LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
wirkte der Alte Schindacker so kalt und abweisend, dass es Lukas fröstelte. Auch Laura fühlte sich seltsam beklommen, als sie über die kärglichen Reste der ehemaligen Friedhofsmauer stieg. Während ihr Bruder suchend umherwanderte, marschierte sie geradewegs auf den Grabhügel zu, unter dem der Henker des Grausamen Ritters seine letzte Ruhestätte gefunden hatte. In der Mitte klaffte das bekannte Loch, durch das Konrad Köpfer auf geheimnisvolle Weise in die Welt der Menschen zu gelangen pflegte. Wie das möglich war, hatte selbst Laura noch nicht herausgefunden. Sie wusste nur, dass der Rote Tod in Aventerra im Schattenforst zu Hause war und seine Tage dort als Hausdiener im Schwarzen Schloss verbrachte, das in der Tiefe des Schwarzen Schlundes verborgen war. Laura war ihm dort nämlich höchstpersönlich begegnet und hätte diese Begegnung um ein Haar nicht überlebt. Aber auf welche Weise Konrad Köpfer vom Schwarzen Schloss in den Erdhügel auf dem Alten Schindacker gelangte, hatte sich ihr noch nicht erschlossen. Aber eigentlich war das auch egal. So oder so stand eindeutig fest, dass Konrad Köpfer zurückgekehrt war.
»Habe ich es nicht gesagt?«, rief Lukas in diesem Moment triumphierend aus. Er stand gut zehn Meter von ihr entfernt und winkte ihr aufgeregt zu. »Komm her und schau dir an, was ich entdeckt habe!«
Tims Grinsen wurde breiter und breiter, bis sich sein Gesicht mit einem Mal auf bizarre Weise verzerrte. Die Haut auf beiden Gesichtshälften straffte sich, als würde sie von unsichtbaren Kräften über die Wangenknochen in Richtung Ohren gezogen. Die Augen verformten sich zu schmalen Schlitzen, die länger und länger wurden, bis Tims Gesicht schließlich auf dem Nasenrücken aufplatzte und sich ein großes schwarzes Etwas aus dem klaffenden Spalt hervorschob wie ein Drachenkopf aus der Hülle eines Eis – das Haupt eines grässlichen Dämons! Eine Reihe nadelspitzer Zähne ragte aus seinem schmallippigen Mund und Ziegenhörner schmückten seine hohe Stirn.
Die groteske Kopfgeburt entsetzte Rebekka Taxus so sehr, dass sie beinahe das Bewusstsein verlor. Mit einem lauten Aufschrei sank sie auf den Schreibtischstuhl zurück, schlug die Hände vor den Mund und starrte das unheimliche Wesen auf dem Besucherstuhl an, das den Körper eines Jungen hatte und das Haupt eines Ungeheuers.
»Ich wusste gar nicht dass du so schlechte Nerven hast.« Avataris musterte Pinky mit spöttischem Lächeln. »Dabei sollte dir doch längst bekannt sein, dass wir Wesen der Finsternis über grenzenlose Fähigkeiten verfügen.«
Die Taxus war noch immer zu keiner Antwort fähig. Sie schnappte nur laut keuchend nach Luft und rang mühsam um Fassung.
»Jetzt reiß dich endlich zusammen, Rebekka«, knurrte der schwarze Dämon ungehalten. »Und bevor du fragst: Dem Jungen ist nichts passiert. Dieser Tim, oder wie immer er auch heißen mag, ist genauso wohl behalten wie eh und je. Er hat gar nicht mitbekommen, dass ich in seinen Körper geschlüpft bin und von ihm Besitz genommen habe. Sobald ich ihn wieder verlasse, ist er der gleiche hübsche Bengel, um den sich die Schülerinnen von Ravenstein alle reißen. Er wird sich nicht einmal daran erinnern, dass er vorübergehend nicht Herr seiner selbst gewesen ist.«
»A-a-aber w-w-wie ist das möglich?«, stammelte Pinky, die noch immer zu keinem klaren Gedanken fähig war. »Und wer seid Ihr eigentlich?«
»Das sind gleich zwei Fragen auf einmal«, spottete Avataris. »Dennoch will ich sie dir gerne beantworten. Allerdings bin ich schon etwas enttäuscht, dass du mich bereits vergessen hast, Rebekka Schätzchen.« Er beugte sich vor und funkelte sie mit glühenden Dämonenaugen an. »Dabei ist es noch gar nicht lange her, dass wir in meinem Penthouse beisammen gesessen sind. Oder dass du mir Gesellschaft geleistet hast, als ich auf dem Alten Schindacker unseren großen Meister, den allmächtigen Beliaal, beschworen habe.«
»Oh nein«, lispelte Rebekka Taxus. »Seid Ihr das vielleicht, verehrter Großmeister Longolius?«
»Genau der!« Die Augen des Dämons leuchteten auf. »Oder auch Hermes Trismegistos, Faust der Jüngere oder welche Namen ich sonst noch im Laufe der Jahrhunderte getragen haben mag. Allerdings …« Avataris brach ab und seufzte tief. »Bedauerlicherweise bin ich nicht mehr ganz der Alte. Nur mein Geist hat diesen schrecklichen Unfall auf der Teufelskuppe überlebt, während meine körperliche Hülle vernichtet wurde. Aber das wird sich
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