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Laura - Venezianisches Maskenspiel

Titel: Laura - Venezianisches Maskenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vara
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ganz loszulassen. Es gelang ihr jedoch, ihn wegzustoßen, und sie rutschte auf Knien von ihm fort zu ihrem am Boden liegendem Kleid.
    Er hatte es vor ihr in der Hand und zerknüllte den kostbaren Stoff so energisch zwischen den Fingern, als wäre es Ottavio. „Laura... Wusstest du wirklich nichts? Hat ... hat dieser Bastard es gewagt, dich zu überfallen?!“
    „Geh doch endlich! Ich will mich anziehen! Ich will hier fort! Oder erwartest du etwa, dass ich nackt auf die Straße laufe?“ Sie starrte ihn mit einem Ausdruck an, der ihm das Herz im Leib herumdrehte. „Ist es das? Willst du mich öffentlich noch mehr bloßstellen, als du es mit deinen Mätressen schon getan hast? Dass du dich nicht schämst! Ausgerechnet du willst mir etwas vorwerfen?! Du? Wo du doch ...“ Sie unterbrach sich und wandte ihm den Rücken zu.
    Domenico erhob sich endlich. Es war wohl besser, wenn sie sich beruhigte, bevor er mit ihr sprach. „Wir unterhalten uns später darüber, Laura. Aber jetzt zieh dich an.“ Er wollte ihr das Kleid umlegen, aber Laura riss es ihm aus der Hand.
    „Ich brauche keine Zofe! Geh!“
    „Dann warte ich draußen auf dich. Ich werde dich heimbringen.“
    „Ich kann alleine heimgehen.“ Sie erhob sich zittrig und atmete auf, als Domenico endlich begriffen zu haben schien und den Raum verließ. Zurückgeblieben beneidete Laura alle Frauen, die angesichts solcher Katastrophen in Ohnmacht fallen konnten. Ihr jedoch blieb die Gnade des dunklen Vergessens – und wäre es auch nur für wenige Momente – versagt. Sie atmete einige Male tief durch, dann zog sie sich langsam die zerrissenen Kleidungsstücke an, sich dabei immer wieder am Bettpfosten festhaltend. Domenico hatte beim Hinausgehen auch ihren Umhang aufgehoben und auf einen kleinen Sessel gelegt. Sie warf ihn sich um, setzte die Maske auf und zog sich den am Hut befestigten Schleier um den Kopf.
    Als sie auf den Gang hinaustrat, sah sie unten am Fuß der Treppe Domenico.
    Er saß auf der letzten Stufe und hatte den Kopf in die Hände gestützt. Als er sie hörte, drehte er sich um und stand auf. Sie hielt sich am Geländer fest, als sie ganz langsam, Stufe für Stufe, hinunterschritt, weil ihre Beine sie kaum tragen wollten, und sie Angst hatte zu stolpern. „Warum bist du nicht fort?“
    „Weil ich dich heimbringen werde.“
    Er öffnete die Tür und griff nach ihrem Ellbogen, um sie festzuhalten, als sie die wenigen Stufen hinunterstieg, die den Eingang vom Kanal trennten, wo seine Gondel auf ihn wartete. „Nach Hause.“ Der Gondoliere nickte und wartete, bis Domenico ihr hineingeholfen hatte, dann stieß er die Gondel vorsichtig vom Ufer ab. Er war zweifellos Zeuge gewesen, wie Ottavio völlig zerzaust und mit offener Hose hinausgerannt und er ihm hintergelaufen war, und würde sich wohl so seinen eigenen Reim darauf machen. Domenico half Laura beim Niedersetzen, schob ihr noch ein Kissen in den Rücken und legte ihr dann fürsorglich den warmen Pelz um die Knie. Trotzdem zitterte sie am ganzen Körper. Er griff hinüber und nahm ihre Hände in seine. „Ist dir kalt?“
    „Ja.“ Sie hätte ihm ihre Hände entreißen sollen, aber sie konnte nicht. Sein Griff war so tröstlich, das einzig Warme und Sichere in diesem Alptraum. Sie war plötzlich so müde. Zuerst die Enttäuschung darüber, dass ihr Gatte seine Mätresse offenbar immer noch liebte, ihr selbst dagegen seine Zuneigung verweigerte – und dann der Schrecken über Ottavio. Wie hatte er von diesem geheimen Ort wissen können? Von ihrem Cavaliere? Woher wusste er von ihrem Muttermal? Sie schloss die Augen. Sie konnte immer noch nicht denken, ihre Gedanken verschwammen, setzten sich zusammen, lösten sich wieder auf. Ihr Kopf schmerzte, ihr war schwindlig, und sie zitterte so stark, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen.
    Als sie daheim ankamen, war sie zu ihrem eigenen Ärger und ihrer Demütigung so schwach, dass sie kaum aus der Gondel klettern konnte. Sie wollte es nicht, musste jedoch Domenicos Hilfe annehmen, der sie so überraschend sanft und liebevoll hochhob und hinauftrug. Wie vertraut er war. Und wie sehr sie ihn liebte. Domenico, in den sie sich damals Hals über Kopf verliebt hatte, der ihr imponiert hatte mit seiner ruhigen, selbstsicheren Art, mit seiner Klugheit. Und den sie später noch viel mehr geliebt hatte. Und der sie benutzt, belogen und betrogen hatte, dieser hinterhältige Teufel. Laura war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sich an ihn zu schmiegen,

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