochen eine entsprechende Botschaft übersandt. Den Termin für das große Ereignis hatte sie ihm allerdings bislang verschwiegen.
Der Hüter des Lichts sah die beiden mit wissendem Ausdruck an. »Lasst mich raten«, sagte er. »Ihr wollt das große Versprechen in der Mittsommernacht ablegen – oder sollte ich mich da täuschen?«
»Nein, Herr«, antwortete Morwena. »Ihr habt richtig geraten.« Sie lächelte. »Obwohl, so schwer war das auch nicht, oder?«
Weise lächelnd schüttelte Elysion das ergraute Haupt. »Einen besseren Zeitpunkt konntet ihr gar nicht auswählen. Am längsten Tag im Jahreskreis ist die Macht des Lichts am größten. Wenn zudem, wie in diesem Sommer, in derselben Nacht auch noch unsere beiden Monde voll am Himmel stehen, kommen die Kräfte dieses Tages umso stärker zur Entfaltung. Was in dieser Mittsommernacht geschieht, steht im Zeichen des vollen Lichts. So wird euer Bund genauso gesegnet sein wie die Herrschaft der neuen Einhornkönigin Smeralda, die in dieser Nacht die Nachfolge ihrer Mutter Silvana antritt.«
Bis Mittsommer gab es allerdings noch eine Menge zu tun. Morwena und Paravain berichteten Elysion von ihren Plänen: Sie wollten König Rumor einen Besuch abstatten, damit der junge Ritter ihn offiziell um die Hand seiner Tochter bitten konnte. Auch wenn es keinerlei Zweifel an seiner Zustimmung gab, wollten sie der alten Sitte Genüge tun. Außerdem freute sich nicht nur Morwena, sondern auch Paravain darauf, den König der Nebellande endlich einmal wiederzusehen.
Rumor von Rumorrögk war nämlich ein enger Freund seiner Eltern gewesen: König Artas und Königin Gunivain. Diese hatten über das
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