LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
lediglich erzählt, was sie tatsächlich erlebt haben. Oder genauer ausgedrückt: erlebt zu haben glauben.«
»Davon bin ich auch überzeugt«, bekräftigte Lukas. »Dann muss es also einen anderen Grund dafür geben, warum sie das Bewusstsein verloren haben und sich nicht mehr daran erinnern können, was in der Beltane-Nacht tatsächlich geschehen ist.«
»Die Frage ist nur – welchen?« Laura zog ratlos die Schultern hoch. »Weißt du das vielleicht?«
»Noch nicht«, erwiderte ihr Bruder leichthin. »Aber auch das werden wir noch herausfinden. Wie hat Oma Lena immer gesagt? ›Wenn du nicht weiterweißt, dann gehe einfach dahin zurück, wo alles angefangen hat.‹ Stimmt’s oder habe ich recht?«
»Sehr witzig.« Laura holte tief Luft, um nicht die Beherrschung zu verlieren. »Und wo, bitte, hat diese Geschichte angefangen?«
» Wahrscheinlich dort, wo man Tims Auto gefunden hat – am Wolfshügel.« Ohne weitere Erläuterung wandte sich Lukas an Kaja. »Hast du eine Erklärung dafür, warum die Suchhunde gestern auf dem alten Friedhof verrückt gespielt haben?«
»Nö.« Kaja zuckte mit den Schultern. »Aber vielleicht stimmt ja, was die Hundeführer vermutet haben: dass der Fleisch- und Wurstgeruch von Ludwig Lose die empfindlichen Nasen der Tiere völlig durcheinandergebracht hat. Lose hat wirklich so intensiv gerochen, dass mir beinahe schlecht geworden ist.«
»Klar: Für einen Gemüse-Junkie wie dich muss das ja die reinste Hölle gewesen sein.« Lukas grinste. »Trotzdem halte ich das für abwegig. Lose hat diesen Kannibalen-Anlockduft doch bestimmt schon vorher verströmt und nicht erst auf dem alten Friedhof. Aber da die Hunde erst dort ausgerastet sind, muss es einen anderen Grund dafür geben.« Er blickte Kaja eindringlich an. »Ist dir vielleicht sonst noch was aufgefallen? Was anders war als sonst, meine ich?«
»Nicht dass ich wüsste.« Kaja knabberte nachdenklich an ihrer Unterlippe. »Höchstens vielleicht …«
»Ja?«
»In dem Grabhügel nahe beim großen Wacholderbusch war ein schmales Loch, das mit Sicherheit erst kürzlich ausgehoben wurde. Von einem Fuchs vielleicht oder von einem Dachs.«
»Was? Ich fasse es nicht!« Mit einem theatralischen Seufzer sank Lukas in sich zusammen. »Warum erzählst du uns das erst jetzt?«
»Weil mich niemand danach gefragt hat und ich es nicht weiter wichtig fand«, antwortete Kaja ungehalten. »Tim und seine Freunde konnten sich wohl kaum in dem kleinen Loch verstecken, oder?«
»Natürlich nicht! Trotzdem hättest du uns das sagen müssen. Deine Entdeckung ist vielleicht ungeheuer wichtig.« Lukas wandte sich an seine Schwester. »Findest du nicht auch?«
Während Kaja die Geschwister nur ratlos musterte, ging Laura plötzlich auf, dass Lukas tatsächlich auf der richtigen Spur war. Ihr Ärger auf ihren Bruder verflog augenblicklich und sie nickte ihm zu. »Absolut! Damit dürfte wohl feststehen, was wir heute nach Unterrichtschluss als Allererstes unternehmen, nicht wahr?«
Pinky Taxus saß am Schreibtisch ihres Büros im Lehrerhaus und starrte geistesabwesend vor sich hin. Einmal mehr war sie mit ihren Gedanken bei Dr. Quintus Schwartz, mit dem sie sich den kleinen Raum einstmals geteilt hatte. So viele Dinge darin erinnerten sie noch an ihren früheren Kollegen und dunklen Bruder, dass sie in regelmäßigen Abständen von einem Gefühl tiefer Trauer übermannt wurde. Dabei war Quintus schon fast drei Jahre tot! Trotzdem hatte Pinky es noch immer nicht übers Herz gebracht, seine Bücher aus dem Regal zu räumen. Auch die alte Uhr, die daneben an der Wand hing, hatte ihm gehört. Angeblich hatte der Uhrmacher – natürlich ebenfalls ein Dunkler – die verschnörkelten Zahlen auf dem als Ziffernblatt dienenden kreisrunden Spiegel aus den Knochen Verstorbener gefertigt und die Zeiger aus einer eingeschmolzenen Totenglocke gegossen, die er an einem Karfreitag aus der Friedhofskapelle des Vatikans entwendet hatte. Quintus hatte immer von den geheimnisvollen Fähigkeiten der alten Uhr gemunkelt, ihr aber nie verraten, worum es sich dabei handelte. Alle diesbezüglichen Fragen hatte er nur mit einem vieldeutigen Lächeln beantwortet. »Warum sollte ich dir das Geheimnis
meiner Lebensuhr verraten?«, hatte er gelegentlich noch hinzugefügt. »Außerdem ist es besser für dich, wenn du es nicht kennst.« Obwohl sie nicht verstand, was er damit meinte, hatte sie ihn nie gefragt. Aber jetzt war es dazu zu spät.
Quintus war doch schon seit
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