Laura - Venezianisches Maskenspiel
und dem dringenden Bedürfnis, ihn zu ohrfeigen, bis er bewusstlos zu Boden sank.
Im portego im ersten Stock begegnete ihnen Sofia. „Um Himmels willen! Domenico, mein Lieber, was ist denn mit Laura geschehen?!“
„Sie fühlt sich nicht wohl.“ Domenicos Stimme war kalt und abweisend. Er ging um Sofia herum, als diese keine Anstalten machte auszuweichen. „Wenn du dich nützlich machen willst, dann rufe Anna.“ Er trug Laura in ihr Zimmer und ließ sie vorsichtig auf dem Bett nieder. Sein Blick war weich und besorgt. „Ich werde einen Arzt rufen lassen.“
„Nein, nein. Es geht mir schon wieder besser.“ Sie wollte jetzt nur alleine sein, darüber nachdenken, was geschehen war, weinen und dann schlafen und alles für eine Weile vergessen. Domenico verließ nur zögernd den Raum – Anna kam herein, half ihr beim Ausziehen, zog ihr das leichte Nachthemd über und ging dann fort, um einen heißen Ziegelstein zu holen. Laura starrte nur vor sich hin und hob erst müde den Blick, als Sofia eintrat. Sofia ... irgendwie musste Sofia auch damit zu tun haben. Sie wollte Domenico haben, das war Laura vom ersten Moment an klar gewesen, ebenso, dass die beiden sich weitaus besser kannten, als sie zugaben. Sofia, die ihre Zofe schlug und mit Ottavio ein Verhältnis hatte. Mit dem würde sie ebenfalls abrechnen! Wie konnte dieser Mann es wagen, sich zuerst an Sofia zu befriedigen und dann kaum vierundzwanzig Stunden später ihr aufzulauern!
Das Mädchen setzte sich einfach neben sie auf das Bett und nahm ihre Hand, die ihr Laura sofort angeekelt entzog. Sofia schien jedoch ihre Abwehr nicht zu spüren. „Ich weiß alles“, sagte sie leise, „und es tut mir leid, Laura. Unendlich leid.“ Sie schaffte es tatsächlich, eine Träne aus dem Augenwinkel zu drücken.
„Es ist meine Schuld. Als Domenico heute heimkam und nach dir fragte, sagte ich, dass ein Bote für dich da gewesen wäre und du fortgegangen seiest. Ach, hätte ich nur geschwiegen!“
Laura presste die Lippen aufeinander und drehte sich weg. Sie war jetzt zu erschöpft, um Sofia zur Rede zu stellen, und musste erst darüber nachdenken, inwieweit diese Frau ihre Hand im Spiel hatte. „Lass mich jetzt alleine.“
„Du bist mir nicht böse?“ Sofia erhob sich anmutig. „Ach, ich bin ja so froh. Wir Frauen müssen doch zusammenhalten, nicht wahr? Auch wenn es nicht sehr klug war von dir“, fügte sie leise hinzu, „Domenico zu betrügen. Er ist kein Mann, der sich so etwas gefallen lässt. Du hättest auf mich hören sollen.“ Laura hätte sie am liebsten geschlagen, aber Sofia wartete zu ihrem Glück keine Antwort ab, sondern wandte sich um und schwebte mit einem Rascheln von Seide davon.
Anna kam soeben mit einem heißen Ziegelstein herein, als Laura die Bettdecke wegschob und sich auf zittrigen Beinen zu ihrem kleinen Ladenschränkchen tastete. Es war nicht das erste Mal, dass Sofia solche Bemerkungen machte, allerdings hatte sie bisher gedacht, dass sie auf Ottavios häufige Besuche bezogen waren, jetzt jedoch kam ihr ein Verdacht.
Sie öffnete die Türen und zog die Lade auf, in der sie die Briefe aufbewahrte. Sie hatte es nicht für nötig befunden, sie zu verstecken und jeder, der die Laden öffnete und nach ihren Geheimnissen suchte, konnte sie ohne Schwierigkeiten finden. Sie lagen immer noch darin, aber in einer anderen Reihenfolge. Dessen war sie sich ganz sicher, weil sie sie erst vor wenigen Stunden in der Hand gehalten hatte, als sie über ihre Beziehung zu ihrem Cavaliere nachgedacht hatte. Jemand musste sie danach gelesen haben. Und wer dieser Jemand war, war ganz offensichtlich – und gewiss war es nicht das erste Mal gewesen. Sie tastete sich zum Bett zurück. Sofia musste Ottavio die Briefe gezeigt haben. Dann hatten sie ebenfalls einen Brief geschrieben. Die Handschrift zu verstellen und sie glauben zu machen, er käme von ihrem Cavaliere, war nicht schwierig. Schließlich hegte sie ja nicht den geringsten Verdacht. Und herauszufinden, wo der Palazzo lag und sie sich trafen, war ebenfalls leicht für Ottavio. Er hatte ihr nur folgen müssen. Er war ja auch tatsächlich erst nach ihr angekommen.
„Ihr müsst Euch wieder hinlegen, siora.“ Anna legte besorgt den Arm um ihre Schultern und führte sie zum Bett. Ihr war immer noch kalt, aber sie zitterte nicht mehr so sehr. Langsam wurde ihr vieles klar. Sofia und Ottavio mussten gemeinsam diesen Plan ausgeheckt haben. Aber Ottavio hatte gewiss nicht gedacht, dass Sofia so
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