LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
Zeitung zusammen und warf sie achtlos auf den leeren Stuhl neben sich. »Komische Sache, das.«
»Findest du?« Anna sah ihren Mann fragend an. »Für mich hört sich die Erklärung der Polizei ganz plausibel an.«
»Das meine ich gar nicht.« Marius schüttelte den Kopf. »Möglicherweise stecken dahinter tatsächlich nur irgendwelche harmlosen Spinner. Andererseits liegt der Friedhof mitten in der Stadt. Nicht weit von der Universitätsbibliothek entfernt, die du ja bestens kennst.«
»Und ob!« Anna nickte. »Schließlich habe ich da große Teile meiner Diplomarbeit verfasst.«
»Auch das Penthouse, in dem dieser schreckliche Maximilian Longolius gewohnt hat, befindet sich ganz in der Nähe«, warf Laura ein. Schon beim bloßen Gedanken an den unheimlichen Alchemisten und Totenbeschwörer standen ihr die Haare zu Berge. Dabei lag ihre letzte Begegnung schon fast vier Jahre zurück.
»Auch das ist richtig«, betätigte der Vater. »Deshalb wundere ich mich ja auch. Warum stiehlt jemand eine Urne aus einem innerstädtischen Friedhof und läuft dabei Gefahr, jeden Moment von einem zufällig vorbeikommenden Nachtschwärmer ertappt zu werden?«
»Vielleicht war der Täter nicht mehr ganz nüchtern?«, vermutete Anna. »Oder er hat sich weiter nichts dabei gedacht und es nur aus Jux und Tollerei getan, wie die Polizei annimmt.«
»Kann ich mir nur schwer vorstellen«, widersprach Lukas. »›Störung der Totenruhe‹, wie das Delikt im juristischen Sprachgebrauch genannt wird, ist schließlich kein Pappenstiel und wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet. Und was diesen Satanismus-Verdacht betrifft: Die meisten Berichte darüber sind maßlos übertrieben.
Zudem habe ich noch nie gehört, dass echte Satanisten bei ihren Ritualen mit Urnen herumfuhrwerken.«
Anna musterte ihren Sohn nachdenklich. »Vielleicht waren die Diebe ja gar nicht auf eine Urne aus, sondern haben sie nur zufällig mitgehen lassen. Aus Frust, weil sie in der Gruft nichts Wertvolles gefunden haben.«
»Aber, Mama!« Laura sah ihre Mutter vorwurfsvoll an. »Nur ein Idiot vermutet Wertsachen in einer Gruft. Zudem gibt es keine Zufälle, wie wir sehr genau wissen. Nichts geschieht ohne Grund, auch wenn wir den nicht auf Anhieb begreifen.«
Anna runzelte die Stirn. »Dann glaubst du also, dass es ein handfestes Motiv für diese hanebüchene Tat geben muss?«
»Selbstverständlich«, erwiderte Laura. »Und ich vermute sogar, dass ein enger Zusammenhang zwischen diesem Urnendiebstahl und dem heutigen Tag besteht.«
»Dem heutigen Tag?« Anna schüttelte verwirrt den Kopf. »Würdest du mich bitte mal aufklären und nicht ununterbrochen in Rätseln reden?«
»Sorry, Mama. Ich dachte, du wüsstest Beschei-«
»Das ist lieb von dir«, unterbrach Anna. »Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, was an dem heutigen Tag so besonders sein soll. Es ist eben nicht jeder so allwissend wie dein superkluger Bruder«, fügte sie noch rasch hinzu.
Während Lukas so breit grinste wie ein lebendig gewordenes Smiley – das Lob aus dem Mund der Mutter schmeckte ihm offensichtlich noch süßer als der süßeste Honig –, holte Laura tief Luft und kramte rasch alles zusammen, was sie über die besondere Bedeutung des dreißigsten April im mythologischen Jahreskreis wusste. »Heute wird Beltane gefeiert, ein uraltes Feuerfest, das von jeher in der Nacht zum ersten Mai begangen wird. Seine ursprüngliche Bedeutung ist längst
in Vergessenheit geraten. Unser heutiges Maifest ist nämlich nur noch ein müder Abklatsch der ehemaligen Beltane-Feier und ist in der Regel zu einem reinen Vorwand für sinnlose Besäufnisse verkommen.«
»Und früher war das anders?«
»Natürlich, auch wenn sich die Ursprünge des Beltane-Festes im Nebel der Geschichte verlieren. Man vermutet jedoch, dass die Menschen in früheren Zeiten überzeugt waren, dass sich in dieser Nacht die Grenzen zwischen den Welten öffnen und man in Kontakt mit Geistern und Dämonen treten kann.«
»Brrr.« Anna schüttelte sich theatralisch. »Wie unheimlich.«
»Du sagst es.« Laura lächelte gequält. Sie merkte, dass sich längst verdrängte Ereignisse in ihrem Unterbewusstsein zu regen begannen. »Zu diesem Zweck hat man an ganz besonderen Orten, die nur den Eingeweihten bekannt waren, riesige Feuer angezündet. Die sollten nämlich den Übergang zwischen der ›Dies- und Anderswelt‹ ermöglichen. «
»Und das hat tatsächlich funktioniert?«
»Das hat es, Mama. Ich habe es
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