Laura - Venezianisches Maskenspiel
als er sie endlich weggestoßen hatte und die Brücke erreichte, war Ottavio schon längst verschwunden.
Domenico schickte ihm einige unterdrückte Flüche nach und kehrte dann um. Als er das Haus betrat, sah er oben am Kopf der Treppe Laura stehen. Sie hatte sich seinen Umhang über ihre Schultern gelegt und hielt ihn mit beiden Händen vorne zu, ihr Gesicht war bleich und in ihren Augen standen Tränen.
„I ...ist er ... tot?“
„Das wäre er, wenn du mich nicht festgehalten hättest.“ Sein Zorn war noch lange nicht verraucht. Ottavio war ihm – vorläufig – entgangen, aber hier stand Laura. Seine Frau, die er halb nackt in den Armen eines anderen gefunden hatte, und die es jetzt auch noch wagte, Tränen um diesen Spitzbuben zu vergießen. Jetzt noch sah er sie vor sich, wie sie dort stand, während Ottavio seine Hand zwischen ihre Beine geschoben und sie sich vor Lust gewunden hatte. Nur eine Minute später und sein Glied hätte sich in sie gebohrt.
„Zieh dich an. Du wirst jetzt nach Hause gehen. Um deinen Liebhaber kümmere ich mich später.“ Seine Stimme schien nicht ihm zu gehören. Da war sie wieder, diese kalte, schmerzhafte Klammer, die ihm den Atem nahm. Nur noch schlimmer als das letzte Mal, als ihm klargeworden war, wem ihre Zuneigung gehörte, denn heute mischte sich noch Wut dazu, die alles vor seinen Augen verschwimmen ließ.
Sie griff nach seiner Jacke, aber er stieß ihre Hand zurück. Ihre Augen waren groß und angstvoll, ihr Gesicht bleich. „Du darfst ihm nichts tun, Domenico!“
Domenico fühlte, wie alles Blut in seinem Körper hochstieg, in seinen Kopf hinein, bis die Ader an seinem Hals heftig pochte. „Ach nein, darf ich nicht? Das kann ich mir vorstellen! Aber dieses Mal habt ihr beide Pech gehabt“, setzte er höhnisch hinzu. „Dieses Mal habe ich euch erwischt und ihr werdet beide die Konsequenzen tragen müssen. Du ebenso wie er!“
Er war den ganzen Tag über unterwegs gewesen. Zum einen, weil er Laura nicht sehen wollte und zum anderen, weil er noch einige Dinge zu regeln hatte, bevor er sich mit ihr auf das Landgut zurückziehen wollte, um sie von ihrem Liebhaber zu trennen. Und wäre nicht Sofia gewesen, die ihn unschuldig fragte, ob er nicht wüsste, wo Laura sei, die heimlich das Haus verlassen hätte, nachdem ein Bote eine Nachricht von Ottavio gebracht hatte, wäre er auch niemals auf die Idee gekommen, sie hier zu suchen. Ottavios wohlbekannter Diener, der bei seiner Ankunft hier vorm Haus herumgelungert und dann rasch das Weite gesucht hatte, war der letzte Beweis dafür gewesen, dass sie sich tatsächlich hier trafen. Sofia hatte vermutlich die ganze Zeit über genau gewusst, was gespielt wurde. Daher auch immer ihre Anspielungen, die ihn auch noch erzürnt hatten, weil er in seiner Einfalt und Arroganz so sehr von Lauras Untadeligkeit und ihrer Zuneigung zu ihm überzeugt gewesen war.
„Aber Domenico, du glaubst doch nicht wirklich ...?!“
„Zieh dich an“, wiederholte er kalt. Ihr Blick tat ihm plötzlich weh, und er wandte sich ab. Sie durfte nicht wissen, wie sehr sie ihn getroffen hatte. Die Erkenntnis, dass sie offenbar nicht nur mit ihm Verabredungen gehabt hatte, sondern auch mit Ottavio – was konnte den beiden opportuner sein, als ein vom trotteligen Ehemann gemietetes casino? – riss ihn entzwei, versetzte ihn in eine Verzweiflung, die er kaum zu beherrschen wusste.
„Aber du musst mir zuhören!“
„Tu, was ich dir sage!“ Er packte sie an der Schulter und schob sie wieder in das Zimmer hinein.
„Domenico ...“
„Habt ihr es nur hier getrieben oder auch woanders?“ Laura zuckte unter diesen Worten zusammen. „Nein!“
Er fasste sie derb an den Schultern, um sie zu schütteln. „Aber du hast doch nicht nur von ihm geträumt, nicht wahr? „Wie lange geht das schon? Hattet ihr euer Verhältnis schon begonnen, bevor ich in die Stadt kam? Los, antworte mir!“ Sein Blick glitt über ihren Körper – der Mantel hatte sich geöffnet – und ihm wurde bewusst, dass sie darunter fast nackt war. Er kochte vor Zorn und Eifersucht und zugleich erwachte eine brennende Begierde nach ihr. Er wollte sie plötzlich besitzen, sie nehmen und gleichzeitig für ihre Untreue und seine Enttäuschung strafen. Er wollte sie demütigen. Dieses verkommene Geschöpf, das es gewagt hatte, ihn in sich verliebt zu machen und ihn dabei bei jedem Treffen in Gedanken betrogen hatte. Wer wusste schon, wie oft sie sich noch mit ihrem Liebhaber Ottavio
Weitere Kostenlose Bücher