LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
es ins wild wuchernde Gras fallen, das die Hügelflanke bedeckte, und eilte geschwind und ohne sichtbare Anstrengung die Anhöhe hinauf.
Laura folgte ihm, auch wenn ihre Schritte schwer waren und ihr Atem heftig ging. Endlich stand sie trotzdem neben ihrem Bruder auf der Hügelkuppe und starrte hinunter auf den Alten Schindacker, der in der Senke vor ihr lag. Der frühere Tierfriedhof wirkte kalt und abweisend wie eh und je. Trotz der frühen Nachmittagsstunde ballten sich bereits die Schatten zwischen den Krüppelkiefern und verwachsenen
Wacholderbüschen, die sich auf dem verrufenen Flecken ungeweihter Erde erhoben.
Auf den ersten Blick war nichts Auffälliges zu erkennen. Dann aber streckte Lukas den Arm aus und deutete auf den Erdhügel nahe bei einem dornigen Wacholderbusch. »Kaja hat recht«, rief er aus. »Das Grab des Henkers ist tatsächlich geöffnet worden.«
»Dann ist Konrad Köpfer also wieder auf die Erde zurückgekommen«, stieß Laura aus. »Fragt sich nur, was er diesmal vorhat.« Oft schon hatte Laura erlebt, dass der unheimliche Wiedergänger an den Ort seines verbrecherischen Wirkens zurückgekehrt war. Allerdings immer im Auftrag der Dunklen Mächte und niemals aus eigenem Antrieb! Es lag deshalb nahe, dass Konrad Köpfer auch diesmal wieder mit einer ganz bestimmten Aufgabe in die Welt der Menschen geschickt worden war.
»Vielleicht haben die Hunde ja deswegen verrückt gespielt?«, überlegte Lukas. »Weil sie den Hauch des Bösen gewittert haben, den Köpfer hier verströmt hat?«
»Der Rote Tod stinkt zwar in der Tat ganz abscheulich. Andererseits handelte es sich um bestens ausgebildete Suchhunde, die sogar an den Geruch von Leichen gewöhnt sind.«
»Aber nicht an den Geruch von Schattenwesen. Oder von noch weit schrecklicheren Gestalten.«
»Du denkst doch nicht etwa an – ?« Laura brach ab und presste die Lippen zusammen. Ihre Mundwinkel zuckten nervös.
»Genau daran denke ich!«, gab ihr Bruder ernst zurück. »Oder hast du schon vergessen, in welcher Nacht unsere Mitschüler verschwunden sind?«
»Natürlich nicht.« Laura räusperte sich, um den dicken Kloß der Beklemmung in ihrem Hals loszuwerden. »Es war die Beltane-Nacht …«
»… in der sich die Grenzen zwischen unserer Welt und der Anderswelt öffnen. Die Nacht, in der man Dämonen beschwören kann, wie du selbst erlebt hast. Oder erinnerst du dich nicht mehr daran?«
Und ob Laura sich erinnerte!
Diese Nacht, in der Maximilian Longolius den Todesdämon Beliaal beschworen hatte und dieser seinen Diener Konrad Köpfer mit den höllischen Schattenhunden auf die Erde geschickt hatte, würde sie doch niemals vergessen!
Laura blickte ihren Bruder beklommen an. » Willst du damit sagen, dass Tim und seine Kumpels ebenfalls einen Dämon beschworen haben? «
»Ich will damit nur sagen, dass wir das nicht ausschließen dürfen. Zumal es manches erklären würde. Nämlich erstens …« Lukas reckte den Daumen in die Höhe. »… warum sie ausgerechnet in der Beltane-Nacht verschwunden sind. Zweitens …« Jetzt war der Zeigefinger an der Reihe. »… warum Tims Auto hier gefunden wurde und nicht auf der Teufelskuppe. Drittens …« Der Mittelfinger schnellte in die Höhe. »… weshalb Konrad auf die Erde zurückgekehrt ist. Und viertens …« Jetzt war der Ringfinger dran. »… weshalb die Suchhunde ausgerechnet hier auf dem Friedhof verrückt gespielt haben. Der Geruch eines Dämons ist wahrscheinlich selbst für einen abgebrühten Suchhund so unerträglich, dass er die Beherrschung verliert und ausrastet.«
»So einleuchtend das auch klingen mag …« Laura machte ein skeptisches Gesicht. »Bislang sind das alles nur Hypothesen!«
»Selbstverständlich. Aber ich bin mir sicher, dass wir sie schon bald verifizieren können.« Während Laura noch darüber nachdachte, was das Fremdwort bedeutete, setzte sich Lukas in Bewegung und marschierte hinunter zum alten Tiefriedhof, der ihn alles andere als willkommen zu heißen schien.
Eine unheimliche Stille lastete wie ein unsichtbares Leichentuch
über dem kargen Ödland. Kein Vogelruf, kein Grillengezirpe, kein Bienen- oder Fliegengesumm und auch keine anderen tierischen Laute waren auf dem Flurstück zu hören, das schon seit dem Mittelalter von der Bevölkerung der umliegenden Städtchen und Dörfer gemieden wurde. Dabei hatte dort noch niemand auch nur ein annähernd so gruseliges Erlebnis wie Laura gehabt.
Schon gar nicht in der Nacht!
Doch selbst am Tage
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