LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
Geräusche. »Jetzt bleib doch mal stehen, verdammt noch mal«, herrschte Laura ihn an. »Du machst ja mehr Krach als eine Herde Trampeltiere.«
Lukas erstarrte und musterte sie verwundert. »Wie denn jetzt? Eben hast du noch gesagt, ich soll mich beeilen, und jetzt soll ich plötzlich stehen bleiben. Latus liegt völlig richtig: Man kann dir einfach nichts recht machen!«
»Still jetzt«, erwiderte Laura nur. Dann eilte sie auf die Kellertür zu und riss sie mit einem Ruck auf.
In diesem Augenblick erklang das Geräusch ein weiteres Mal – und da endlich konnte Laura es verstehen: Es war tatsächlich ein Hilferuf. Ein mehrstimmiger Hilferuf, der kläglich aus der dunklen Tiefe zu ihr heraufklang.
»Hilfe! So helft uns doch. Wir sind hier unten!«
Nur fünf Minuten später hatten Laura und Lukas ihre Mitschüler entdeckt. Sie saßen auf dem Boden eines versiegten Brunnens, der vielleicht fünf Meter tief war, gut zweieinhalb Meter Durchmesser aufwies und sich im hintersten Kellerraum befand. Merkwürdig: Wie waren sie bloß dort hinein gelangt? Dass sie in den Schacht gestürzt waren, war ziemlich unwahrscheinlich. Zum Glück schienen sie nicht verletzt zu sein, zumindest nicht äußerlich. Als das Licht der Taschenlampen auf die Gesichter der Gofen fiel, kniffen sie reflexartig die Augen zu. Offensichtlich hatten sie Stunden, wenn nicht sogar Tage in absoluter Dunkelheit verbracht. Sie machten einen völlig erschöpften Eindruck und schienen am Ende ihrer Kräfte. Merkwürdigerweise waren sie nur noch zu viert: zwei Mädchen und zwei Jungen. Vom dritten Jungen dagegen war nicht die geringste Spur zu entdecken.
Als Ellerking seine Haustür öffnete und in den winzigen Flur seiner Zweiraumwohnung trat, war darin alles dunkel. Nirgendwo brannte Licht. Dafür schlugen ihm zwei Düfte entgegen, die ihn angeekelt das Gesicht verziehen ließen. Der muffige Geruch von feuchter Erde, den dieser Feuerkopf von Wiedergänger verbreitete, war schlichtweg eine
Beleidigung für seine feine Nase. Aber leider roch auch sein neuer Herr und Meister nicht sehr viel besser. Eher im Gegenteil: Avataris verströmte sogar einen noch strengeren Schwefelduft als die Große Meisterin, die Albin schon allein aus diesem Grunde nicht ausstehen konnte. Aber dafür besaß der schwarze Dämon weitaus bessere Manieren. Weil er sich über viele Jahre unter den Menschen bewegt und sich die entsprechenden Umgangsformen angeeignet hatte, während bei Syrin offensichtlich weder das eine noch das andere der Fall gewesen war.
Der Dämon und der Rote Tod hatten es sich in dem großen Raum bequem gemacht, der dem Gärtner gleichzeitig als Küche, Wohn- und Schlafzimmer diente. Sie saßen am groben Holztisch, der in der Mitte des Zimmers genau unter der altertümlichen Deckenlampe stand, hatten eine fast leere Flasche Wein und zwei Gläser vor sich und sahen ihn erwartungsvoll an.
»Da ist er ja endlich!« Der Rote Tod klang spürbar ungehalten. »Wir dachten schon, er taucht überhaupt nicht mehr auf.«
Obwohl Albin bemerkte, dass ihm der Kamm schwoll – die ewigen Nörgeleien des Wiedergängers gingen ihm nämlich gewaltig auf den Wecker! –, schluckte er seinen Ärger hinunter. »Beklagt euch nicht bei mir, sondern bei den beiden Blagen«, gab er so ruhig wie möglich zurück. »Es ist schließlich nicht meine Schuld, dass sie sich so viel Zeit gelassen haben. Und dann musste ich ja auch noch Frau Taxus meine Aufwartung machen, nicht wahr?« Ellerking tapste zum Schalter und knipste das Licht an. Dabei sah er im Dunkeln mindestens genauso gut wie seine Gäste. Aber in der langen Zeit, die der Nachtalb nun schon unter den Menschen weilte, hatte er auch deren Gewohnheiten angenommen, und so verbrachte er die Abende meistens im warmen Schein der Lampe, auch wenn er die gar nicht gebraucht hätte. Er holte ein Glas aus dem Schrank, setzte sich an den Tisch und goss
sich den kärglichen Rest Rotwein ein, den Avataris und Köpfer für ihn übrig gelassen hatten. Er hob das Glas an die Nase und sog genießerisch den Duft des Weines ein. Köstlich, einfach köstlich. Eine fast paradiesische Labsal im Vergleich mit den infernalischen Ausdünstungen seiner Gäste!
»Und?« Der schwarze Dämon starrte ihn an. »Hat Frau Taxus Nachricht aus Glaremore Castle erhalten?«
»Sehr wohl, Herr.« Ellerking nahm einen hastigen Schluck und räusperte sich. Obwohl er in seinem langen Nachtalbenleben schon so manchen Dämon gesehen hatte, konnte er sich einfach
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