LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
gesehen.«
»Es soll auch Wesen geben, die im Dunklen sehen können«, entgegnete Laura, überwand sich aber dann doch und folgte ihrem Bruder, der kurz entschlossen die Eingangstür aufstieß und in den Flur des alten Gebäudes trat.
Ein muffiger Geruch nach Staub und abgestandener Luft schlug ihr entgegen. Offensichtlich war der Strom abgestellt worden, denn der Lichtschalter funktionierte nicht. Zum Glück hatten sie an Taschenlampen gedacht, und so ließen sie deren Lichtkegel nun langsam durch die Dunkelheit wandern, die sich in der geräumigen Diele eingenistet hatte. Außer einer alten Garderobe und einem staubblinden Spiegel war darin kein weiteres Möbelstück zu erkennen. Spinnfäden hingen von der Decke und den Wänden, der schwarz-weiß geflieste Steinboden war von einer dicken Staubschicht bedeckt.
»Sieh mal, Laura!« Lukas richtete den Strahl seiner Lampe auf die Fußspuren, die sich im Staub abzeichneten. »Wir sind offensichtlich nicht die Ersten, die hier zu Besuch sind.«
Der Boden war mit unzähligen Schuhabdrücken übersät, die in alle Richtungen führten – in den dunklen Gang, der von der Diele abzweigte; zur Treppe hoch ins Obergeschoss und auf die stabile Holztür zu, bei der es sich dem Aussehen nach um die Kellertür handeln musste.
»Es waren mindestens vier oder fünf Personen, wenn nicht mehr«, vermutete Lukas, nachdem er die Spuren näher unter die Lupe genommen hatte. »Allerdings kann ich das nicht mit Bestimmtheit sagen. Die heimlichen Besucher können schließlich auch mehrere Male hier gewesen sein.«
Laura runzelte die Stirn. »Was die wohl gesucht haben?«
»Keine Ahnung.« Lukas schob die Brille, die ihm auf die Nasenspitze gerutscht war, wieder etwas zurück. »Schauen wir einfach mal nach.« Damit betrat er den Gang, von dem alle übrigen Räume des Erdgeschosses abgehen mussten.
Laura folgte ihm. Die Fußspuren führten in jedes der sechs Zimmer im Parterre des Hauses. In den ersten fünf Räumen war nichts zu entdecken. Bis auf einige klapprige Stühle und Regale, die längst auf den Sperrmüll gehört hätten, waren sie allesamt leer.
»Seltsam«, sagte Lukas. »Vor drei Jahren hat doch dieser Tephilos Sephem, der sich als Nachfahre des Erbauers von Ravenstein ausgegeben hat, über mehrere Wochen hier drin gewohnt. Es muss deshalb damals doch auch Möbel in dem Haus hier gegeben haben.«
»Ja und?«
»Wo sind die hingekommen? Sephem hat sie bestimmt nicht fortgeschafft. Der war doch nur eine der vielen Scheingestalten, die Maximilian Longolius angenommen hat, um seine wahre Natur zu verbergen. Aber Mister L ist bei der Explosion des Mausoleums ums Leben gekommen und kann das Mobiliar gar nicht abtransportiert haben!«
»Vielleicht hat er damals ja nur das obere Stockwerk bewohnt. Außerdem ist das völlig unwichtig. Wir suchen die Gofen und nicht irgendwelche alten Möbelstücke.«
»Was du nicht sagst.« Lukas klang etwas eingeschnappt. »Aber manchmal können auch scheinbar unbedeutende Nebensächlichkeiten von entscheidender Wichtigkeit sein. Das solltest du inzwischen doch gelernt haben, du Spar-Kiu.«
Laura ließ sich durch das Schimpfwort, das Lukas für geistig eher Minderbemittelte erfunden hatte, nicht provozieren und folgte ihrem Bruder in den nächsten Raum. Es war der größte der gesamten Etage und hatte früher wohl als Wohnzimmer gedient, wie der große offene Kamin an der Stirnwand vermuten ließ.
»Na, wer sagt’s denn?«, rief Lukas aus. »Welcome to the Party!«
Mitten im Zimmer stand ein großer Tisch, der von unzähligen leeren und halbvollen Flaschen übersät war: Bier, Wein, Schnaps und
Alkopops. Einige wenige Mineralwasserfläschchen verloren sich wie einsame Inselchen im Meer der Alkoholpullen.
»Oh Mann.« Lukas stöhnte fast mitleidig. »Deren Kater möchte ich nicht gehabt haben!«
»Selber schuld.« Laura blickte ihn fragend an. »Glaubst du, dass die Gofen das Gelage hier veranstaltet haben?«
»Keine Ahnung. Aber zutrauen würde ich es ihnen allemal. Und dass am Tisch genau fünf Stühle stehen, deutet ebenfalls darauf hin.«
Sie leuchteten den Raum weiter ab, konnten aber keine Möbelstücke mehr entdecken. Im riesigen Feuerloch des Kamins türmte sich ein großer Berg Asche. Sie war allerdings kalt, und so war nicht auszumachen, ob das Feuer erst unlängst oder schon vor längerer Zeit gebrannt hatte.
Dann aber machte Laura eine Entdeckung, die auf einen Schlag alles veränderte. In der hintersten Ecke des
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