Laura - Venezianisches Maskenspiel
mehreren Volants verziert. Sie trug keinen anderen Schmuck als eine Brillantspange im Haar, die Domenico ihr zu ihrer Freude und Überraschung kurz vor dem Ball in ihr Ankleidezimmer gebracht und selbst angelegt hatte. Die eng anliegenden Ärmel endeten am Ellbogen in weiten, mehrreihigen Manschetten aus fast unbezahlbaren niederländischen Spitzen. Sie wurde sich bewusst, dass ihre Schwägerin sie musterte, und hob fragend die Augenbrauen.
„Du hast dich verändert, Laura“, sagte Marina daraufhin. „Ich würde in dir kaum mehr das verschreckte junge Mädchen erkennen, als das du damals nach Venedig gekommen bist.“
Laura antwortete nur mit einem leichten Lächeln. Sie war damals tatsächlich verschreckt gewesen, aber vor allem durch die Erkenntnis, wie das Leben dieser Gesellschaft tatsächlich aussah, und wie sehr es sich von ihren romantischen Vorstellungen, die sie im Kloster gehegt und gepflegt hatte, unterschied.
„Und dann hast du dich noch einmal verändert“, fuhr ihre Schwägerin fort, während ihr forschender Blick neugierig an ihren Augen hängen blieb, „nämlich seit einigen Wochen. Seit dem Ball bei den Pisani. Davor warst du ein verspieltes Kind, das die Kunst der Verführung lernen wollte und das versucht hat, sich in dieser Welt zurechtzufinden und darin seinen Platz einzunehmen. Aber jetzt bist du eine Frau geworden, voll erblüht, schön, strahlend. Du leuchtest förmlich von innen heraus.“ Sie legte liebevoll ihre Hand auf den Arm ihrer Schwägerin. „Und ich möchte schwören, dass daran nicht Domenico, sondern dieser geheimnisvolle Verehrer Schuld daran ist.“ Sie lächelte. „Es ist eine hervorragende Idee gewesen, dass du dir endlich einen Liebhaber genommen hast. Wie man sieht, hat ein wenig Konkurrenz Domenicos Interesse an dir geweckt.“
„Ein Liebhaber?!“ Laura riss die Augen auf. „Wie kommst du denn darauf?!“ Marina lachte leise. „In einer Stadt wie Venedig lässt sich eine Liebschaft nur eine Zeit lang verbergen. Und deine hat man schon geargwöhnt, als du damals bei dem Ball mit Ottavio in einen kleinen Salon verschwunden bist, nachdem er dir wochen- und monatelang so heftig den Hof gemacht hat. Und dann hat man dich in einem gewissen Theater gesehen, mit einem maskierten ‚Unbekannten’, der – wie man mir sagte – von der Gestalt her große Ähnlichkeit mit Ottavio gehabt hätte ...“ Sie schüttelte den Kopf, als Laura heftig auffahren wollte. „Nein, mein Kind, das soll keine Kritik an dir sein. Ganz im Gegenteil, ich hatte es dir schon lange gewünscht – nach der Art und Weise wie Domenico damals einfach abgereist ist. Obwohl“, fügte sie mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln hinzu, „es manches Mal ganz angenehm ist, wenn der Ehemann sich nicht in der Nähe befindet.“
„Aber du denkst doch nicht wirklich, ich hätte etwas mit Ottavio!“, rief Laura entsetzt aus.
„Nicht so laut!“, Marina legte ihr warnend den Finger über den Mund. „Hier hat sogar das Wasser Ohren.“
„Aber das ist doch alles ganz anders ...“ Laura unterbrach sich, weil sie plötzlich anhielten. Vor ihnen hatte eine Gondel am Ufer angelegt. Ein Mann sprang leichtfüßig an Land und ging dann mit energischen Schritten auf einen Palazzo auf der anderen Seite des kleinen Platzes zu, wobei er die Scharen der Masken und Schaulustigen, die sich besonders am Abend auf Straßen und Plätzen drängten, zur Seite schob.
Sie fasste unwillkürlich nach Marinas Hand. „Ist … ist das nicht Domenico? Da, dort drüben, der große Schlanke!“ Dieser energische Schritt gehörte eindeutig Domenico. Trotz der Dunkelheit hätte sie unter Tausenden seine Haltung und sein Auftreten erkannt.
Ihre Schwägerin hatte plötzlich schmale Augen. „Das kann ich nicht sagen, meine Liebe. Der Mann trägt ja eine Maske.“
„Aber ich kenne doch seinen Schritt“, rief Laura. „Das ist er ganz gewiss! Es ist ja auch unsere Gondel!“ Zwar waren alle Gondeln – gemäß einem vor einigen Jahren erlassenem Gesetz gegen zuviel Luxus – schwarz, aber sie erkannte Domenicos Diener Enrico in der Livree der Ferrantes.
„Wessen Palazzo ist das?“
„Der dort drüben? Ich habe nicht die geringste Ahnung.“ Marina beugte sich vor und winkte ihrem Gondoliere. „Mach weiter! Willst du hier die ganze Nacht stehen? Wir wollen nach Hause!“
Laura starrte immer noch über den Platz. Der Mann klopfte mit dem schweren bronzenen Türklopfer an, jemand öffnete, und der Maskierte verschwand. Als
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