Laura - Venezianisches Maskenspiel
ließ, im Zimmer umher und besah sich eine chinesische Vase, die er noch nicht kannte, eine florentinische Statue und ein Monstrum von einer Konsole, deren geschnitztes Bein aus einer sich empor windenden allegorischen Figur bestand, die von zahllosen vergoldeten Putten umflattert wurde. Er wandte sich kopfschüttelnd ab und ließ seine Blicke über all die zahlreichen Geschenke wandern, die Nicoletta von ihren verschiedensten Verehrern zum Zeichen ihrer Bewunderung und noch viel mehr aus Dankbarkeit für geleistetes Entgegenkommen erhalten hatte. Einige kannte er, aber vieles davon war neu. Nicoletta schien ihre Trennung genutzt zu haben.
„Durfte ich denn nicht jedes Mittel wählen, um dich wieder zu sehen?“, fragte Nicoletta plötzlich. „Und dich abermals für mich gewinnen?“
Mit Erstaunen bemerkte er, dass sie offenbar darauf verzichtete, Ausreden zu gebrauchen. Er wandte sich nach ihr um und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an.
Nicoletta ging langsam auf ihn zu, stets darauf bedacht, ihre Schritte anmutig zu setzen und jene königliche Haltung einzunehmen, die ihm früher so anziehend erschienen war. Laura bewegte sich anders, natürlicher und jede Bewegung strahlte Leichtigkeit aus, Lebensfreude, Temperament. Auch wenn ihm dies früher nicht aufgefallen war.
„Kannst du dir nicht vorstellen, Domenico, dass ich unseren Bruch zutiefst bereue? Den einen Moment der Schwäche, der mich deine Zuneigung und mein Glück gekostet hat?“
Domenico musterte sie interessiert. Nicoletta war damals zweifellos in ihn verliebt gewesen, aber nicht genug, um ihn nicht ohne zu zögern mit einem anderen Adeligen zu betrügen, von dem sie sich kostbare Geschenke erwartet hatte. Einer jener wirklich reichen Patrizier, in deren Händen sich durch Heirat und Erbschaft die Vermögen mehrerer Familien vereinigten. Er selbst hatte sie zwar gut gehalten, ihr ein luxuriöses, sicheres Leben geboten, lebte aber im Gegensatz zu den anderen Adeligen, die ihre Paläste verkaufen und ihren Grundbesitz verpfänden mussten, eher bescheiden und sparsam und war nicht bereit gewesen, auf ihre verstiegenen Wünsche einzugehen.
Nun hatte dieser andere sie wohl enttäuscht, sie vielleicht sogar sitzen lassen, und sie war wieder auf ihn verfallen. Aber nicht einmal, wenn da nicht Laura gewesen wäre – sein wunderbares Eheweib – wäre er in Versuchung geraten darüber hinwegzusehen, dass er damals diesen anderen Liebhaber bei ihr erwischt hatte. So jedoch bereitete es ihm mehr Freude und Genuss, seine Frau in schönen Kleidern zu sehen, ihr Lächeln, ihr ungekünsteltes Lachen zu hören und festzustellen, dass sie im Gegensatz zu Nicoletta die Bücher, die bei ihr im Zimmer lagen, auch tatsächlich las.
Die schöne Frau wurde unter seinem Blick nervös. „Was ist denn? Warum sagst du denn nichts? Bedeutet dir unsere Vergangenheit nichts mehr?“
„Du sagst es“, erwiderte er ruhig, „Vergangenheit. Aber keine Zukunft mehr, Nicoletta. Es tut mir leid, wenn du dir das erwartet hast.“
Sie griff nach einem Fächer um ihre Hände zu beschäftigen und fächelte sich hastig Luft zu. „Du hast also eine andere. Ich hatte es nicht glauben wollen, aber nun habe ich wohl den Beweis. Eine verheiratete Frau, nicht wahr?“
Domenicos Blick wurde kühl. „Wie kommst du darauf?“ Paolo war wohl tatsächlich nicht der einzige, der seine amourösen Abenteuer mit seiner Frau beobachtet hatte.
Sie lachte nervös auf. „Wir leben hier in Venedig, mein Bester. Jeder weiß alles über jeden, da kann es nicht lange dauern, bis die halbe Stadt davon spricht, dass der Patrizier Domenico Ferrante einen leer stehenden Palazzo gemietet hat und sich dort mit seiner Geliebten trifft.“
„So.“
„Sie muss wirklich außergewöhnlich sein“, fuhr Nicoletta mit einer gewissen Schärfe in der Stimme fort, „dass du so bedacht darauf bist, diese Affäre geheim zu halten.“
„War das der Grund, weshalb du mir abermals einen Brief geschickt hast? Um mehr darüber herauszufinden? Außerdem ist es keine Affäre“, gab Domenico ruhig zurück. „Aber selbst wenn, ginge es dich nichts an. Ich bin lediglich gekommen, um dich darum zu bitten, in Zukunft Abstand davon zu nehmen mir Briefe zu schicken, die meine Frau beschuldigen, untreu gewesen zu sein – und die in die falschen Hände fallen könnten.“ So wie an diesem Morgen, als ihm Sofia mit einem süffisanten Lächeln Nicolettas stark duftenden Brief überreicht hatte.
Nicoletta
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