Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
beständig über ihr Ziel hinausschießen. während sie heftigst bemüht sind es zu verfolgen.
Kurz mein Vater war so ausdauernd in seinen Widerstandshandlungen, oder mit anderen Worten, – er rückte so langsam in seinem Werke vor, und ich begann so rasch zu wachsen und vorwärts zu schreiten, dass, wenn nicht ein gewisses Ereignis eingetreten wäre – was, wenn wir daran kommen, dem Leser keinen Augenblick verschwiegen bleiben soll, wofern es sich mit Anstand sagen lässt, – ich wirklich glaube, ich wäre an meinem Vater vorbeigesprungen und hätte ihn sitzen lassen, wie er eine Sonnenuhr entwarf, die keinen anderen Zweck hatte, als unter dem Boden begraben zu werden.
135. Kapitel
– Es war gar nichts: – ich verlor dabei nicht zwei Tropfen Blut; – es war nicht der Mühe wert den Wundarzt zu holen und hätte er Tür' an Türe mit uns gewohnt. – Tausende erleiden durch freie Wahl, was bei mir ein Zufall tat. – Dr. Slop machte zehn Mal mehr daraus als an der Sache war. – Es gibt Leute, die dadurch emporsteigen, dass sie große Gewichte an dünne Drähte hängen: – und bis auf den heutigen Tag (den 10. August 1761) zahle ich einen Teil an dem Ruf dieses Mannes. – O es könnte einen Stein erbarmen, wenn man sieht, wie die Dinge auf dieser Welt gemacht werden! – Das Zimmermädchen hatte keine ††† unter das Bett gestellt. – Wie, Kleiner, sagte Susanna, indem sie mit der einen Hand das Fallfenster in die Höhe zog und mit der andern mir auf den Fenstersims verhalf, – kannst du es für dies eine Mal nicht so besorgen, dass du ††††††?
Ich war fünf Jahre alt. – Susanna bedachte nicht, dass in unserer Familie nichts recht in Ordnung war: – so fuhr denn das Fallfenster wie der Blitz auf uns herab. – O, schrie Susanna, da bleibt mir nichts übrig – als davon zu laufen.
Das Haus meines Onkels Toby war ein weit freundlicheres Asyl, und so floh Susanna dorthin.
136. Kapitel
Als Susanna dem Korporal das Missgeschick mit dem Fallfenster erzählte, nebst allen Nebenumständen, die mit meiner Ermordung (wie sie es nannte) zusammenhingen, – wurde er todesbleich: denn da alle Mitschuldigen an einem Morde als Haupttäter betrachtet werden – so sagte Trim sein Gewissen, dass ihn ebensoviel Schuld treffe wie Susanna; – ja wenn der Satz richtig war, so hatte selbst mein Onkel Toby gerade so viel von dem Blutvergießen vor Gott zu verantworten, wie jene beiden; – so dass in der Tat weder Klugheit noch Instinkt, einzelne oder miteinander, Susanna's Schritte nach einem passenderen Zufluchtsort hätten führen können. – Die Erklärung dieser Sache kann ich nicht der Einbildungskraft des Lesers überlassen; – denn um sich irgend eine Hypothese zu bilden, welche diese Sätze annehmbar erscheinen ließ, musste er sich das Gehirn wund peitschen; und wenn er dies nicht wollte – ein Gehirn haben, wie niemals ein Leser noch hatte. – Warum sollte ich ihn also auf eine solche Folter spannen? – Es ist ja meine Angelegenheit, und so will ich sie auch selbst erklären.
137. Kapitel
Es ist Schade, Trim, sagte mein Onkel Toby und legte dem Korporal die Hand auf die Schulter, als sie beide in ihrer Schanze standen und ihre Werke betrachteten, – es ist Schade, dass wir nicht ein Paar Feldgeschütze haben, um sie in der Kehle der neuen Redoute aufstellen zu können; – sie würden die Linien der ganzen Länge nach bestreichen und die Verteidigung auf dieser Seite vervollständigen. – Lass mir doch ein Paar gießen, Trim.
Euer Gnaden sollen sie noch vor Morgen früh haben, erwiderte Trim.
Das war eine Herzensfreude für Trim; auch fehlte es seinem fruchtbaren Kopf nie an Auskunftsmitteln, um meinen Onkel Toby bei seinen Feldzügen mit Allem auszurüsten, auf was dessen Phantasie verfiel; und wenn es seine letzte Krone gegolten hätte, so hätte er sich hingesetzt und sie in einen Mörser umgehämmert, nur um einem Wunsch seines Herrn nachzukommen. – Der Korporal hatte auch bereits – dadurch, dass er die Schnauzen der Dachrinnen bei meinem Onkel Toby abschnitt, – dann die Seiten der bleiernen Dachrinnen abhackte, – das zinnerne Rasierbecken einschmolz – und endlich wie Ludwig XIV. auf den Kirchturm stieg, um überschüssige Bleistücke u. s. w. zu holen – in dieser Campagne nicht weniger als acht neue Breschegeschütze und drei Halbschlangen ins Feld gestellt. Meines Onkels Toby Forderung von zwei neuen Geschützen für die Redoute hatte den
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