Laura - Venezianisches Maskenspiel
Cavaliere anzusehen.
„Vielleicht sollten wir uns erst wieder treffen, wenn Ihr eine Antwort habt, die mich nicht verletzt“, sagte sie leise.
Seine Hand umfasste ihren Arm. „Warte, Laura. Geh nicht so. Es ist alles ganz anders. Lass dir erklären. Sieh mich an.“ Er duzte sie, wie er das manches Mal tat, wenn die Leidenschaft ihn packte, aber dieses Mal war es anders. Sein Tonfall war ein anderer, drängend und besorgt. Er wollte sie zu sich herumdrehen, aber sie schüttelte ihn heftig ab. Tränen standen in ihren Augen und sie wollte ihm nicht zeigen, wie gekränkt sie war.
„Nein. Das will ich jetzt nicht. Ich will dich jetzt nicht ansehen.“ Dann ging sie aus der Tür. Es war das erste Mal gewesen, dass sie ihn ebenfalls geduzt hatte. Als Zeichen, dass das Spiel für sie hiermit beendet war.
* * *
Als Laura heimkam, ließ sie sich von Anna helfen, rasch aus den Kleidern zu kommen. Die Hitze ihres erregenden Abenteuers war längst der beißenden Winterkälte gewichen. Sie fror erbärmlich und wünschte nichts sehnlicher, als sich vor ein schönes Kaminfeuer zu setzen, um sich aufzuwärmen. Sie wickelte sich in den von Anna bereit gehaltenen Morgenmantel und sank dann, mit dem Gesicht zum Kamin, in einen bequemen Sessel. Die nackten Füße hatte sie ausgestreckt, hielt sie gegen das Feuer, und bald schon verlor sich ihr Blick in den züngelnden Flammen und die Lider fielen wie von selbst zu. Sie fühlte sich traurig und niedergeschlagen. Ein bisschen schlafen, um für wenige Minuten die Kränkung zu vergessen, die ihr Cavaliere ihr zugefügt hatte.
„Ihr hättet nicht so lange draußen herumlaufen sollen“, schalt Anna ihre Herrin, während sie sich daran machte, die zerzausten Locken wieder in eine angemessene Form zu bringen.
„Ich habe die Kälte nicht gespürt, erst beim Heimweg.“ Laura lag grübelnd und mit halbgeschlossenen Augen da. Was war nur mit ihrem Geliebten los? Zuerst sagte er ihr, dass er sie begehrte wie keine andere Frau, und dann verweigerte er ihr auch nur das kleinste Zugeständnis seiner Zuneigung. Was war sie für ihn? Was sah er wirklich in ihr? Ein Abenteuer neben seinen anderen Geliebten? Oder hatte er Angst, zuzugeben, dass sie ihm etwas bedeutete?
„Zu Fuß vermutlich“, sagte Anna mit einem abfälligen Schnaufen, „wie irgendeine Bürgersfrau. Euer Kavalier könnte Euch zumindest mit seiner Gondel daheim absetzen, wenn er Euch schon dazu bringt, bei dieser Kälte draußen herumzulaufen.“
Laura blinzelte. Ihr war klar, dass Anna über ihren Cavaliere Bescheid wusste. Schließlich war sie es, die seine Botschaften brachte und sie selbst deckte, wenn sie heimlich das Haus verließ. Aber es war das erste Mal, dass sie ihn erwähnte, und Laura überlegte, ob sie ihre Zofe wegen dieser Vertraulichkeit tadeln sollte.
Anna musste ihr diese Absicht angesehen haben, denn sie kicherte. „Es hört mich ja niemand, siora patrona. Und weshalb sollte ich Euren Liebhaber nicht erwähnen? Wo wir doch beide nur allzu gut wissen, wer hinter diesen geheimnisvollen Botschaften steckt.“
Laura drehte den Kopf, um ihre Zofe besser ansehen zu können. Diese lächelte nur. Aber es war ein warmes Lächeln, nicht aufdringlich, nicht verschwörerisch, sondern das einer Freundin. Anna hatte nach Lauras Heirat, als ihre Eltern sich auf das Festland zurückgezogen hatten, gebeten, im Haus von Domenico Ferrante und damit bei Laura bleiben zu dürfen. Der Grund dafür war nicht nur, dass sie hier in Venedig einen langjährigen Geliebten hatte, sondern dass sie auch Laura schon seit vielen Jahren kannte und ihr mehr Zuneigung entgegengebracht hatte als ihre eigene Mutter. Sie war es immer gewesen, die einmal im Monat zu dem Kloster gereist war, um das heranwachsende Mädchen zu besuchen und Neuigkeiten von ihrer Familie und Venedig zu überbringen.
„Es ist sehr romantisch, Signora“, fuhr Anna fort. „Und ich freue mich für Euch, dass Ihr nicht nur einen wohlhabenden und gutaussehenden Gatten wie Domenico Ferrante gewonnen habt, sondern auch einen so leidenschaftlichen und romantischen Liebhaber.“ Ihr Lächeln verstärkte sich. „Eine Frau braucht beides. Und es ist ein wahres Glück, wenn sie beides in ihrem ...“ Anna unterbrach sich und sah zur Tür, die sich geöffnet hatte.
Laura blickte ebenfalls hin und sah zu ihrer Verärgerung Sofia. Sie wollte sie in einem ersten Impuls aus dem Zimmer schicken, besann sich dann jedoch anders und bemühte sich um einen freundlichen
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