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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Korporal entworfen hatte.
    Sie müssen sofort in mein Hans übersiedeln, Le Fever, sagte mein Onkel Toby, – wir schicken dann nach einem Arzt, damit der untersucht was zu tun ist; – wir holen auch einen Apotheker – und der Korporal wird Sie verpflegen, – und ich werde Sie bedienen, Le Fever.
    In meinem Onkel Toby lag eine gewisse Offenheit und Freimütigkeit, die nicht die Wirkung einer vertrauten Bekanntschaft war, aber eine solche sofort herbeiführte; – indem sie Einen mit einem Sprung in seine Seele einführte und Einem die Gutherzigkeit seiner Natur zeigte. Hierzu kam ein gewisses Etwas in seinen Blicken, seiner Stimme, seiner ganzen Art, was den Unglücklichen unbedingt einlud zu ihm zu kommen und sich unter seinen Schutz zu begeben, so dass ehe mein Onkel Toby die freundlichen Anerbietungen, die er dem Vater machte, zur Hälfte beendigt hatte, der Sohn sich bereits unwillkürlich an seine Knie presste, das Bruchstück seines Rockes ergriff und gegen sich zog. Das Blut und die Lebensgeister Le Fevers, die schon kalt und matt in ihm geworden waren und sich nach ihrer letzten Zitadelle, dem Herzen, zurückgezogen hatten, – kehrten noch einmal zurück, – das Fell auf dem Auge hob sich für einen Moment, – er sah meinem Onkel Toby sehnsuchtsvoll in das Gesicht, warf dann einen Blick auf seinen Knaben, und dieses Bindemittel so zart es war, – wurde niemals zerrissen.
    Gleich darauf ebbte die Natur wieder in ihm; – das Fell fiel wieder herab, – der Puls flatterte, – hielt an, – ging weiter, – schlug heftig, – stockte wieder, – ging – stockte nochmals. – Soll ich weiter machen? – Nein.
     
    172. Kapitel
    Es treibt mich so sehr, zu meiner eigenen Geschichte zurückzukehren, dass das, was noch von der des jungen Le Fever erübrigt, nämlich von jener Wendung seines Schicksals bis zu der Zeit, da ihn mein Onkel Toby als meinen Hofmeister empfahl, mit einigen wenigen Worten im nächsten Kapitel gesagt werden soll. – Alles, was obigem Kapitel noch beigefügt werden muss, besteht in Folgendem:
    Dass mein Onkel Toby mit dem jungen Le Fever an der Hand den armen Lieutenant als Hauptleidtragende zu Grabe geleiteten. –
    Dass der Gouverneur von Dendermonde dem Leichenbegängnis alle militärischen Ehren erwies; – und dass Yorick, um nicht zurückzubleiben. – ihm alle kirchlichen erwies, – denn er beerdigte ihn unter seinem Altar. – Auch hielt er ihm nachweislich eine Leichenrede – ich sage »nachweislich« – denn Yorick hatte die Gewohnheit (die wie ich glaube in seinem Beruf sehr verbreitet ist), auf dem ersten Blatt jeder von ihm verfassten Rede, Zeit, Ort und Gelegenheit ihrer Abhaltung zu bemerken, außerdem pflegte er eine kurze Erläuterung oder Bemerkung über die Rede selbst beizufügen, – die übrigens selten zu deren Lob lautete. – So zum Beispiel: »Dies ist die Rede über die mosaische Verteilung der Gewässer, – sie gefällt mir durchaus nicht, – es liegt allerdings eine ganze Welt voll Wasser- und Landes-Wissen darin; – aber sie ist viel zu hausbacken und auch höchst hausbacken zusammengestellt. – Ein geistloses Machwerk. Was hatte ich nur im Kopf, als ich sie verfasste!«
    – »NB. Die Trefflichkeit dieses Textes besteht darin, dass er zu jeder Rede passt; – und die Trefflichkeit dieser Rede, – dass sie zu jedem Texte passt.«
    – »Für diese Rede verdiene ich gehenkt zu werden, – denn ich habe den grössten Teil derselben gestohlen. Dr. Paidagune hat es entdeckt. * * * Ein Dieb fängt den anderen.«
    Auf dem Rücken von einem halben Dutzend Reden finde ich geschrieben: So so! – weiter nichts; – auf ein Paar anderen Moderato, woraus man nach Altieris' italienischem Wörterbuch, – noch mehr aber nach einem Stückchen grüner Schnur, offenbar einer Ausfaserung von Yorick's Peitschenschlinge, womit er die zwei mit Moderato bezeichneten Reden und die sechs mit So so! in ein Bündel zusammengebunden hatte – ziemlich sicher schließen darf, dass er von beiden ungefähr dasselbe sagen wollte.
    Diese Vermutung bietet nur eine einzige Schwierigkeit, nämlich die, dass die Moderatos fünf Mal besser sind als die So so's; – zehn Mal mehr Kenntnis des menschlichen Herzens zeigen; – siebzig Mal mehr Witz und Geist besitzen; – (und um mich passend zu steigern) tausend Mal mehr Genie verraten, – und um der Sache die Krone aufzusetzen, unendlich unterhaltender sind als die mit ihnen zusammengebundenen. Wenn daher einmal Yoricks

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